Von Fonds- bis Genossenschaftsanteilen wird alles handelbar gemacht
Von Fonds- bis Genossenschaftsanteilen wird alles handelbar gemacht
IM GESPRÄCH: MORITZ STUMPF
Alles wird tokenisiert und damit handelbar gemacht
Der Tokenforge-CEO gibt Einblick, an welchen Stellen in der Wertpapierindustrie Blockchain-Infrastruktur nach vorne drängt - Auch Private Credit klopft an
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Banken, Assetmanager und Kapitalmärkte bewegen sich beschleunigt in Richtung tokenisierter Wertpapiere nebst DLT-Infrastruktur. Mittendrin, und das nicht erst seit gestern, befindet sich das in Hamburg und Berlin ansässige Startup Tokenforge. Das betreibt mit der TokenSuite eine White-Label-Plattform, über die Kunden eine technische und regulatorische Infrastruktur bereitgestellt kriegen, mit der sie als Emittent eigene digitale Investmentlösungen aufsetzen können. „Wir selbst halten dabei keine Lizenzen, sondern nehmen die Tokenisierung von Anteilsscheinen vor und integrieren dann einfach alles über Partner, was für den jeweiligen Ansatz benötigt wird,“ so Moritz Stumpf als CEO und Mitgründer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Die Schleusen sind geöffnet für einen breite Tokenisierung von Wertpapieren
Dabei kann Tokenforge eine grundsätzlich steigende Nachfrage registrieren. Seitdem Donald Trump in den USA den Weg für Blockchain-Gesetze geebnet habe und von Nasdaq bis Deutsche Börse alle relevanten Marktteilnehmer DLT-Infrastruktur integrieren, hätten sich die Schleusen geöffnet, so Stumpf. Dabei hat Tokenforge zwar schon so einiges an Projekten realisiert, aber das ganz große Ding sind alle Arten von Finanzinstrumenten, die sich im regulatorischen Kanon von Mifid2, eWpG und Micar befinden. „Tokenforge baut dann zum Beispiel für die Assetmanager die Brücke, um Fondsanteile handelbar im Sekundärmarkt zu machen. Und je mehr Banken und Assetmanager sich für tokenisierte Assets von der Anleihe bis zur Aktie interessieren, desto mehr Volumen entsteht, was wir über unsere Plattform ermöglichen.“

TF
Pre-IPO-Beteiligungen zugänglich machen
Zwei Marktlösungen aus dem Hause Tokenforge sehen derzeit besonders spannend aus: Das ist zum einen die Tokenisierung von Pre-IPO-Beteiligungen, wo man grad in Zusammenarbeit mit der Münchener Cometum tokenisierte Anteile zum Beispiel von OpenAI zugänglich macht. Solche Investments sind beliebt - und seitdem Robinhood da einen Testballon fliegen ließ, steigt die Lust bei Anlegern, solche vorbörslichen Gelegenheiten wahrzunehmen. Cometum ist eine digitale Investment-Boutique, die einen Zugang legt zu solchen Private-Market Assets. Das läuft in der Regel so, dass Anleger eine börsengehandelte Anleihe erwerben, mit deren Vermögen Cometum als Co-Investor bei einer Zweckgesellschaft dabei ist, die Aktien auf dem Sekundärmarkt erwirbt und den Bestand in dieser Zweckgesellschaft hält. So war das mit vorbörslichen Anteilen von Klarna geschehen.
Zugang über proprietären Dealflow
Die technische Umsetzung erfolgt auf der Stellar-Blockchain. Die Stellar Foundation unterstützt das Projekt, da das Netzwerk ein strategisches Interesse daran hat, neue Anlageklassen auf seiner Technologie abzubilden. Cometum verantwortet beim aktuellen Projekt der Pre-IPO-Beteiligungen sowohl die Produktstrukturierung als auch das laufende Asset Management. Der Zugang zu den begehrten Allokationen erfolgt über einen proprietären Dealflow sowie Netzwerke zu renommierten Family Offices und Venture-Capital-Fonds. Das Modell hat sich Cometum zufolge bereits in Transaktionen mit Unternehmen wie Klarna und SpaceX bewährt.
Zu den Dingen, die wir ziemlich gut können, gehört es, den Settlement-Prozess zu automatisieren.
Zum anderen klopft Private Credit bei Tokenforge an. „Zu den Dingen, die wir ziemlich gut können, gehört es, den Settlement-Prozess zu automatisieren. An solchen Verbesserungen sind Private-Credit-Fonds sehr interessiert, dauert es in der alten Welt des Austauschs von Dokumenten doch 30 bis 60 Tage, um eine Transaktion rechtssicher inklusive der Übertragung von Geldern abzuschließen. In einer tokenisierten Umgebung geht das als T+1-Settlement - und selbst T+0, also die sofortige Abwicklung, ist keine Utopie.“
Tokenisierung von Genossenschaftsanteilen illustriert die Blockchain-Vorteile
Für die Assetmananager sind das greifbare Vorteile. Geld, das schneller in alle Richtungen fließen kann, reduziert Risiken und sorgt für bessere Investment-Prozesse. Die Königsdisziplin dafür wären voll tokenisierte Aktien, was aber nur der Fall ist, wenn diese Anteile direkt auf der Blockchain als Primärmarktinfrastruktur begeben werden.
Als Blaupause dafür könnte ein aktuelles Projekt von Tokenforge dienen: „Wir nehmen grad die Tokenisierung von Genossenschaftsanteilen vor. Und dabei werden neben den Mitgliedschaften natürlich auch die Anteilsbesitze digital verbrieft, womit sie sich als Kapitalflüsse auf der Blockchain bewegen lassen. Auch Abstimmungen lassen sich dann über die Plattform komplett digital vornehmen. Und spiegelbildlich sind all diese Prozesse auch für tokenisierte Aktien-Anteilsscheine möglich.“
Von Neobroker bis Deutsche Börse: Alle wollen tokenisierte Aktien integrieren
In der Finanzbranche stoßen diese Optionen auf offene Ohren. Mit Blackrock ist der weltweit größte Assetmanager schon dabei zu eruieren, wie sich ETF-Anteile tokenisieren und in ein DLT-Register überführen lassen, damit Anleger selbst auf Hauptversammlungen abstimmen können. Und Neobroker wie Robinhood sowie Krypto-Plattformen wie Kraken scharren schon mit den Hufen, um tokenisierte Aktien auszubauen. Dass die Deutsche Börse eine Partnerschaft mit Kraken eingegangen ist und dabei deren xStocks (Handel von tokenisierten Aktien) auf ihrer Digital-Trading-Plattform 360X integrieren will, zeigt in welche Richtung es geht.

TF
Vom digitalen Fonds- über Genossenschaftsanteile bis hin zu Pre-IPO-Beteiligungen: Der Wertpapiermarkt erlebt eine Welle an Digitalisierung über DLT-Infrastruktur - und Tokenforge ist mit ihrer Plattform mittendrin. CEO und Mitgründer Moritz Stumpf berichtet im Gespräch mit der Börsen-Zeitung, was geht.
