Bundesgerichtshof

Warburg hofft auf Karlsruhe

Gut ein Jahr nach dem ersten Cum-ex-Strafprozess am Landgericht Bonn hat sich am Dienstag der Bundesgerichtshof in Karlsruhe mit der Revision beschäftigt. Auf die mündliche Verhandlung soll in wenigen Wochen ein Urteil folgen.

Warburg hofft auf Karlsruhe

Von Anna Sleegers, zzt. Karlsruhe

Am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am Dienstag die Hauptverhandlung in der Revision des ersten Cum-ex-Urteils des Landgerichts Bonns aus dem vergangenen Jahr begonnen. Nachdem die Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung ihre Anträge auf Rechtsmittel gestellt und begründet hatten, kündigte der Vorsitzende Richter Rolf Raum die Urteilsverkündung für den 28. Juli an (Az.: 1 StR 519/20).

In dem aufsehenerregenden erstinstanzlichen Prozess waren zwei frühere Wertpapierhändler zu Bewährungsstrafen verurteilt worden (Az.: 62 KLs – 213 Js 41/19 – 1/19). Außerdem hatte das Landgericht angeordnet, bei einem der Verurteilten Taterträge in Höhe von 14 Mill. Euro und bei der Hamburger Privatbank M.M. Warburg 176 Mill. Euro an Taterträgen einzuziehen. Alle Verfahrensbeteiligten einschließlich der Staatsanwaltschaft hatten Rechtsmittel eingelegt.

Gegen die Verurteilung insgesamt war jedoch nur der lediglich wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilte D. in Revision gegangen. Der wegen Steuerhinterziehung angeklagte S., auf dessen umfassenden Aussagen die Ermittlungen der Staatsanwälte wesentlich basierten, erkennt die zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von einem Jahr an, versucht jedoch die vom Landgericht angeordnete Einziehung der Taterträge abzuwenden.

Einziehung ist keine Strafe

Wie seine Verteidiger ausführten, lagen diese höher als die tatsächlich erzielte Gewinne, wodurch die Einziehung einen unzulässigen Strafcharakter erhalte. Zweck dieses Rechtsinstruments sei es lediglich, die Vermögensverteilung vor der Straftat wiederherzustellen.

Auch die Warburg-Gruppe beantragte beim BGH, die erstinstanzlich angeordnete Einziehung der Taterträge zurückzunehmen. Ihr Verteidiger Bernd Schünemann begründete dies vor allem damit, dass es nicht die Hamburger Privatbank gewesen sei, die die Ertragsteuern aus den Leergeschäften rund um den Dividendenstichtag abführen musste. Seit Neuregelung im Jahressteuergesetz von 2007, die ziemlich erfolglos darauf abzielte, die bei Cum-ex-Geschäften genutzte Gesetzeslücke zu schließen, seien vielmehr die depotführenden Banken bei Leerverkäufen verpflichtet gewesen, die Steuern einzubehalten, sofern es sich um inländische Institute handelte.

In den am Landgericht Bonn verhandelten Fällen hätte daher aus Sicht der Verteidigung die Deutsche Bank die Ertragsteuern von dem als Gegenpartei fungierenden Broker Icap einbehalten müssen. Selbst aktiv werden hätte Warburg nur, wenn sie erfahren hätte, dass die Deutsche Bank dieser Pflicht nicht nachkam. „Doch das war nicht der Fall, und davon steht in dem Urteil nichts“, ergänzte Schünemann, ein emeritierter Strafrechtsprofessor der LMU München.

„Zentrale Wegweisungen“

Die Bundesanwaltschaft erhofft sich nach Worten von Oberstaatsanwalt Thomas Heise von dem BGH-Urteil „zentrale Wegweisungen“ für die strafrechtliche Aufarbeitung des Cum-ex-Komplexes. Er beantragte, an der Einziehung der Taterträge bei M.M. Warburg festzuhalten ebenso wie bei dem Angeklagten S., wenn auch in modifizierter Form. Eingezogen werden sollten hier nur die Erträge aus vier statt aus allen fünf vom Landgericht Bonn als Straftat eingestuften Cum-ex-Geschäften. Die Begründung hierfür führte Heise nicht mündlich aus. Auch die Verurteilung des zweiten Angeklagten soll laut seinem Antrag abgeändert werden auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung in lediglich vier statt fünf Fällen.