Warum die große Einkaufstour an den Immobilienmärkten noch auf sich warten lässt
„Es muss noch sehr viel Bereinigung stattfinden“
Ken Zipse, Head of Real Estate der Privatbank Berenberg, spricht über Immobilienmärkte, die Stimmung unter Investoren und geplatzte Deals
knd Frankfurt
Zu Beginn des Jahres hatte noch die Hoffnung an den Immobilienmärkten überwogen, im zweiten Quartal kam allerdings die Ernüchterung. Das, was viele in der Branche gehofft hatten, bliebt aus: die große Einkaufstour. Auch Ken Zipse, Head of Real Estate bei der Privatbank Berenberg, war im ersten Jahresviertel noch zuversichtlich, jetzt sagt er im Private-Markets-Podcast „Beyond Billions“: Es sei wohl eher so, dass der „ernste Teil dieser Marktphase noch vor uns steht und noch sehr viel Bereinigung stattfinden muss“. Zipse betreut sowohl institutionelle Investoren und Family Offices als auch vermögende Privatkunden.
Es gebe noch sehr wenige Transaktionen, beschreibt Zipse den momentanen Zustand. Und es gebe einige Assets, die noch in der Warteschleife stehen und irgendwann verkauft werden müssten. „Das sind einerseits Projektentwickler, die gute Objekte fertiggestellt haben, die aber vielleicht nicht mehr für die Herstellungskosten verkauft werden können, die hoffen, dass die Preise wieder anziehen.“ Und dann wären da noch Fonds, die auch irgendwann den Exit antreten müssten. Allerdings fehle es noch an Käufern, dazu habe die Preisfindung noch nicht stattgefunden.
Zinsen weiter zu hoch
Wenig positiv wirkten sich die Themen Finanzierung und Zinsen aktuell aus. Von den Banken komme teilweise Druck: Wenn die Verträge auslaufen, müsse entweder Eigenkapital nachgeschossen werden oder vielleicht die Finanzierung zurückgeführt werden, „weil die Bank auch regulatorisch beispielsweise ihre Immobilienquote ein Stück nach unten fahren möchte“. Dazu seien die Zinsen gestiegen: „Das heißt, die Anschlussfinanzierung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit teurer werden für den Darlehensnehmer, als es vorher der Fall war“, sagt Zipse. Bei den für die Immobilienmärkte relevanten Zinsen, den zehnjährigen Bauzinsen, habe sich nämlich nicht viel getan bisher. „Die sind seit dem Zinsanstieg vor zweieinhalb Jahren eigentlich gleich. Das heißt, an der Front ist nichts passiert.“
Alle in seiner Branche hätten gehofft, dass die Zinsen runtergingen, so Zipse. Allerdings sei das nicht passiert, und damit könne auch der Immobilienpreis erst mal nicht wieder dramatisch anziehen. Zipse sieht auch keine Gründe, warum sich an den Zinsen etwas ändern sollte. Er geht eher davon aus, dass die Preise zum Teil nach unten gehen müssen.
Die aktivsten Käufer seien derzeit die großen privaten Investoren und Family Offices, beschreibt Zipse die Situation. Der Wettbewerb um gute Objekte sei aktuell geringer: Extreme Schnäppchen gebe es zwar nicht, aber „man kann wieder gute Häuser in einem normalen Wettbewerbsumfeld erwerben“. Positiv sieht Zipse, dass Käufer bei den Vertragsverhandlungen wieder bessere Karten hätten. Früher habe der Verkäufer im Wesentlichen gesagt, wie der Vertrag aussieht, da habe es oft geheißen „Take it or leave it“ sowie „Und wenn du jetzt nicht springst, dann macht es halt ein anderer. Und das empfand ich nicht als fair.“ Das habe sich jetzt wieder ein wenig geändert.
Dafür herrsche am Markt auch wegen des Handelskonflikts Unsicherheit. „Uns ist selbst ein Mietvertrag geplatzt“, erzählt Zipse, weil ein potenzieller Mieter aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten einen Rückzieher gemacht habe. Aber ähnliche Geschichten höre er auch von woanders. Investoren fühlten sich in diesem Umfeld nicht besonders wohl.
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