Mit neuer App freie Flächen sinnvoller nutzen
Vom Vermieter zum Plattformanbieter
Was sich der Immobilienkonzern Aroundtown von seiner neuen App erhofft und was das mit dem Thema Leerstand zu tun hat
Von Nadine Klees, Frankfurt
knd Frankfurt
Es ist nicht überraschend, dass die Idee einer App zur besseren Nutzung von Flächen ausgerechnet von Aroundtown kommt. Der Immobilienkonzern kennt das Problem Leerstand vielleicht besser als andere in der Branche. Das Portfolio des Konzerns besteht zum großen Teil aus Büroimmobilien, ausgerechnet der Assetklasse, die seit Jahren deutlich schlechter läuft als andere. Ein Grund in Zukunft umzudenken und „Mietern mehr zu bieten als die einfachen Flächen“, wie Timothy Wright, Chief Capital Markets Officer, “, wie Timothy Wright, Chief Capital Markets Officer, Vorstandsmitglied von Aroundtown und Projektleiter von ATworld, den Ansatz der neuen App ATworld im Gespräch mit der Börsen-Zeitung beschreibt.
Nur Vermittler, nicht Vermieter
Die App soll Flächen und Menschen zusammenbringen. Allerdings fungiert der Konzern hier nicht wie sonst als Vermieter, sondern nur als Vermittler: Diejenigen, die ein Plätzchen zum Arbeiten suchen, werden bei ATworld fündig. Denn hier können Hotels, Cafés, Coworking-Spaces oder andere Plätze anbieten und diese zeitweise vermieten. Es geht darum, vorhandene große Flächen effizienter zu nutzen. Zum Beispiel sei eine Hotellobby zu gewissen Zeiten ungenutzt, beschreibt Wright. Hier gehe es darum, mehr „Traffic“ zu generieren. „Das ist der ideale Ort zum Arbeiten oder für Meetings.“
Leerstand macht erfinderisch
Ob die App auch helfen soll, den eigenen Leerstand zu minimieren? Nötig wäre es schon: In der Assetklasse Büroimmobilien hatte Aroundtown zuletzt eine Leerstandsquote von 12,6%, deutlich mehr als in allen anderen Bereichen. Dazu machen Büroimmobilien 38% des Portfolios aus. Allerdings wirke die App nur am Rande dem eigenen Leerstand entgegen, beschreibt Wright. Der Fokus des Projekts sei ein anderer: „Wir wollen nicht unsere eigenen Mieter werden.“ Aber selektiv baut das Unternehmen mit Geschäftssitz in Luxemburg dann doch einige Flächen um, sodass sie auch ihren Weg in die App finden. „Leere Flächen müssen sowieso umgebaut werden. Und als Übergang können sie dann bei ‚AT World‘ angeboten werden“, so Wright. Langfristig sollten sie aber anderweitig vermietet werden.
Irgendwie hängen die App und der hohe Leerstand dann doch zusammen. Denn während es an anderer Stelle für Aroundtown schwieriger wird, könnten neue Geschäftsmodelle in Zukunft helfen. Aktuell sieht es nicht so aus, als würde der Leerstand auf absehbare Zeit kein Thema mehr sein. Statistiken zeigen zwar, dass der Anstieg des Leerstands an Tempo verliert, zurück geht er aber noch nicht. Dass weniger Büroflächen gebraucht werden, hängt unter anderem auch mit der mobilen Arbeit zusammen, die seit der Coronakrise um sich gegriffen hat und mittlerweile aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken ist.
Lage könnte besser werden
Dennoch glaubt Wright an eine Verbesserung bei der Flächennachfrage. „Aufgrund der wirtschaftlichen Lage können Unternehmen ihre Flächen gerade nicht vergrößern oder oder zögern bis sich die Wirtschaft wieder verbessert.“ Mit einer Verbesserung der Wirtschaftsleistung sei es aber auch wahrscheinlich, dass die Nachfrage in dieser Assetklasse wieder steigen könnte. Dazu sei der Markt „hart umkämpft“, so Wright. Da müsse man sich etwas einfallen lassen. „Wir wollen unseren Mietern mehr bieten als andere und dabei nicht mehr fixiert sein auf einen Standort.“ Außer den Flächen bekommen die Mieter bei Aroundtown jetzt auch eine Mitgliedschaft bei ATworld. „Wir wollen das altmodische Geschäftsmodell der Immobilienkonzerne mit dem innovativen verknüpfen, indem wir Lösungen für bestehende Probleme bieten.“
Die Situation Aroundtowns ist derzeit nicht leicht. Wie die anderen Immobilienkonzerne hat auch das auf Berlin fokussierte Unternehmen unter dem rapiden Zinsanstieg gelitten. Der Verschuldungsgrad ist immer noch hoch. Um die Bilanz zu stärken, verkauft Aroundtown weiter Immobilien. Aber auch das geht nicht so schnell wie erhofft.
Die App sucht noch nach Nutzern
Noch steht Aroundtown mit seiner App ganz am Anfang. Es ginge jetzt zunächst darum, Nutzer zu sammeln. Mit rund 130 verfügbaren Standorten war der Konzern Mitte März gestartet, Mitte Juli waren es rund 250. Die meisten Anbieter von Arbeitsplätzen sind zu gleichen Teilen Hotels (48%) und Coworking-Spaces (48%). Nur 4% der buchbaren Plätze in der App kommen von Cafés oder anderen Anbietern. „Der wirkliche Vorteil der Plattform ist, sie ist unendlich skalierbar. Coworking-Spaces müssen im Vergleich dazu für jeden neuen Standort einen neuen Vertrag abschließen", erklärt Wright. Und er betont auch, dass Aroundtown keine Konkurrenz für Coworking-Unternehmen sei – im Gegenteil, durch ATworld werden diese Flächen mehr Aufmerksamkeit bekommen und damit mehr Traffic.
Büroflächen umgestalten
Aber auch an anderer Stelle kämpft Aroundtown gegen den Leerstand. Ein Teil der ungenutzten Büroimmobilien wird umgebaut und künftig als Hotels oder möblierte Apartments angeboten. Das Serviced-Apartment-Konzept von Aroundtown richtet sich an Neuzugezogene oder für Menschen, die nur eine Zeit lang an einem Ort wie Berlin arbeiten. Konzepte gibt es laut Konzern zunächst für Berlin, Rotterdam und Düsseldorf. In Rotterdam sind sie sogar schon bezugsfertig. Darüber hinaus prüft der Konzern, inwiefern es möglich ist, Büroflächen auch in Rechenzentren umzuwandeln, da die Nachfrage in diesem Bereich in Europa steigt.
Die Bürokrise zwingt zum Umdenken: Aroundtown startet mit ATworld eine App, die leerstehende Flächen neu nutzbar macht. Statt klassisch zu vermieten, vermittelt der Immobilienkonzern Arbeitsplätze in Hotels, Cafés und Coworking-Spaces. So soll aus Leerstand wieder Leben werden – flexibel und skalierbar.