Fabian Mohr, Unitplus-Gründer

„Was wir anbieten, ist eine neue Form der Geldanlage“

Angesichts riesiger Summen, die unverzinst auf deutschen Konten vor sich hin schimmeln, kommt das vom Fintech Unitplus entwickelte Angebot einer direkt über das Konto gesteuerten ETF-Anlage genau richtig.

„Was wir anbieten, ist eine neue Form der Geldanlage“

Von Björn Godenrath, Frankfurt

Von der konkreten Idee bis zur Gründung war bei Unitplus nicht viel Zeit vergangen. Nachdem Fabian Mohr, Kerstin Schneider und Sebastien Segue sich im Frühjahr 2020 erstmals zur Gründung eines Fintechs, das Geldanlage und Payment über ein Konto verbindet, ausgetauscht hatten, kündigten die drei im darauf folgenden Herbst ihre Jobs und stellten das Pitch Deck zusammen, mit dem sie dann bei potenziellen Investoren und Partnerbanken vorstellig wurden. Anfang 2021 wurde das Start-up als GmbH ins Handelsregister eingetragen, im Frühjahr wurde dann eine Pre-Seed-Finanzierung über knapp 1 Mill. Euro gemacht, zu der fünf Business Angels Mittel beisteuerten, die heute alle bei Unitplus im Advisory Board sind.

Was Unitplus auf die Beine gestellt hat, gehört in die Fintech-Kategorie Wealth Tech, denn es handelt sich um eine Depot-App, die automatisiert Guthaben in ETF-Portfolios investiert, über eine Mastercard-Debitkarte aber jederzeit für das digitale Bezahlen eingesetzt werden kann. Es ist diese integrierte Verbindung von Depot- und Kontofunktion, die Unitplus einzigartig macht. Wobei CEO Fabian Mohr das Geschäftsmodell im Gespräch mit der Börsen-Zeitung auch als „Neo Asset Management“ bezeichnet: Das sei das, was jetzt entstehe nach den ersten Anfängen der digitalen Geldanlage mit Robo Advisory. „Wir wollen die Menschen dort abholen, wo sie individuell in ihrem Leben stehen. Häufig ist da noch wenig Kapitalmarkterfahrung vorhanden. Was wir anbieten, ist eine neue Form der Geldanlage, die ausschließlich das ETF-Investment incentiviert und sich über die Jahre mit dem Anleger entwickeln kann.“

Sein Credo: „Die Verknüpfung von Konto und Depot ist eine bequeme Form der Geldanlage. Vom Referenzkonto aus wird in eine nachhaltige ETF-Anlage investiert, mit dem Portfolio als Guthaben kann dann bezahlt werden, wenn die Kontoinhaberin voll investiert ist.“ Dabei wolle Unitplus aber nicht auf die klassischen, kleinteiligen Konsumausgaben ge­hen, sondern vor allem die Gelder für das ETF-Investment aktivieren, die sonst zinslos gespart werden. „Über Open-Banking-APIs können unsere Algorithmen das Konto analysieren und einen Sparplan vorschlagen, der personalisiert mit Entwicklung des verfügbaren Einkommens angepasst werden kann.“ Da der Settlement-Zyklus von ETF-Transaktionen ein bis zwei Tage in Anspruch nimmt, werden die Konten dann von Unitplus gegebenenfalls mit Liquidität für Zahlungsvorgänge über die Mastercard befüllt. Das bedeutet aber auch, dass das Start-up einen gewissen Working-Capital-Bedarf hat. Mit dem in Kürze geplanten Go Live solle eine Folgefinanzierung abgeschlossen werden, sagt Mohr.

Über die im Backend für Unitplus tätigen Partner will Mohr derzeit noch nicht so viel erzählen, was sich mit Abschluss der Finanzierungsrunde ändern könnte. Nur so viel verrät er: Open-Banking-Partner ist Fino, womit die Grundlage gelegt werde für die speziellen Wealth-Tech-Funktionalitäten von Unitplus im Front­end. Mohr zufolge sind die meisten Core-Banking-Systeme der klassischen Institute (noch) nicht in der Lage, die erforderlichen Funktionalitäten über APIS abzubilden, wie sie für die Verbindung von ETF-Investment und Payment notwendig seien.

Für den deutschen Sparer kommt die Depot-App wie gerufen, denn am Niedrigzinsumfeld dürfte sich in den kommenden Jahren wenig ändern. „Dieses unverzinst auf den Konten rumliegende Geld will angelegt werden. Der traurige Stand der Dinge ist, dass sich fast 3 Bill. Euro an Spargeldern der Deutschen un- oder negativ bezinst auf Konten und in Sichteinlagen befinden und sich bei gegenwärtigen Inflationsraten ein gigantischer negativer Realzins ergibt.“ Und Unitplus hat die Medizin, um den Negativzinsschmerz zu lindern, weil dieses Fintech die Geldanlage friktionsfrei über das Konto ermöglicht, – und im Gegensatz zu Fintechs wie Nuri (ehemals als Bitwala mit dem Kauf von Kryptowährungen über das Konto gestartet) voll auf das ETF-Investment fokussiert und damit für Einsteiger verständlich und per App eben auch leicht zugänglich ist.

Das Konto soll dann 2 Euro pro Monat kosten, außerdem will Unitplus 0,7% des verwalteten Geldes pro Jahr für sich vereinnahmen; Transaktionsgebühren für An- und Verkauf von ETF-Anteilen sollen dem Kunden nicht extra in Rechnung gestellt werden, auch der Zahlungsverkehr ist nicht mit zusätzlichen Kosten für den Kunden verbunden. Wo Unitplus dann an ihre Schmerzpunkte kommen könnte, ist in der Aussteuerung von Payment-Vorgängen und ETF-Umschichtungen, ist jede Transaktion doch mit einem Kostenaufwand verbunden: Man kann kein Interesse haben, dass das Kontoguthaben für Mikrotransaktionen in Fülle eingesetzt wird. Mohr sagt, durch Fractional Shares der ETF-Portfolios könne die Angleichung von Zahlungen mit Portfolioanteilen gut gemanagt werden.

Im Vertrieb hat man die Zielgruppen genau im Visier: „Im Marketing können wir als Retail-Fintech mit zwei Stories spielen: Zum einen bedienen wir ein junges Publikum mit der Option, Anschaffungen über ETFs zu bezahlen. Das ältere Publikum sprechen wir primär über den Investmentansatz an, da geht es weniger um die Payment-Funktionalität. Unser Marketing läuft allgemein stark über Social-Media-Kanäle, wo Unitplus auch über Influencer geht. Einer dieser Influencer ist Dividende, der neulich von seiner Community gefragt wurde, ob er unser Produkt empfehlen kann, und so kamen wir in den Dialog – wenn die Privatanleger selbst die Initiative zur Finanzbildung ergreifen, ist es natürlich genau das, was wir wollen.“ Von den in die Geldanlage strebenden Neobrokern will sich Unitplus abgrenzen, da diese doch mehr im kurzfristigen Trading verankert seien als in der klassischen Geldanlage.

Alles rund um Blockchain und DeFi hat Mohr ebenfalls im Blick, wird auf dieser technologischen Ebene des Kapitalmarkt-Backend doch die Verbindung von Konto und Depot geschaffen. Bitcoin-Zahlungen in der Konto-App zu integrieren, davon hält Mohr derzeit noch wenig bis gar nichts. ETFs seien Kryptowährungen deutlich überlegen, denn neben deutlich geringeren Spreads und hoher Liquidität können diese auch mit nachhaltigen Kriterien gemanagt werden und stellten ein bewährtes Instrument der Geldanlage dar. Bitcoin sei vor allem von Spekulation getrieben und im Mining noch nicht nachhaltig genug.

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