Wells Fargo stößt auf Widerspruch
sp New York – Die US-Retailbank Wells Fargo muss bei der Aufarbeitung des im Herbst vergangenen Jahres öffentlich bekannt gewordenen Vertriebsskandals um mehr als 2 Millionen Phantomkonten mit dem Widerstand von Carrie Tolstedt rechnen. In einem am Montag veröffentlichten Bericht zu einer internen Untersuchung, die Wells Fargo im Herbst beauftragt hatte, wird der langjährigen Leiterin des Kerngeschäfts in der Sparte Community Banking ein Großteil der Verantwortung für die dubiosen Vertriebspraktiken zugewiesen, die sich in den vergangenen Jahren bei Wells Fargo ausgebreitet hatten. Ebenfalls am Montag gab Wells Fargo bekannt, Tolstedt Aktienoptionen mit einem Wert von 47 Mill. Dollar gestrichen zu haben, nachdem die Managerin zuvor bereits zum Verzicht auf Optionen im Wert von 19 Mill. Dollar gedrängt worden war (vgl. BZ vom 11. April).”Wir sind entschieden anderer Meinung und weisen den Versuch zurück, Frau Tolstedt die Schuld zu geben”, erklärte Enu Mainigi von der Kanzlei Williams & Connolly, die Tolstedt vertritt. “Eine vollständige und faire Aufarbeitung der Fakten wird zu anderen Schlüssen führen”, sagte die Anwältin außerdem.Tolstedt war im Juli des vergangenen Jahres und damit zwei Monate vor Bekanntwerden des Vertriebsskandals nach 27 Jahren bei Wells Fargo in den Ruhestand gewechselt und wurde vom mittlerweile ebenfalls zurückgetretenen CEO John Stumpf damals in den höchsten Tönen gelobt. Tolstedt sei eine der wichtigsten Führungspersönlichkeiten in der Bank gewesen, “ein Standard für unsere Kultur” und “ein Champion für unsere Kunden”, ließ sich Stumpf damals zitieren.Neben einem Fixgehalt von 1,7 Mill. Dollar hat Tolstedt über die Jahre Aktienoptionen im Wert von knapp 125 Mill. Dollar verdient, was in den Vergütungsberichten unter anderem mit dem außerordentlichen Erfolg im Cross Selling begründet wurde. Dass dieser Erfolg mit unlauteren Vertriebspraktiken erkauft war, hätten Tolstedt und Stumpf erkennen müssen, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Bericht.