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Weltmarktführer Mittelstand

Eigentümergeführte Firmen wachsen überdurchschnittlich. Fonds überzeugen.

Weltmarktführer Mittelstand

Von Armin SchmitzUnternehmen wie Boehringer, Claas oder Vorwerk gelten als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Drei Beispiele für gut geführte Familienunternehmen, die seit Generationen im Besitz der Gründer sind. Sie sind keine Minderheit in Deutschland. Im deutschen Leitindex Dax sind zwar nur drei Familienunternehmen vertreten. Das Marktbarometer verdeckt allerdings den Blick auf die tatsächliche Kultur in Deutschland. Rund 90 % aller deutschen Unternehmen sind nach einer Erhebung der Stiftung Familienunternehmen aus dem Jahr 2013 in der Hand ihrer Gründer oder ihrer Nachkommen. Über die Hälfte aller in der Privatwirtschaft beschäftigten Personen arbeitet in Familienunternehmen. 79 % der GmbHs und ca. 35 % der Aktiengesellschaften zählen in Deutschland zu den Familienunternehmen. Rund 45 % der im CDax gelisteten Unternehmen sind gründergeführt. Jede dritte Firma zählt zur Gruppe der Großunternehmen mit einem Umsatz von mehr als 50 Mill. Euro. Alle Familienunternehmen zusammen zahlten nach einer Untersuchung durch die Stiftung Familienunternehmen in den Jahren 2009 bis 2013 in Deutschland im Durchschnitt rund 46,8 Mrd. Euro an Ertragsteuern. Der Anteil von 41,7 % des gesamten Ertragsteueraufkommens verdeutlicht die Bedeutung hierzulande. Die Eigentümer bzw. die familiengeführten Firmen zeichnen sich nach Ansicht von Bellevue Asset Management (BAM) durch solide Bilanzen, eine hohe Innovationskraft, Konzentration auf das Kerngeschäft und eine an langfristigen, nachhaltigen Werten orientierte Unternehmenskultur aus. Positiv ist ebenfalls, dass diese Gesellschaften eine hohe ­Eigenkapitalausstattung von 36,5 % haben. Erfolgreiches EngagementDie nachhaltige Strategie der Familienunternehmen wirkt sich letztlich positiv auf die Entwicklung der Aktien aus. Das hat sich auch bei den Anlegern herumgesprochen. Daher war ein Engagement in Familienunternehmen für Anleger in den vergangenen Jahren recht erfolgreich. Das zeigt der Index Daxplus Family 30, der die 30 größten und liquidesten Familienunternehmen abbildet. Binnen dreier Jahre hat das Marktbarometer ein Plus von 84,4 % erzielt und sich damit um 46,1 Prozentpunkte besser entwickelt als der Dax 30. Auch die Volatilität lag um 2,3 Prozentpunkte niedriger als bei dem Leitindex. Auch andere Unternehmen aus dem deutschen Mittelstand konnten sich in den vergangenen Jahren deutlich besser entwickeln als die Blue Chips im Dax. Innerhalb von drei Jahren bis Ende April stieg der MDax um 58,7 %, der SDax, der Small-Cap-Unternehmen abbildet, verbesserte sich sogar um 56,9 %. Grund für die schlechtere Entwicklung besonders im ersten Quartal dieses Jahres waren die Ängste um China und die Weltwirtschaft. Nicht minder belastend wirkten auch der schwache Ölpreis und die fallenden Rohstoffpreise, die das Wachstum in den Förderländern schwächten. Die Wachstumsschwäche in China hat sich dann als weniger dramatisch herausgestellt. Die Rohstoffpreise haben auch erst einmal einen Boden gefunden. Dennoch bleibt das weltweite Wachstum anämisch. Zudem verhelfen die niedrigen Zinsen derzeit nicht zu kräftigeren Wachstumsimpulsen. Flexible ReaktionEs gibt einige Ursachen für die bessere Entwicklung der Familienunternehmen. Einerseits leiden die global tätigen Industrieunternehmen unter dem schwachen Wachstum der Weltwirtschaft. Kleinere Firmen mit einer guten Marktstellung in einer Industrienische haben dort Vorteile. Sie können flexibler reagieren, Probleme schneller und gezielter angehen. “Small & Mid Caps können sowohl auf konjunkturelle Schwankungen als auch auf Markttrends schneller reagieren. Im Vergleich zu den großen Standardwerten sind sie wie kleine Schnellboote unterwegs”, sagt Götz Albert, Leiter Portfolio Management Small & Mid Caps, Lupus Alpha. Ein Beispiel ist sicherlich Nemetschek, ein Anbieter von Software für Architekten, Ingenieure und die Bauindustrie. Da das Unternehmen Produkte für das Planen, Bauen und Nutzen von Bauwerken und Immobilien vertreibt, profitiert es derzeit von dem von den niedrigen Zinsen befeuerten Boom am Immobilienmarkt. Viele Familienunternehmen und andere Mittelständer sind näher an ihren Kunden und haben kürzere Entscheidungswege als ein international tätiger Großkonzern. Vermittlung von FachkräftenEin weiteres Beispiel ist die in London ansässige Hays, ein Personaldienstleister mit einem Fokus auf Deutschland, Österreich und der Schweiz. Kerngeschäft des Unternehmens ist die Vermittlung von hochqualifizierten Fachkräften in den Bereichen Informationstechnik (IT), Ingenieurwissenschaften (Engineering), Finanzwirtschaft (Finance), Biowissenschaften (Life Sciences) und Bau und Immobilien. “Eine Reihe deutscher mittelständischer und immer noch eigentümergeführter Unternehmen kommt aus dem Bereich Maschinenbau und entstand im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Nicht alle wurden dabei zu einer Siemens AG oder einem Robert-Bosch-Konzern, sondern blieben deutlich unauffälliger, wenngleich nicht weniger erfolgreich, im Hintergrund. Als Beispiel sei der Fräsmaschinen-Spezialist Berthold Hermle AG oder die Schuler AG genannt. Letztere ist aktuell in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt, da sie die Prägemaschinen für die neue 5-Euro Münze herstellt”, erklärt Holger Stremme, Fondsmanager des LBBW Dividenden Strategie Small & MidCaps. Außerdem besitzen viele dieser mittelständischen Unternehmen eine langfristige strategische Ausrichtung, was sicherlich ein Grund für den Erfolg ist. Statt einer kurzfristigen Orientierung an den Quartalszahlen kann es sich ein starker Familienaktionär erlauben, ­strategische Entscheidungen langfristig zu verfolgen. “Eigentümerfamilien sind oftmals stabile Ankerinvestoren, die weniger das kurzfristige Renditeinteresse in den Vordergrund stellen, sondern das Unternehmen als Ganzes strategisch sehen und aktiv mitgestalten”, erklärt Stremme. Diese positive Entwicklung hinterließ ihre Spuren bei den Fonds, die in familiengeführte Unternehmen investieren, und den Nebenwerte-Produkten. Besonders erfolgreich war in den vergangenen Jahren der MainFirst Germany (LU0390221926), der schwerpunktmäßig in global agierende Mittelständler mit hoher Profitabilität investiert. Fondsmanager Olgerd Eichler (siehe Interview auf der folgenden Seite) bevorzugt Werte, bei denen der Vorstand signifikant am Unternehmen beteiligt ist oder es sogar selbst gegründet hat. Über zwölf Monate liegt der Fonds nicht zuletzt wegen der Turbulenzen an den Aktienmärkten zu Jahresbeginn mit nur 1,1 % im positiven Bereich. Über drei Jahre weist Eichler allerdings eine Rendite von 26,5 % jährlich aus. Damit konnte er seine Benchmark, den FSE HDax TR Euro, um 12,8 Prozentpunkte schlagen. Die Volatilität des Fonds lag nur bei 16 % und einer Sharpe Ratio von 1,4. Auch über die Fünfjahresperiode erreichte der Fonds einen überdurchschnittlichen Ertrag von 15,2 %, was um mehr als 8 Prozentpunkte besser war als der Referenzindex. Recht erfolgreich war auch der Lupus Alpha Smaller German Champions A (LU0129233093) in der Morningstar-Kategorie “Aktien Deutschland Nebenwerte”. Der Fonds erzielte im Zeitraum von drei Jahren eine Rendite von 21,1 % p.a. bei einer Volatilität von 13,3 %. Über fünf Jahre beträgt der jährliche Wertzuwachs 14,2 %. Mit einer Dreijahresrendite von 18 % hat sich auch der Smaller Euro Champions A Acc (LU0129232442) aus demselben Haus in der Morningstar-Kategorie “Aktien Euroland Nebenwerte” ganz vorn platzieren können. In diesem Zeitraum lag die Volatilität bei 15,1 %. Die Sharpe Ratio betrug 15,1 %. Über fünf Jahre sind die Erträge allerdings etwas niedriger. Annualisiert kommt der Fonds auf eine Rendite von 6,7 %. Die Fondsmanager Marcus Ratz und Franz Führer investieren in die aussichtsreichsten Small & Mid Caps der Eurozone. Versorger meidenLupus Alpha sieht sich trotz des unsicheren Marktumfelds und nachlassender Wachstumsraten gut positioniert: “In unseren pan­europäischen Portfolios favorisieren wir aktuell konsumor­ientierte Sektoren und meiden Versorger, Banken und Telekommunikationsunternehmen. In diesen Segmenten vermissen wir strukturelle Wachstumsstories. Bei den Banken gibt es nur vereinzelt große Player, und die kleineren Institute finden kaum Nischen, um sich von ihren Wettbewerbern strategisch abzuheben. Die relative Attraktivität von Konsumtiteln wird derzeit unter anderem davon getrieben, dass der Investitionsboom in den Schwellenländern abgenommen hat sowie die Rohstoffpreise stark gesunken sind”, beschreibt Götz Albert, Leiter Portfolio Management Small & Mid Caps, die aktuelle Strategie.Zu den besten Fonds in der Kategorie der Entrepreneur-Fonds gehört der FT Bellevue Funds (Lux) BB Entrepreneur Europe Small B (LU0810317205). Der Fonds wird von Brigitte Olsen betreut. Sie investiert in eigentümergeführte Unternehmen in Europa, die von einem Unternehmer oder einer Unternehmerfamilie mit mindestens 20 % der Stimmrechtsanteile maßgeblich beeinflusst werden. Die Unternehmen müssen ein fokussiertes Geschäftsmodell, kurze Entscheidungswege, nachhaltige Geschäftspolitik und eine starke Unternehmerkultur besitzen. Zu den Portfolioschwergewichten gehören Unternehmen wie die italienische Industria Macchine Automatiche, die finnische Uponor und die deutsche Isra Vision. Olsen konnte damit die Benchmark, den MSCI EU Small ex UK Industrie seit der Auflage im Juni 2011 kontinuierlich schlagen. Die Dreijahresrendite beträgt 21 % jährlich. Die Volatilität des Fonds lag bei 14,3 %, und die Sharpe Ratio beträgt 1,4. Seit dem Start vor fast fünf Jahren konnte Olsen den Wert des Portfolios um mehr als 80 % steigern. Die Beispielfonds zeigen, dass die Top-Fondsmanager in den vergangenen Jahren deutliche Überrenditen gegenüber dem Gesamtmarkt erzielen konnten – bei gleichzeitig niedrigerer Volatilität als der Gesamtmarkt. Die Nebenwerte- und Entrepreneur-Fonds können damit in einem Core-Satellite-Konzept als Renditebeschleuniger dienen.——- 41,7 % Prozentdes gesamten Ertragsteueraufkommens in Deutschland stammt von inhabergeführten bzw. Familienunternehmen. Rund 90 % aller deutschen Unternehmen sind nach einer Erhebung der Stiftung Familienunternehmen aus dem Jahr 2013 in der Hand ihrer Gründer oder ihrer Nachkommen.