Wenn das Fintech zur Hausbank wird
Wenn das Fintech zur Hausbank wird
Banken und Sparkassen verlieren laut BCG Geschäft mit Kleinunternehmen an Neobanken
lee Frankfurt
Das Geschäft mit Selbständigen und Kleinunternehmen erweist sich als Einfallstor für technologiegetriebene Anbieter jenseits des klassischen Bankings. Seit Jahren zeichnet sich bereits ab, dass die Treue zur Hausbank in diesem Kundensegment bröckelt. Laut der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG), die den Markt von Kleinunternehmen mit einem Jahresumsatz von unter 15 Mill. Euro unter die Lupe genommen hat, werden schon mehr als 40% der Firmenkredite in diesem Segment außerhalb der Hauptbankbeziehung aufgenommen. 8% der Kleinunternehmen gehen noch einen Schritt weiter, indem sie ein Fintech zu ihrer Hausbank machen.
Regionalbanken dominieren
Die Jahresumsätze der rund 3,8 Millionen Kleinunternehmen in Deutschland mögen überschaubar sein. Mit einem Ertragspool von 27 Mrd. Euro bringt das Geschäftskundensegment jedoch das meiste Gewicht auf die Waage, noch vor dem Firmenkundengeschäft.

Dank ihrer regionalen Verankerung dominieren Sparkassen und Kreditgenossen das Geschäftsfeld. Ihr Marktanteil liegt BCG zufolge zusammengenommen bei 60 bis 70%. Private Geschäftsbanken kommen demnach auf 25 bis 30%. „Die Innovationsführerschaft haben Banken und Sparkassen aber schon längst an die Fintechs abgegeben“, sagt BCG-Partner André Wenske, der den Markt gemeinsam mit seinem Kollegen Rasmus Mumme untersucht hat.
Attraktive Mehrwertdienste
So locken Anbieter wie Qonto oder Revolut nicht nur mit Geschäftskonten und Kreditkarten für Kleinunternehmen, sondern ergänzen ihr digitales Angebot auch mit Mehrwertdiensten, die Handwerkern und anderen Kleinunternehmern das Leben vereinfachen. Die Archivierung von Quittungen per Smartphone oder die Einbindung von tragbaren Bezahlterminals kommen bei den von Bürokratie geplagten Kleinunternehmern gut an. Insbesondere die privaten Banken, die im Rahmen der Filialschließungen der vergangenen Jahre ihr Angebot für Geschäftskunden oftmals schon stark standardisiert haben, müssen nach Einschätzung von BCG hier dringend nachbessern, um nicht weiteres und vor allem höhermargiges Geschäft an die neuen Wettbewerber zu verlieren.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken könnten derzeit noch mit regionaler Nähe und persönlicher Beratung punkten. „Aber auch diese Wettbewerbsvorteile werden langfristig an Kraft verlieren", sagt Mumme. Kostendruck und Fachkräftemangel würden es auch ihnen auf Dauer schwer machen, das persönliche Beratungsangebot aufrechtzuerhalten.