NOTIERT IN FRANKFURT

Wie die Bankenregulierung die Zuckerwirtschaft fördert

Wussten Sie, dass man mit aus Zucker hergestellten Schrauben kaputte Knochen flicken kann? Dass manche Badewannen aus Biokunststoff auf Zuckerbasis bestehen? Dass es in der Antike Vorläufer des Dauerlutschers gab? Dies und alles weitere Wissenswerte...

Wie die Bankenregulierung die Zuckerwirtschaft fördert

Wussten Sie, dass man mit aus Zucker hergestellten Schrauben kaputte Knochen flicken kann? Dass manche Badewannen aus Biokunststoff auf Zuckerbasis bestehen? Dass es in der Antike Vorläufer des Dauerlutschers gab? Dies und alles weitere Wissenswerte über Runkelrüben, die Geschichte des Zuckers – bis ins 18. Jahrhundert ein Luxusgut! -, seine Produktion, den Zuckermarkt, dessen in Europa bevorstehende Liberalisierung, Gesundheitsrisiken oder Alternativen wie Isoglukose und Stevia erfahren wir aus dem Geschäftsbericht 2016 der Landwirtschaftlichen Rentenbank. Manches Institut verzichtet ja heute ganz darauf, noch einen gedruckten Geschäftsbericht herauszugeben. Aber liest ihn wirklich jemand im Internet? Die Förderbank für die Agrarwirtschaft und den ländlichen Raum dagegen setzt offenbar bewusst auf das traditionelle Printmedium, um sich ihren Stakeholdern und der interessierten Öffentlichkeit in ansprechender Form, opulent und originell bebildert, zu präsentieren und über die pflichtgemäße Berichterstattung über das Geschäftsjahr hinaus einen lebhaften Eindruck vom Umfeld ihrer nutzenstiftenden Arbeit zu vermitteln.Da geht es mal um die angebliche Nahrungsmittelspekulation oder den Konflikt “Tank gegen Teller”, mal um die Milchquote und das Tierwohl, mal um den Einsatz von Robotern und Automaten in der Landwirtschaft. So wurde im Bericht 2013 unter dem Titel “Moderne Zeiten” dargestellt, was ein Düngeroboter in Aktion “sieht” oder welche Informationen eine Drohne bei der Schädlingskontrolle übermittelt. “Agrar spezial” heißen die ebenso informativen wie kurzweiligen und künstlerisch wertvollen Kapitel seit einigen Jahren. 2014 ging es um die Bedeutung des ganz besonderen Produktionsfaktors Boden, im Jahr darauf um das Leben auf dem Land und die Entwicklung des ländlichen Raums bis hin zu Aspekten wie ärztliche Versorgung und Breitbandausbau.Auch in anderer Hinsicht sind Bilanzpressekonferenzen der Rentenbank stets eindrucksvoll und lehrreich. Weil das Institut seinen Abschluss jeweils als Synopse von HGB- und IFRS-Zahlen mit zuweilen – aktuell durch hohe Bewertungsverluste aus dem Rückgang der Credit Spreads bei eigenen Emissionen – völlig konträren und nach IFRS hochvolatilen Ergebnissen vorlegt, wird hier wie bei kaum einer anderen Bank der Unfug der internationalen Rechnungslegung evident. Unfug jedenfalls für ein tief in der HGB-Welt verwurzeltes Haus. Über diesen Nonsens schütteln offenbar längst auch professionelle Bilanzleser etwa in den Ratingagenturen den Kopf.So etwas ist nur mit viel Humor zu ertragen. Daran mangelt es Vorstandssprecher Horst Reinhardt und seinem Kollegen Hans Bernhardt zum Glück nicht. Im neuen Geschäftsbericht philosophieren beide über den Zusammenhang zwischen den gestiegenen Anforderungen der Bankenaufsicht und der in der Kantine festgestellten zunehmenden Nachfrage nach Nervennahrung in Form von Schokoriegeln. So hatten wir das noch gar nicht gesehen: Bankenregulierung als Förderprogramm für die Zuckerwirtschaft. Das ist große Literatur!