Crédit Agricole bereitet sich auf Wiederaufbau der Ukraine vor
Crédit Agricole bereitet sich auf Wiederaufbau der Ukraine vor
Startschuss für Privatisierung von zwei ukrainischen Banken
wü Paris
von Gesche Wüpper, Paris
Frankreichs zweitgrößte börsennotierte Bank Crédit Agricole bereitet sich auf das Ende des Krieges in der Ukraine vor. „Wir positionieren uns mit Blick auf den Wiederaufbau“, sagte Ukraine-Chef Carlos de Cordoue „Les Echos“. „Das Banksystem der Ukraine alleine wird nicht ausreichen.“ Auch wenn das Finanzinstitut selber und seine Kunden vorsichtig bleiben müssten, „können wir uns Gelegenheiten anschauen“.
Er äußerte sich nicht dazu, ob Crédit Agricole Interesse an den beiden zur Privatisierung stehenden ukrainischen Banken hat. Das Institut hatte 2006 die Index Bank übernommen, damals die Nummer 25 des Landes. Derzeit verfügt Crédit Agricole dort über 2.000 Mitarbeiter und 400.000 Kunden. Deutlich weniger als der heimische Konkurrent BNP Paribas, der mit fast 5.000 Mitarbeitern und 2 Millionen Kunden die Nummer Sechs in der Ukraine ist. Eine der wichtigsten ausländischen Banken ist Raiffeisen Bank International (RBI) aus Österreich mit 5.100 Mitarbeitern und 2,9 Millionen Kunden.
Bewegung im Bankensektor
„Wir sind bereit, französische und europäische Gruppen zu finanzieren, die in der Ukraine investieren wollen“, sagt de Cordoue. Viele langjährige Kunden seien trotz des Krieges noch immer präsent — von Deutschen zu Japanern. Dazu gehört der Düsseldorfer Rüstungsspezialist Rheinmetall, der in der Ukraine Artillerieproduktion aufbaut.
Beflügelt von der Drohnenindustrie ist vor allem die Technologiebranche der Ukraine äußerst dynamisch. Auch der Konsum und die Automobilfinanzierung ziehen laut Crédit Agricole wieder an.
Bewegung kommt jetzt auch in den Bankensektor. Denn die ukrainische Notenbank hat am 20. August bekanntgegeben, dass der Finanzstabilitätsrat den Weg für den Verkauf der staatlichen Finanzinstitute Sense Bank und Ukrgasbank freigemacht hat. Seine Entscheidung gilt als erster Schritt der Privatisierung, auf die die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) seit längerem drängt.
Staat mischt mit
Mehr als die Hälfte des ukrainischen Bankensystems befindet sich in staatlicher Hand, darunter die von den Vermögenswerten her drei größten Finanzinstitute PrivatBank, Oschadbank und Ukreximbank. Ukrgasbank und Sense Bank gehören ebenfalls zur Top Ten des Landes. Es hatte die seinerzeit unter dem Namen Alfa Bank bekannte Sense Bank 2023 verstaatlicht, da ihre damaligen russischen Aktionäre, darunter der Oligarch Mikhaïl Fridman, nach Ansicht der ukrainischen Zentralbank ein erhebliches Risiko für die Reputation der Bank darstellten.
Sense Bank kommt laut Schätzungen mit rund 4.000 Mitarbeitern und 160 Filialen auf mehrere Millionen Kunden in der Ukraine. Ukrgasbank war zunächst vor allem auf die Finanzierung von Unternehmen aus dem Öl- und Gas-Sektor spezialisiert, als die Ukraine unabhängig wurde. Sie ist erst später zur Universalbank geworden und verfügt mit ihren 3.700 Mitarbeitern über eines der dichtesten Filialnetze.
Bewertung entscheidet
Entscheidend für die Privatisierung dürfte die Bewertung sein. Pervin Dadashova, bei der ukrainischen Zentralbank für finanzielle Stabilität zuständig, erklärte gegenüber „The Banker“, dass die Regierung den maximalen Gewinn aus dem Verkauf der staatlichen Banken ziehen wolle. Wenn der Krieg den Preis belaste, dürfte die Regierung abwarten – und in den kommenden Monaten die Berater auswählen, auch für unabhängige Audits.