„Mehr Milliardärsfamilien als Kunden als jeder andere Vermögensberater der Welt“
„Mehr Milliardärsfamilien als Kunden als jeder andere Vermögensberater der Welt“
Im Gespräch: David Druley und Alexander Koriath
„Zu viel Konkurrenz um die gleichen Deals"
CEO und Europachef von Cambridge Associates orten überdurchschnittliche Renditen bei Small- und Midcaps – Investmentfirma weitet Präsenz in Europa aus
Der unabhängige Vermögensverwalter Cambridge Associates wirbt verstärkt um Kunden in Europa. Als nächstes will die Investmentfirma einen neuen Standort in Mailand eröffnen. Etwa die Hälfte des europäischen Geschäfts entfällt auf Family Offices.
Von Michael Flämig, München
Die Investmentfirma Cambridge Associates baut ihre Präsenz in Kontinentaleuropa systematisch aus. „Wir eröffnen bald ein Büro in Mailand“, kündigt CEO David Druley im Gespräch mit der Börsen-Zeitung an. Mit der ersten Akquisition in der gut 50-jährigen Unternehmensgeschichte – dem Kauf von Siglo Capital Advisors – hatte sich die US-Gesellschaft erst vor Jahresfrist ein Standbein in Zürich verschafft.
Druley kann sich weitere Übernahmen vorstellen, sofern diese entweder ein hervorragendes Team oder eine Präsenz in einem neuen Markt einbrächten. Denkbar sei dies zum Beispiel in Frankreich, sagt er: „Ich bin sicher, dass wir gute Gelegenheiten wahrnehmen werden.“ Zukäufe seien auch in den USA oder in Asien möglich. Das erforderliche Kapital sei vorhanden.
Wachstum in Deutschland
Europa-Chef Alexander Koriath, der auch die Region Nahost verantwortet, ist mit der Expansion in Deutschland sehr zufrieden. Cambridge Associates habe die dortige Kundschaft einst von London aus bedient, aber mit dem Brexit habe die Gesellschaft ihren Service mit einer Niederlassung in Kontinentaleuropa sichern wollen. Die Wahl fiel vor mehr als fünf Jahren auf München. „Wir hielten den deutschen Markt für interessant, da es dort nicht viele unabhängige institutionelle Häuser gibt, die jene Dienstleistungen anbieten, die wir bereitstellen.“
Die Umsetzung dieser Idee habe sehr gut funktioniert, sagt Koriath. Cambridge habe mit drei Mitarbeitern im Münchener Büro begonnen, nun seien es 21 Beschäftigte: „Wir setzen das Wachstum fort.“ Für Druley ist dies kein Zufall. Als Investmentmanager müsse man lokal präsent sein, um die spezifischen regulatorischen und marktbezogenen Rahmenbedingungen der Kunden wirklich zu verstehen. Nur so sei man wettbewerbsfähig. Die US-Zollpolitik habe diese Notwendigkeit noch verstärkt. Eine neu aufgebaute Strategieabteilung prüfe daher bei Cambridge Associates systematisch Expansionsmöglichkeiten auch durch Akquisitionen.
Ursprung in Harvard
Das aus einer Finanzberatung für die US-Universität Harvard hervorgegangene Unternehmen unterhält Druley zufolge 13 Büros weltweit. Insgesamt habe es rund 600 Mrd. Dollar von institutionellen Kunden und Family Offices unter den Fittichen. Den Löwenanteil des Geschäfts macht die Gesellschaft noch immer in den USA. Inklusive Lateinamerika und Kanada entfielen 80% auf die Region, die verbleibenden 20% teilen sich Europa und Asien auf.
45% des Geschäfts entfalle auf Stiftungen, erläutert Druley. Weitere 35% resultierten aus der Zusammenarbeit mit vermögenden Familien – also jenen Familien, die ein Mindestportfoliovolumen von 125 Mill. Dollar besäßen, wie er konkretisiert. Diese Kontakte seien einst aus der Vermögensverwaltung für sehr wohlhabende Familien im Harvard-Verwaltungsrat entstanden. Druley vermerkt: „Wir arbeiten mit mehr Milliardärsfamilien zusammen als jeder andere Vermögensberater der Welt.“ So gehöre beispielsweise die Jacob-Rothschild-Familie seit Jahrzehnten zu den Kunden.
Hohe Kundenbindung
Die übrigen 20% des Cambridge-Geschäfts beständen heute aus Pensionsfonds, Versicherungen und anderen Institutionen. Die Kunden blieben in der Regel lange. Von 100 Kunden blieben jedes Jahr im Durchschnitt 96 dabei, sagt Druley.
Mit dem Cambridge-Wachstum sind beide Manager sehr zufrieden. „Wir wachsen stetig“, berichtet Koriath: „Cambridge Associates legt im Schnitt um einen mittleren bis oberen einstelligen Prozentsatz zu.“ Der am schnellsten wachsende Teil sei ganz klar das Geschäft mit Family Offices. Die Kunden beauftragten Cambridge Associates überwiegend mit der Betreuung ihres Gesamtportfolios. Darüber hinaus erteilten Kunden vor allem Mandate zur Überwachung von Private-Equity-, Venture-Capital- oder Infrastrukturportfolios.

Foto: Cambridge Associates
In Europa setzt sich die Kundenbasis etwas anders zusammen als weltweit. Hier entfällt Druley zufolge etwa die Hälfte des Geschäfts auf Family Offices, die andere Hälfte speise sich aus Aufträgen institutioneller Kunden. Diese seien stärker als in anderen Regionen an einzelnen Assetklassen interessiert.
Anfangs als reines Beratungsunternehmen gegründet, ist Cambridge Associates nach Angaben Druleys mit seinen 1.400 Beschäftigten mittlerweile bei rund 80% der Kunden maßgeblich an der Portfoliosteuerung beteiligt. Von diesen 80% der Mandate würden rund 30 Prozentpunkte vollständig diskretionär verwaltet. Bei den verbleibenden 50 Punkten der Mandate bereite Cambridge Associates den Portfolioaufbau vor und entwickele Investmentideen, während die Kunden die endgültige Entscheidung oder ein Vetorecht über die Portfoliozusammensetzung behielten.
Langfristige Kapitalanlage
Der durchschnittliche Zeithorizont bei der Kapitalanlage liegt Koriath zufolge bei zehn bis zwanzig Jahren. Dies mache Cambridge Associates auch zu einem sehr gefragten Ansprechpartner für gründergeführte Vermögensverwalter, die ihre Nachfolge regeln wollten und einen strategischen Partner suchten.
„Unsere langfristige Ausrichtung unterscheidet uns stark von Private-Equity-Investoren, bei denen man nach sieben Jahren typischerweise wieder eine Transaktion erwarten muss“, unterstreicht Koriath. Einen Konkurrenzvorteil habe das extrem langfristig denkende Cambridge Associates auch gegenüber großen Asset Managern, bei denen eine Übernahme oft mit massiven Kostensenkungen einhergehe.
Alleinstellungsmerkmale in einem umkämpften Markt
„Der Kern unserer Arbeit besteht darin, erstklassige Investmentmanager über alle Anlageklassen hinweg zu finden“, sagt Druley. Die Palette reiche von Buyouts über Private Equity und Venture Capital bis hin zu Infrastrukturinvestitionen: „Wir decken nahezu jede Anlageklasse ab, die Sie sich vorstellen können.“
Die Gesellschaft zähle fast 300 Senior-Investment-Professionals. Dabei durchlaufe jede Anlageidee einen festen Prüfprozess: „Wir führen jährlich zwischen 4.000 bis 6.000 Meetings mit Investmentmanagern durch, aber nur ein sehr kleiner Teil davon – etwa 2 bis 3% – erhält tatsächlich Kundengelder.“ Dabei sei Cambridge Associates kein „Fund of Funds“-Anbieter, sondern arbeite als Anlageberater in Form von separaten maßgeschneiderten Mandaten.
In einem umkämpften Markt habe man einige Alleinstellungsmerkmale. Ein großer Teil des neuen Kapitals fließe heute in großvolumige Buyouts. Dort konkurriere zu viel Kapital um die gleichen Deals: „Wir glauben daher, dass die wirklich attraktiven Chancen im Small- und Mid-Cap-Bereich liegen.“ Hier seien überdurchschnittliche Renditen zu erzielen.
Unabhängigkeit ist das Ziel
Die aktuelle Konsolidierungswelle in der Branche betrachtet Druley entspannt. „Wir wollen unabhängig bleiben“, betont er. Knapp 70% von Cambridge Associates sei im Besitz von externen Anteilseignern, die auch Kunden seien. Knapp 20% lägen bei einem der Gründer, der damit der zweitgrößte Anteilseigner sei. Der Rest verteile sich auf rund 65 aktive Partner und eine Handvoll ehemalige Manager.
Viele der aktuellen Übernahmen in der Branche hingen mit dem Thema Skalierung zusammen. Doch Cambridge Associates verfüge bereits über die erforderliche Größe. Kleinere Boutique-Wettbewerber hätten kaum noch die Mittel, um in Technologie zu investieren oder global zu agieren. Viele der früheren Konkurrenten im Ultra-High-Net-Worth-Segment seien von großen Vermögensverwaltungsplattformen übernommen worden, die eher im mittleren Vermögenssegment tätig seien – damit entfielen sie als Wettbewerber.
Viel Geld für die Datenanalyse
Das Führungsduo möchte sich nicht festlegen, ob Cambridge Associates in Zukunft einmal nicht nur für Vermögensinhaber, sondern auch als Zulieferer von White-Label-Lösungen für andere Investmenthäuser arbeiten könnte. Eine Kooperation mit Banken oder Intermediären wäre eine strategische Neuentwicklung, so Druley: „Bislang haben wir uns dagegen entschieden.“
Investitionen in Millionenhöhe schultere Cambridge Associates aktuell in Plattformen für eine detailliertere Datenanalyse. Insbesondere im Bereich Private Investments verfügt die Gesellschaft nach Angaben über einen einzigartigen Datenschatz, der zum Teil 50 Jahre zurückreiche. „Unser Ziel ist es, die Daten künftig häufiger zu erfassen und schneller zu verarbeiten, um sie zeitnaher an unsere Kunden weiterzugeben.“ Um die Datensätze in anonymisierter Form zusammenführen, hat Cambridge kürzlich mit S&P und Mercer ein Konsortium gegründet.
Eine interessante Fragestellung ist aus Sicht von Koriath für die Datenanalyse beispielsweise: „Warum schneidet Private Equity beim Return besser ab als andere Anlageprodukte?“ Liege dies nur daran, dass man zu einem niedrigen Multiple einkauft und dann mit höherem Multiple verkauft, oder gebe es echte operative Wertschöpfung?
Im ESG-Bereich blieben auch die US-Kunden nach Angaben Druleys engagiert. In einigen US-Bundesstaaten sei es zwar für öffentliche Pensionsfonds schwierig, Nachhaltigkeitsaspekte bei der Anlage überhaupt zu berücksichtigen. Viele der privaten Kunden täten es jedoch weiterhin: „Sie äußern sich vielleicht weniger lautstark als früher, aber sie handeln nach ESG-Kriterien.“ In Europa sei ESG ohnehin Standard, dort sei die Orientierung an Umwelt- und Governanceaspekten für jeden Kunden ein Muss.