IM INTERVIEW: KLAUS-JÜRGEN HEITMANN, HUK-COBURG

"Wir haben im Neugeschäft unseren Rekord übertroffen"

Der Chef des Autoversicherers über die hohe Zahl neuer Kunden trotz Pandemie, den Rückgang des Verkehrs und das Staunen über Aktien-Höchststände

"Wir haben im Neugeschäft unseren Rekord übertroffen"

Herr Heitmann, wie verändert die Pandemie die Assekuranz?Die Versicherer müssen nicht nur mit den internen Umplanungen umgehen, die alle Unternehmen treffen. Wir waren zusätzlich mit enormen Verwerfungen an den Kapitalmärkten konfrontiert und mussten einen Einbruch des Neugeschäfts befürchten. Als Autoversicherer hatten wir zudem auf den drastischen Rückgang des Verkehrs zu reagieren, der zu weniger Schäden geführt hat. Werden die Bundesbürger auch nach der Coronakrise weniger mit dem Auto fahren?Die Menschen arbeiten verstärkt im Homeoffice, und manche Dienstreise, die man früher wie selbstverständlich angetreten hat, wird durch eine Online-Konferenz ersetzt. Dies wird das Fahrverhalten dauerhaft verändern und hat einen spürbaren Einfluss auf uns. Inwiefern?Wenn wir weniger Fahrleistung auf den Straßen haben, gehen die Schäden in ähnlicher Höhe zurück. Unklar ist: Werden es 5 % oder beispielsweise doppelt so viel sein? Die höheren Preise für Reparaturen und Ersatzteile drohen zwar die Reduktion vollständig aufzufressen – aber je stärker der Verkehr zurückgeht, desto größer ist der Effekt. Das Ausmaß kann noch keiner richtig prognostizieren. Wir werden uns im angelaufenen Jahr eine Meinung bilden. Haben die Bürger im vergangenen Jahr weniger Autos gekauft?Aus Versicherersicht ist relevant, wie viele Autos neu zugelassen wurden oder den Besitzer gewechselt haben. Denn in diesen Fällen wird eine Versicherung abgeschlossen. Die Zahl derartiger Transaktionen ist um gut 9 % gesunken. Wie wirkt sich dies auf das Geschäft der HUK-Coburg im Jahr 2020 aus?Zu Beginn der Pandemie dachten wir, dass der Markt mit dem Schließen von Zulassungsstellen vollständig zum Erliegen kommt. So war es aber nicht. Anfangs hatten wir Einbrüche um rund 40 %, außerdem konnten wir beratungsintensive Abschlüsse nicht mehr so gut tätigen. Nach dem ersten Lockdown setzte aber eine Erholung ein, die uns überrascht hat. Was bedeutet dies konkret?Im Juni gab es erst einmal Nachholeffekte, aber die Dynamik ging schnell darüber hinaus. In den Sommermonaten lagen wir deutlich über den Abschlüssen 2019, obwohl jenes Jahr ein Rekordjahr im Autogeschäft und in der gesamten Schaden- und Unfallversicherung gewesen war. Dann ist es etwas ruhiger geworden, aber wir laufen seitdem dennoch über den Vorjahreswerten. Woher kommt der Erfolg?Wir sehen ganz deutlich, dass die Bedeutung des Online-Vertriebskanals stark gestiegen ist. Unser Direktversicherer HUK24 entwickelt sich nochmals viel dynamischer als in den letzten Jahren. Er hat im Kfz-Bestand um 9,2 % und im Neugeschäft brutto um 17,2 % zugelegt. Aber die Interpretation, die Direktversicherung schlägt alles aus dem Feld, stimmt trotzdem nicht. Auch die anderen Kanäle wie der Außendienst oder die telefonischen Angebote der HUK-Coburg wurden gut genutzt. Der stationäre Vertrieb hält seine starke Position. Welche Erklärung gibt es für den Ansturm?In Krisenzeiten gewinnen vertrauenswürdige Marken. Außerdem ist jener Versicherer im Vorteil, der einen bekannten Online-Kanal im Markt etabliert hat. Es ist zwar ein Allgemeinplatz, aber trotzdem richtig: Corona beschleunigt die Digitalisierung. Dies hilft uns, denn wir haben den stärksten Online-Anbieter der Kraftfahrzeug-Versicherer. Was bedeutet dies in Zahlen?Die These einer Delle im Kfz-Neugeschäft, die wir noch auf der vergangenen Bilanzpressekonferenz vertreten haben, ist obsolet. Wir haben im Neugeschäft unseren Rekord übertroffen, den wir erst im Jahr zuvor aufgestellt hatten. Oh, trotz der Pandemie?Ja. Wenn jemand im vergangenen März mit mir auf dieses Jahresergebnis hätte wetten wollen, hätte ich sofort dagegengehalten und eine gute Flasche Rotwein eingebracht. Wie stark steigt nun das Neugeschäft?Es hat um 4,4 % zugelegt, und zwar ausgehend von 1,43 Millionen neuen Verträgen im Jahr 2019. Übrigens ist das Nettowachstum ebenfalls außergewöhnlich hoch, denn die Kündigungsquoten sind sogar leicht rückläufig. Der Bestand von zuletzt 12,4 Millionen Verträgen hat damit um rund 4 % zugelegt – im Gegensatz zu den Beitragsentwicklungen im Bestand, die nur um 1,5 % gewachsen sind. Woran liegt das?Das Delta zwischen Wachstum des Bestands und der Beiträge wird größer. Im Vorjahr waren es 1,5 Prozentpunkte, nun sind es 2,5 Punkte. Also sinken die Preise im Bestand um mehr als 2 %. Das ist wirklich relevant. Für den Verbraucher wird es günstiger. Warum ist die HUK-Coburg so preisaggressiv unterwegs, wenn doch der Vertrieb gut läuft?Wir sind doch nicht preisaggressiv! Die Meinung im Markt ist dies schon.Wir sind aus Überzeugung günstig und fair. Aggressiv würde ich nur jemanden nennen, der niedrige Preise anbietet, sich dies aber eigentlich nicht leisten kann. Wenn wir in der Combined Ratio besser liegen als der Markt, dann ist dies Resultat einer nachhaltigen Preisgestaltung. Was wir unternehmerisch verantwortlich anbieten können, das bieten wir an. Wir haben sowieso niedrige Kostenquoten. Der Verzicht auf Online-Vergleichsportale spart zudem enorm viel Geld. Wie haben Sie die Preise zum Jahreswechsel gestaltet?Der Jahreswechsel-Tarif wird immer etwas spitzer kalkuliert als der unter-jährige Tarif. Trotzdem ist das Wechselgeschäft zum Jahresende nicht mehr so prägend wie früher, weil einige Wettbewerber die bisher übliche Hauptfälligkeit am 1. Januar aufgeben. Damit schrumpft die Zahl der Autofahrer, die zum Jahresende neu abschließen. Zudem dürften die Preise vieler Wettbewerber nicht gestiegen sein, so dass Kunden seltener kündigten. Auch der Lockdown zum Jahresende hat bremsend gewirkt. Das Volumen im Markt könnte daher um 5 bis 10 % gesunken sein. Haben Sie ebenfalls weniger Abschlüsse?Wir sind zum Jahreswechsel 2020/21 vermutlich so rausgekommen wie im Jahr zuvor. Das Nettowachstum dürfte also rund 65 000 Fahrzeuge betragen. Es hätte natürlich auch besser sein dürfen, aber die Summe ist ok. Der Wettbewerb ist einfach besonders intensiv, weil die Online-Vergleichsportale ihre Werbeausgaben auf diesen Zeitraum konzentrieren. Wächst die Konkurrenz der Portale?Unsere Position ist ja: Das Geschäftsmodell der Vergleichsportale ist aus Kundensicht grundsätzlich nützlich. Die Gebühren allerdings vertragen sich nicht mit unserer Kalkulation. Deswegen machen wir nicht mit. Wir gehen davon aus, dass wir auch in den nächsten Jahren mit unserer starken Marke aus eigener Kraft weiter expandieren werden. Spüren Sie das Aufkommen neuer Direktversicherer?Eigentlich ist nur jener Versicherer ein Direktversicherer, der mit seinen Kunden direkt Geschäfte macht und so die Vermittlungskosten vermeidet. Aber viele, die sich heute Direktversicherer nennen, kaufen Abschlüsse entweder massiv über Check24 und Verivox ein oder wachsen nicht besonders stark. Online-Makler kosten aber häufig nicht weniger Provision als eine stationäre Vertriebsmannschaft. Was wird dort gezahlt?Die Sätze sind schon in der Kfz-Versicherung hoch, aber in der Haftpflicht- und Sachversicherung ist es nochmal eine ganz andere Nummer. Darüber muss man sich im Klaren sein: Mit zunehmender Monopolisierung des Online-Makler-Marktes werden Versicherungen mittel- bis langfristig für den Verbraucher teurer, da die Monopolstellung ermöglicht, Provisionen durchzusetzen. Wir wollen lieber ein fairer, verlässlicher und preisgünstiger Anbieter für Privatkunden bleiben und gehen davon aus, dass sich weiterhin viele Kunden direkt mit uns in Verbindung setzen. Wie hat sich der Marktanteil im Jahr 2020 entwickelt?Mit diesem sehr zufriedenstellenden Wachstumsjahr haben wir vermutlich wieder spürbar Marktanteile vor allen Dingen in der Autoversicherung gewonnen. Wie läuft das Telematikgeschäft?Der Bestand ist auf knapp 400 000 Verträge gewachsen und hat sich damit mehr als verdoppelt. Wir sind zufrieden und dürften weiterhin der Marktführer sein. Wie nutzen Sie Ihre Erkenntnisse aus dem Datenpool?Telematik kann ein interessantes Thema für die Sharing Economy werden, die von veränderten Mobilitätsbedürfnissen gekennzeichnet ist. Denn man kann sehr schnell eine Risikoeinschätzung von Fahrern vornehmen. Vielleicht können wir auf diese Weise irgendwann ermöglichen, dass der Schadenfreiheitsrabatt zu alternativen Mobilitätsanbietern mitgenommen wird. Heutzutage können diese Anbieter nur sehr pauschal kalkulieren. Sie haben das Netz für den Autoservice erstmals um Werkstätten von Autoherstellern erweitert. Zahlt sich dies aus?In der Tat haben wir dies in einigen Regionen getestet. Das Ergebnis war zwar ganz erfreulich. Aber wir überarbeiten das ganze Modell aktuell sehr, sehr grundsätzlich. Diese strategische Weichenstellung werden wir vermutlich im ersten Halbjahr verkünden können. Was ist zu erwarten?Wir haben rund 200 Werkstätten in das Netz eingebunden. Wir streben eine stärkere Skalierung an und führen intensive Diskussionen, wie uns dies in den Ballungszentren gelingen kann. Mehr kann ich Ihnen noch nicht sagen. Welche Rolle spielen die Werkstätten in Ihrem Konzept?Die Partnerwerkstätten sind uns lieb und teuer. Wir haben sie auch sehr früh in der Pandemie, ohne dass uns jemand aufgefordert hätte, mit Vorschusszahlungen und anderen Maßnahmen unterstützt. Sie gehören zu dem Gesamtkonzept, das uns in die Lage versetzt, so fair und günstig anzubieten, wie wir es tun. Wie stark ist der Rückgang der Schadenbelastung?Schon vor der Pandemie sind die Schadenhäufigkeiten, dem Trend der vergangenen Jahre folgend, leicht gesunken. Im April und Mai ging die Schadenbelastung in der Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung dann wegen weniger Verkehrsunfällen um 30 % bis 40 % zurück, auch im Juni lag sie noch niedriger als im Vorjahr. Im Sommer haben sich die Schadenhäufigkeiten ganz langsam an das alte Niveau angenähert. Mit dem teilweisen Lockdown im November sehen wir Rückgänge von 20 % und mehr. Was bedeutet dies in Zahlen?Ich habe noch keine exakte Angabe. Die Schadenhäufigkeit dürfte im gesamten Jahr um rund 15 % gesunken sein, wahrscheinlich sogar mehr. Dagegen läuft die Inflation. Die Ersatzteile werden teurer, aber auch die Lohnkosten steigen. Wie stark sinkt die Schadenquote ausgehend von 89,9 % im Vorjahr?Wir rechnen mit einem um 10 bis 15 Prozentpunkte besseren Ergebnis. Sie hatten die Teilhabe der Kunden angekündigt. Wie hoch wird der Beitragsnachlass ausfallen?Die Gremien werden erst im Frühjahr über die Gewinnverwendung entscheiden. Aber wir sind willens, den Kunden aus Unternehmenssicht einen signifikanten Betrag zur Verfügung zu stellen. Das müsste angesichts einer Schadensumme 2019 von 3,6 Mrd. Euro ja schon ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag sein.Sie dürfen nicht ignorieren, dass die Schwankungsrückstellung automatisch reagiert und einen Großteil der Ersparnisse bei den Schäden wegnimmt. Zudem musste auch die HUK-Coburg in dem schwierigen Jahr 2020 Sonderkosten schultern. Wir werden also einen fairen Ausgleich zwischen dem Unternehmen und seinen Mitgliedern beziehungsweise Kunden finden. Damit kommen wir trotzdem in die Größenordnung, die Sie genannt haben. Was bedeutet dies für den einzelnen Kunden?Die Verteilung werden wir auch von der individuellen Schadenhistorie abhängig machen. Unter dem Strich reden wir von einer Gutschrift in Höhe eines einstelligen Prozentsatzes des Beitrags, die schadenfreie Kunden erhalten. Wie gesagt – ein aus Unternehmenssicht signifikanter Betrag, aber er wird natürlich auf Millionen Kunden verteilt. Die Wettbewerber erstatten auch Geld, wenn Kunden weniger Kilometer fahren als angenommen.Das ist aber ein ganz anderes Thema als eine Beitragsrückerstattung. Eine derartige Kilometerkorrektur machen wir natürlich ebenfalls, und zwar schon seit langem. Wir geben hierfür nochmals 10 bis 20 Mill. Euro aus für einige Hunderttausend Kunden. Dabei ist wichtig zu wissen: Wenn Sie uns diese niedrigere Fahrstrecke spät im Jahr melden, dann korrigieren wir den Beitrag rückwirkend für das gesamte Jahr und nicht nur vom Zeitpunkt der Meldung an. Die Kapitalanlage ist weniger lukrativ. Welche Folgen hat dies für die HUK-Coburg?Wir haben in der Sachversicherung schon immer die Philosophie verfolgt, dass wir versicherungstechnisch gesund arbeiten wollen und nicht auf Kapitalerträge angewiesen sind. Bei den Personenversicherern spielt der sinkende Zins natürlich eine viel größere Rolle. Was ändert sich dort?In der Krankenversicherung mündet der Niedrigzins branchenweit in steigende Beiträge für die Kunden. Wir gehen im Moment von einer Anpassung im Frühjahr aus. Aber: Sie wird unterdurchschnittlich sein. Marktweit wird mit einem Beitragsplus von rund 8 % gerechnet. Wie trifft es die Lebensversicherung?Dort ist jeder damit beschäftigt, nicht nur die Garantien zu bedienen, sondern auch die Zinszusatzreserve. Wir sind in der Lebensversicherung mit einem Portfolio von 800 Mill. Euro kein großer Anbieter im Markt, aber natürlich beschäftigt uns das auch. Die Bestände, die man in den Büchern hat, die sind da, und die kann ja keine verantwortliche Managemententscheidung wegbringen. Dieser Verantwortung muss man sich schlichtweg stellen. Ihrem Lebensversicherer hat die HUK-Coburg vor einigen Jahren das Grundkapital erhöht und davon 250 Mill. Euro eingezahlt. Ist die Kapitalbasis nun stabil?Aktuell sind keine Maßnahmen angezeigt. Wir beschäftigen uns wie viele andere auch ungleich intensiver mit unseren Lebensversicherern als vor einigen Jahren. Wir rechnen permanent Szenarien, um Verläufe im Bestand zu prognostizieren. Wir stehen zu unseren Verpflichtungen. Wie reagieren Sie mit Ihren Produkten?Wir haben die Palette vor einiger Zeit erneuert und waren durchaus gespannt, ob es unserem Vertrieb gelingt, die Kunden zu mehr Risikonahme zu ermutigen. Das funktioniert ganz gut. In dem Produkt Premiumrente kann man wählen, wie viel Prozent der Beiträge in den Deckungsstock und wie viel in die Fondsanlage gehen. Im Schnitt legen die Kunden über die Hälfte ihrer Beiträge renditeorientiert in Fondsanlagen an. Unser Lebensversicherer konnte sein Neugeschäftsvolumen auch im vergangenen Jahr steigern. Bei der HUK24 haben wir zudem deutlich mehr Risiko-Lebensversicherungen verkauft. Wie hat sich die HUK-Coburg insgesamt auf die Turbulenzen an den Kapitalmärkten eingestellt?Der März war aufregend. Die Veränderung der Credit Spreads hat den Wert der Anleihen drastisch schwanken lassen. Die Volatilität an den Aktienmärkten war zudem beispiellos. Glücklicherweise haben wir stillgehalten und sind dringeblieben. Das haben ja einige andere Versicherer anders gemacht. Nun bewegen sich die Aktienindizes über dem Vorkrisenniveau.Es ist für alle Marktbeteiligten ein Phänomen, wie trotz schwieriger gesamtwirtschaftlicher Rahmendaten Aktien über vorherige Höchststände steigen. Das kann nur damit erklärt werden, dass noch irgendwo Rendite generiert werden muss. Warum sollte in derartigen Zeiten, in denen die Rahmendaten nicht nur alle rosarot sind, der Deutsche Aktienindex sonst so stark steigen? Es macht tatsächlich fassungslos, da es rational nicht mehr begründbar erscheint.Es stellt sich die Frage: Nach welchen Regeln kann man noch arbeiten, wenn man merkt, dass die alten Regeln offenbar nicht mehr gelten? Das ist schwierig, weil Sie Ihr Verhalten irgendwie auch argumentativ unterlegen müssen. Alle Verantwortlichen suchen jetzt nach der Ableitung der neuen Regeln. Aber das fällt zugegebenerweise schwer. Die Zinsen scheinen infolge der Krise mittelfristig auf einem sehr niedrigen Niveau zementiert zu sein. Wie wirkt sich das auf die HUK-Coburg aus?Auch wir gehen mittlerweile davon aus, dass das Zinsniveau noch viel länger niedrig bleibt. Also müssen wir über alternative Kapitalanlagen nachdenken. Natürlich muss man sich die damit zusammenhängenden Risiken leisten können. Deswegen wird das Thema Asset Liability Management immer wichtiger. Es sind keine schönen Aussichten für Geschäftsmodelle, die mit Zinsen arbeiten. Hat eine Gesellschaft wie die HUK-Coburg, die relativ klein ist und alternative Anlagen nicht selbst strukturieren kann, einen Wettbewerbsnachteil?Was ist klein? Unsere Anlagen haben einen Marktwert von rund 40 Mrd. Euro. Wir sind natürlich nicht in der Kategorie der Branchenriesen dieser Welt. Aber es gibt für jede Assetklasse Anbieter, mit denen man kooperieren kann. Als Assetmanager muss man sich überlegen, was man selbst macht und wann man mit spezialisierten Anbietern zusammenarbeitet. Wie lief das Geschäft in den anderen Sparten jenseits der Kfz-Versicherung?Das Neugeschäft in der Haftpflicht-, Unfall- und sonstigen Sachversicherung war in den vergangenen Monaten sehr dynamisch. Die Erholung nach der Delle im Frühjahr verlief allerdings nicht so schwungvoll wie in der Kfz-Versicherung. Trotzdem konnten wir den Rekordwert des Jahres 2019 sogar leicht übertreffen. Wir wachsen stetig um rund 200 000 bis 250 000 Risiken pro Jahr und werden aller Voraussicht nach im angelaufenen Jahr die Schallmauer des Beitragsvolumens von 1 Mrd. Euro erreichen. Was uns besonders freut: In der Lebens- und Krankenversicherung konnten wir die Neugeschäftsvolumina im Vergleich zum Vorjahr steigern. Was erwarten Sie vom Jahr 2021?Die große Frage ist, wie lange uns die Corona-Pandemie beschäftigen wird. In der Kfz-Versicherung starten wir anständig mit einem Anstieg im Jahresendwechselgeschäft von 65 000 Kunden. Wenn wir irgendwann im Frühsommer zu einer Normalität zurückkehren könnten, dann werden wir in unserem Kerngeschäft das Wachstum fortsetzen. Wie ist die Perspektive der übrigen Sparten?Die Entwicklung an den Kapitalmärkten ist enorm schwer zu prognostizieren. Mit dem massiven Anwachsen der Staatsverschuldung stehen wir vor großen Herausforderungen insbesondere für die zinssensitiven Personenversicherer. Wie muss sich die HUK-Coburg perspektivisch weiterentwickeln?Unser strategisches Zielbild für das Jahr 2025 sieht klar vor, dass wir in unserem Kerngeschäft die Orientierung an Qualität und Kosten bewahren. Wir wollen sehr viel stärker in eine digitale Kommunikation mit unseren Kunden kommen. Das aber reicht nicht, denn irgendwann – wenngleich nicht in den nächsten zehn Jahren – wird die Bedeutung der Autoversicherung vermutlich deutlich schrumpfen. Daher wollen wir weitere Kontaktpunkte mit Kunden auch in versicherungsfremden Geschäften haben. Wir streben ein Dienstleistungsangebot an, das über das Versicherungsgeschäft hinausgeht. Unsere Schwerpunkte sind dort Mobilität und Gesundheit. Das Interview führte Michael Flämig.