Im InterviewHenning Padberg, Nordea Asset Management

„Wir setzen auf Wirkung“

Ab 2026 sollen ESG-Ratings in der EU transparenter werden. Nordea-ESG-Manager Henning Padberg sieht darin nur einen Teil der Lösung: Wer nachhaltig investieren will, muss Datenquellen prüfen, Unterschiede verstehen und die Bewertung ins Finanzmodell holen.

„Wir setzen auf Wirkung“

Im Interview: Henning Padberg

„Wir setzen auf Wirkung“

Der ESG-Manager bei Nordea spricht über politischen Gegenwind, schwankende Datenqualität und warum Engagement dennoch Ergebnisse bringt

Ab 2026 sollen ESG-Ratings in der EU transparenter werden. Nordea-ESG-Manager Henning Padberg sieht darin nur einen Teil der Lösung: Wer nachhaltig investieren will, muss Datenquellen prüfen, Unterschiede verstehen und die Bewertung ins Finanzmodell holen. Nordea will nur dort investieren, wo CO₂ wirklich sinkt.

Herr Padberg, Nordea zählt zu den großen ESG-Anbietern Europas, und Sie managen einen der bekanntesten Nachhaltigkeitsfonds. Wie hat sich der Markt für Umweltstrategien verändert?

Enorm. Als wir 2008 angefangen haben, war das Thema noch eine Nische. Wir haben uns damals im Stillen auf Ressourceneffizienz, Umweltschutz und alternative Energien konzentriert und das Ganze mit klassischer Fundamentalanalyse kombiniert. Heute ist das Thema Mainstream, aber nicht automatisch einfacher.

In den USA ist ESG politisch unter Druck zu geraten. Spüren Sie das?

Ja, und die Skepsis wirkt bei den Investoren. Viele Verbraucher achten vor allem auf Preise, und der Trend zu günstigeren, weniger nachhaltigen Produkten ist da. Gleichzeitig bleibt das Bewusstsein für Nachhaltigkeit bestehen, und wir sehen auch in den USA eine wachsende Nachfrage etwa nach ökologischen Lebensmitteln. Für unsere institutionellen Kunden ist das Thema nach wie vor hochrelevant, übrigens auch in den USA, selbst wenn darüber nicht mehr so offensiv gesprochen wird wie noch vor einigen Jahren.

Manche sagen, ESG-Fonds seien überbewertet gewesen...

Natürlich gab es einen Hype rund um den Green Deal in der EU und den Inflation Reduction Act in den USA. Danach kam Gegenwind: steigende Zinsen, geopolitische Risiken. Aber langfristig bleibt das Thema zentral. Klimaschutz, Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft – das sind Megatrends, keine Mode.

Viele Investoren fragen sich, ob ESG-Ratings überhaupt verlässlich sind. Wie sehen Sie das?

Die Datenlage ist besser geworden, aber die Qualität bleibt sehr unterschiedlich. Wir arbeiten seit zehn Jahren mit einer eigenen Plattform, um externe Daten zu prüfen und zu gewichten. Externe Anbieter bieten Breite oder Tiefe, aber nicht immer die notwendige Kombination. Teilweise werden Schätzungen übernommen, die wir so nicht akzeptieren. Deshalb haben wir hier hauseigenes Research und können ESG-Aspekte in unsere eigene Bewertung integrieren.

Wie fließt ESG in die Finanzanalyse ein?

Zum Beispiel über längere oder kürzere Gewinn-Abschmelzungsphasen. Wenn wir einem Unternehmen glauben – etwa nach erfolgreichem Engagement –, setzen wir konservativere Abschläge an, je nach Glaubwürdigkeit des Nachhaltigkeitsprofils. Bei Republic Services hat das den fairen Wert um 15 % erhöht. Bei einem defensiven Titel mit stabilen Cashflows ist das viel.

Mitte 2026 tritt die Ratingverordnung in Kraft. Die EU will Ratings transparenter machen. Ist das hilfreich?

Ich bin skeptisch. Vielfalt bei den Anbietern hilft uns, unterschiedliche Perspektiven einzubinden – wie bei Analystenmeinungen auch. Wichtig ist es, dass wir die zugrundeliegenden Daten verstehen. Einheitliche Scores suggerieren oft eine Sicherheit, die es in komplexen ESG-Fragen gar nicht geben kann. Standardisierung schafft Transparenz, aber Vielfalt ist wichtig. Wenn alle dieselben Modelle nutzen, sehen wir dieselben Fehler. Ich möchte lieber verschiedene Perspektiven.

Ein wichtiger Teil Ihrer Arbeit ist das Engagement mit Unternehmen. Können Sie ein Beispiel nennen, das wirklich etwas bewegt hat?

Die schon erwähnte Republic Services in den USA ist ein großer Abfallmanager. Das Unternehmen hatte ein schlechtes ESG-Rating, wenig Offenlegung, kaum CO₂-Ziele. Wir haben nach dem Einstieg gemeinsam mit unserem Responsible-Investment-Team den Dialog gesucht. Dann hat Republic Services das ESG-Management auf Vorstandsebene gehoben, KPIs eingeführt und Projekte zum Plastikrecycling gestartet. Heute gilt es als einer der führenden Anbieter in der Branche.

Und wenn Engagement nichts bringt?

Dann ziehen wir Konsequenzen. Ein Beispiel ist Bunge, ein Agrarverarbeiter in den USA. Das Unternehmen hatte Potenzial, die Lieferkette nachhaltiger zu gestalten. Nach einem Managementwechsel ging es aber nur noch um kurzfristige Gewinne. Da war unser Investment Case nicht mehr gegeben, und wir sind ausgestiegen.

Stichwort Greenwashing: Wie stellen Sie sicher, dass Klima-Claims Substanz haben?

Wir setzen auf Wirkung, nicht auf Etiketten. In unserer Strategie geht es um Lösungen – also Technologien, die Emissionen senken, Prozesse effizienter machen, Ressourcen schonen. Wir investieren nicht in einen Zementhersteller, nur weil er CO₂ spart. Wir investieren in den Technologieanbieter, der das möglich macht.

Das Interview führt Wolf Brandes.