IM GESPRÄCH: GERALD NOLTSCH

"Wir sind stetig gefordert"

BNP Paribas: Wertpapierverwahrung ist ein wettbewerbsintensives Geschäft - Allianz Global Investors zieht Milliarden ab - Neue Geschäftsfelder angestrebt

"Wir sind stetig gefordert"

Die französische Großbank BNP Paribas setzt in der Wertpapierverwahrung ganz auf Größe: Eine globale Präsenz und diverse Zusatzdienste sollen Investoren und Assetmanager bei der Stange halten, während die Bank zugleich die Kosten drücken will. Auch als Marktführer muss sich das Haus erheblich anstrengen, wie der deutsche Verwahrchef Gerald Noltsch andeutet.Von Jan Schrader und Silke Stoltenberg, FrankfurtDas tat weh: Um 28 Mrd. Euro sank das Vermögen, das die Verwahrstelle der französischen Großbank BNP Paribas für deutsche Wertpapier-Publikumsfonds betreut, im ersten Halbjahr. Die Fondsgesellschaft Allianz Global Investors hatte die Verwahrung der Mittel samt zugehöriger Dienstleistungen für zahlreiche Fonds neu ausgeschrieben und wurde bei State Street, nach BNP Paribas die Nummer 2 im deutschen Markt, fündig. Für die zuständige Tochter BNP Paribas Securities Services ist der Verlust des Milliardenmandates ein Rückschlag, war die Allianz-Tochter doch ein langjähriger Kunde, nachdem diese 2009 die Übernahme der Fondsgesellschaft Cominvest der Commerzbank abgeschlossen hatte und BNP Paribas 2014 ihrerseits den Erwerb der Depotbank der gelben Bank vollendete. Über Jahre hinweg lag der Verwahrauftrag für etliche Publikumsfonds somit bei den Franzosen.Das Verwahrgeschäft sei wettbewerbsintensiv, sagt Gerald Noltsch, Chef von BNP Paribas Securities Services in Deutschland, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. “Wir sind stetig gefordert, Kunden zu halten und Kunden zu gewinnen.” Der Marktführer sei dabei insgesamt erfolgreich. Im ersten Halbjahr kam im deutschen Spezialfondssegment der Gesellschaft ein Volumen von 20 Mrd. Euro hinzu, auch weil BNP Paribas zahlreiche Mandate gewonnen hatte. Mittlerweile verwahrt das Haus ganz überwiegend Wertpapiere aus Spezialfonds, also Mittel institutioneller Investoren. Und so wie Rivale State Street nun ein großes Mandat an Land gezogen hat, so konnte auch BNP Paribas in den zurückliegenden Jahren umfangreiche Aufträge sichern, etwa vom italienischen Versicherungskonzern Generali oder von der Bayerischen Versorgungskammer, wie Noltsch betont. Kampf um jeden BasispunktAn der Dominanz am hiesigen Markt ändert der Verlust der Mittel von Allianz Global Investors nicht viel: 423 Mrd. Euro verwahrt BNP Paribas laut deutschen Fondsverband BVI aus deutschen Produkten – ein Marktanteil von 21 %. State Street folgt mit 292 Mrd. Euro und 15 % noch immer mit weitem Abstand. Werden neben den deutschen Fonds auch ausländische Vehikel hinzugezählt, die BNP Paribas Securities Services dem deutschen Geschäft zurechnet, kommen zur Jahresmitte nach Konzernangaben sogar 1,1 Bill. Euro zusammen. Weltweit betreut die Verwahrstelle 9 Bill. Euro und steht damit auf dem fünften Platz, hinter den US-Adressen BNY Mellon, State Street, J.P. Morgan und Citigroup. In Europa sieht sich die Bank auf Rang 1.Als Verwahrstelle muss BNP Paribas etwa die vertraglichen Grundlagen des Investmentvermögens prüfen und den Bestand der Vermögensgegenstände vor Verlust sichern, wie aus dem Gesetz folgt. Größe gilt als Kostenvorteil in dem Verwahrgeschäft. “Grundsätzlich gilt die Tendenz: Je mehr Volumen, desto kosteneffizienter lässt sich das Geschäft betreiben”, sagt Noltsch. Je nach Investor, Anlageklasse, Struktur des Mandats und vielen anderen Kriterien falle der Preis jedoch anders aus. “Jedes Mandat ist individuell.”Zu den Preisspannen will sich der Manager nicht äußern. Allerdings zeigen auch Konzernzahlen der französischen Großbank, mit welch schmaler Marge Verwahrstellen operieren. 975 Mill. Euro an Erträgen erwirtschaftete die Einheit Securities Services im ersten Halbjahr, auf Jahressicht also rund 2 Mrd. Euro – gemessen am verwahrten Vermögen also etwas mehr als 2 Basispunkte. Aus einem Vermögen von 10 000 Euro fließen somit kaum mehr als 2 Euro für die Verwahrung und ergänzende Dienstleistungen ab.Eine weitgehende Automatisierung ist also unumgänglich, um die Kosten im Griff zu halten. Die BNP-Paribas-Tochter betreut die Kunden, also Fondsgesellschaften und institutionelle Investoren, über die “Neolink”-Plattform, in die das Haus fortlaufend investiert, wie Noltsch berichtet. Mandate fallen mitunter komplex aus. So teilt sich manch ein Großinvestor laut Noltsch in verschiedene Tochterfirmen auf, die ihrerseits jeweils unterschiedliche Assetmanager und zugehörige Spezialfonds auswählen. Die Verwahrstelle muss dabei Daten einheitlich aufbereiten. Neben der Verwahrung stellt BNP Paribas den Kunden verschiedene Fondsberichte und weitere Dienstleistungen zur Verfügung, abhängig vom Umfang der gewünschten Leistungen.Die hohe Automatisierung bei zugleich geringen Margen bringt es mit sich, dass wenige Anbieter den Markt dominieren. Die fünf größten Adressen kamen laut der BVI-Statistik zur Jahresmitte auf ein Gewicht von knapp 66 %, drei Prozentpunkte mehr als zwei Jahre zuvor. Die Zahl der Verwahrstellen ist im Laufe der Jahre auf zuletzt 40 in Deutschland gesunken – nicht nur, weil die Commerzbank ihr Geschäft an BNP Paribas verkauft hatte, sondern zum Beispiel auch, weil die vor der Neuordnung stehende HSH Nordbank und die WestLB-Nachfolgerin Portigon den Rückzug antraten und DZ Bank und WGZ Bank fusionierten. Immobilien zählenDen Vorteil großer Anbieter sieht Noltsch nicht allein in sogenannten Skalenerträgen, die sich etwa aus hohen Investitionen in die IT-Systeme ergeben. “Wir bieten als globaler Anbieter eine lokale Expertise in vielen Märkten und umfassende Dienstleistungen an.” Kleine und mittlere Anbieter können aber überleben, wie Noltsch sagt, abhängig davon, wie sie Kosten in ihrer Gewinn-und-Verlust-Rechnung abbildeten und ihre Wertschöpfung definierten.Neben der reinen Wertpapierverwahrung will BNP Paribas mit einer Reihe weiterer Dienste Kunden gewinnen: Bereits mit der Übernahme des Verwahrstellengeschäfts der Commerzbank stießen die Franzosen hierzulande in das Immobiliensegment vor, wo die Verwahrung insgesamt aufwendiger ist. So wird etwa der “Hausinvest”, der annähernd 13 Mrd. Euro schwere Publikumsimmobilienfonds der Commerzbank, von der französischen Bank begleitet. Noltsch hebt darüber hinaus das Geschäft mit weiteren Sachwerten hervor, etwa öffentlicher Infrastruktur, Flugzeugen oder Unternehmensbeteiligungen (Private Equity), die über eine Plattform in Luxemburg betreut werden können.Im Wertpapiergeschäft bietet das Haus neben zusätzlichen Berichten zur Anlageperformance oder zu Kriterien der nachhaltigen Geldanlage die Verwahrung von Sicherheiten, die für das Clearing im Derivategeschäft jenseits gewöhnlicher Börsen (Over the Counter, OTC) benötigt werden. Damit stoße BNP Paribas in einen Bereich vor, der bislang von wenigen Adressen wie Euroclear und J.P. Morgan bedient wird, betont der Deutschlandchef.Bei den diversen Dienstleistungen rund um die Fondsadministration, also der Buchhaltung und das Datenmanagement, gebe es Schnittmengen im Angebot der Verwahrer einerseits und der Kapitalverwaltungsgesellschaften andererseits, sagt Noltsch. Interesse soll BNP Paribas Gerüchten zufolge an der Frankfurter Universal-Investment gezeigt haben, ehe vor gut einem Jahr die britische Beteiligungsfirma Montagu Private Equity den Zuschlag erhielt. Hätte BNP Paribas indes Universal-Investment übernommen, wäre ein großer Anbieter von sogenannten Master-KVG-Lösungen, bei denen eine Kapitalverwaltungsgesellschaft das Vermögen auf weitere Spezialfonds verteilt und zentral erfasst, an eine Verwahrstelle gegangen.Zu Gerüchten nimmt BNP Paribas allerdings keine Stellung. Doch ob mit oder ohne Übernahmen: Als größte Adresse im deutschen Verwahrstellengeschäft wird die Bank auch künftig den Ton angeben.