Wirecard verspricht Aufklärung
Nach abermaligen Vorwürfen wegen angeblicher Bilanzmanipulation hat Wirecard Aufklärung versprochen. Der Zahlungsabwickler beauftragte KPMG als Sonderprüfer. Die Konzernspitze hofft, mit dieser Maßnahme Berichte der “Financial Times” zu widerlegen. sck München – Nach erneuten Vorwürfen der “Financial Times” (FT) wegen angeblich geschönter Umsatz- und Ergebniszahlen hat der Zahlungsabwickler Wirecard sich dazu durchringen können, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit der Untersuchung des Falls zu beauftragen.Der Dax-Konzern will mit dem externen Sonderprüfer endgültig Klarheit schaffen über seine Bilanzen, um am Markt seine Glaubwürdigkeit zu verteidigen. “Ich bin überzeugt, dass durch die unabhängige Untersuchung das Vertrauen in unser erfolgreiches und stark wachsendes Geschäft gestärkt wird”, ließ sich Vorstandschef und Firmengründer Markus Braun in einer Mitteilung des Unternehmens zitieren. “Wir haben vollstes Vertrauen in die bisherigen Prüfungshandlungen und deren Ergebnisse. Wir gehen davon aus, dass die erneute unabhängige Prüfung dazu führt, alle weiteren Spekulationen endgültig zu beenden”, so Aufsichtsratschef Wulf Matthias.Der Wirecard-Abschlussprüfer Ernst & Young hatte die Geschäftsberichte von Wirecard der vergangenen Jahre durchleuchtet und mit einem uneingeschränkten Testat versehen. Bis zum Wochenende hatte die Wirecard-Spitze noch eine gesonderte Prüfung des Falls abgelehnt. Dax-Tagessieger Die Anleger reagierten auf die jüngste Nachricht von Wirecard wohlwollend. Die Aktie sprang am Montag um bis zu 8,3 % auf 120,90 Euro. Das Papier führte damit bis zum Xetra-Handelsschluss den Dax an. Analysten begrüßten den Schritt der Wirecard-Verwaltung. Das Unternehmen habe nun in der Causa den Vorwärtsgang eingelegt, nachdem es in der Auseinandersetzung mit der FT um die Bilanzierung zu defensiv gehandelt hatte, hieß es.J.P. Morgan bezeichnete diesen Schritt als “positive Entscheidung”. Der US-Investmentbank zufolge kann dies dazu beitragen, dass Investoren ein größeres Vertrauen in Wirecard erhalten. Eine grundsätzliche Neubewertung von Wirecard erfordere aber eine große Transparenz des Unternehmens. J.P. Morgan bekräftigte ihre Einstufung für die Aktie mit “Neutral” bei einem Kursziel von 165 Euro.Dieser Tage hatte die FT berichtet, dass der Konzern bei Auslandstöchtern in Dubai und in Irland Erlöse und Ergebnisse aufgebläht habe. Die Aktie war daraufhin um bis zu 23 % abgestürzt.Wirecard zufolge soll KPMG mit der Untersuchung “unverzüglich” beginnen. Zu “gegebener Zeit” werde der Prüfer einen Untersuchungsbericht vorlegen, dessen Ergebnis veröffentlicht werde. Dabei sei KPMG “allein dem Aufsichtsrat verpflichtet”. Wirecard gewährt KPMG “Zugang zu allen Informationen auf allen Konzernebenen”. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses im Aufsichtsrat, Thomas Eichelmann, werde die Untersuchung auf Seiten des Unternehmens “begleiten”. Der frühere Finanzvorstand der Deutschen Börse wurde erst im Juni in das Kontrollgremium gewählt.Der Konflikt zwischen der FT und Wirecard hat mit der jüngsten Entwicklung eine neue Dimension erreicht. Die britische Tageszeitung hatte Wirecard Ende Januar erstmals mit Vorwürfen ähnlicher Art über eine Tochtergesellschaft in Singapur konfrontiert und damit Kursturbulenzen ausgelöst.Wirecard hatte die Darstellungen der FT mit einem Untersuchungsbericht zum Teil entkräften können. Eine von Wirecard eingeschaltete Anwaltskanzlei hatte die Vorwürfe bestätigt und im Verhalten einzelner leitender Mitarbeiter Verdachtsmomente strafbaren Verhaltens gesehen, einen systematischen Betrug unter Beteiligung und Mitwissen des Konzernvorstands jedoch ausgeschlossen. Vor allem waren die Dimensionen der falsch verbuchten Geschäfte deutlich kleiner, als die Berichte der FT suggeriert hatten. Wirecard veröffentlichte die Eckpunkte des Untersuchungsberichts Ende März, was zu einer Kurserholung beitrug. Staatsanwaltschaft ermitteltDie deutsche Finanzaufsicht BaFin schaltete sich seinerzeit in die Vorgänge ein. Sie verhängte ein zeitweiliges Verbot von Leerverkäufen gegen das Papier. Die Behörde erstattete Anzeige wegen des Verdachts auf illegale Marktmanipulationen. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Wirecard-Führung wirft der FT vor, mit dubiosen Spekulanten zusammengearbeitet zu haben, um gegen Wirecard zu wetten. Die Zeitung weist dies zurück.