Von Boom weit entfernt

Wohneigentumserwerb wird wieder erschwinglicher

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken registriert ein leichtes Anziehen der Wohneigentumsfinanzierung. Käufer sichern sich lange Zinsbindungen und strecken die Tilgung, um die Monatsrate im Rahmen zu halten. Von einem Boom ist der Markt aber entfernt.

Wohneigentumserwerb wird wieder erschwinglicher

Mehr Käufer trotz hoher Nebenkosten

VDP sieht breitere Einkommensgruppen zurück im Wohnimmobilienmarkt – Forderung nach Senkung der Grunderwerbsteuer

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken registriert im laufenden Jahr ein Anziehen der Wohneigentumsfinanzierung. Das zeigen Daten der Mitgliedsinstitute. Käufer sichern sich lange Zinsbindungen und strecken die Tilgung, um die Monatsrate im Rahmen zu halten. Von einem Boom ist der Markt aber entfernt.

Bis zur Zinswende war der Weg ins eigene Heim vor allem eine Frage des richtigen Objekts. Effektivzinsen unter einem Prozent ermöglichten hohe Darlehen, auch wenn die Kaufpreise für Wohnungen und Einfamilienhäuser schon damals kräftig angezogen hatten. Mit dem Zinsschock 2022 kippte das Bild. Hohe Preise trafen auf plötzlich teure Kredite. Jetzt meldet der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP): Die Erschwinglichkeit bessert sich wieder. Die ausgewerteten Daten stammen von VDP-Mitgliedsinstituten und bilden damit einen großen Teil des Marktes ab.

Kern der Studie ist die Beobachtung, dass sich drei Linien seit 2024/25 wieder kreuzen: Die Kaufpreise für selbst genutztes Wohneigentum treten weitgehend auf der Stelle, die Realeinkommen der Haushalte sind gestiegen, und das Zinsniveau hat sich nach dem Sprung von 2022 beruhigt. In der Folge können wieder mehr sogenannte Schwellenhaushalte – also Haushalte aus dem mittleren Segment, die 2022/23 aus dem Markt gedrängt wurden – in den Wohneigentumsmarkt eintreten.

Die Banken haben nach Verbandsangaben ihre Vergabestandards nicht gelockert. Sie prüfen weiterhin nach der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, ob der Schuldendienst tragbar ist, und verlangen einen angemessenen Eigenkapitaleinsatz. Auch die Zinsbindungen bleiben mit rund zwölf Jahren im Schnitt lang, was die monatliche Rate kalkulierbar hält, obwohl die Nominalzinsen höher sind als vor 2022.

Die annähernd stabile Kreditbelastungsquote von gut 26% lässt sich erklären, weil an zwei Stellschrauben gleichzeitig gedreht wurde: zum einen die leicht längeren rechnerischen Laufzeiten (rund 28 Jahre) und zum anderen die wieder etwas breitere Einkommensbasis der Käufer. Das Bild zeichnet also nicht einen Kreditboom, sondern einen Markt, in dem beide Seiten sicherheitsorientiert bleiben.

Mehr Fremdkapitaleinsatz

Der Fremdkapitalanteil steigt wieder, berichtet der VDP. Lag das Verhältnis von aufgenommenem Darlehen zu Kaufpreis 2023 bei rund 76%, so sind es jetzt etwa 83% – und damit mehr als vor der Zinswende. Das sei kein Zeichen von Übermut, sondern auch Sicht des Verbands auch eine Folge der hohen Transaktionskosten. Grunderwerbsteuer, Notar, Grundbuch und oft auch Makler müssen aus Eigenmitteln bezahlt werden. Wenn diese Nebenkosten ansteigen, bleibt weniger Eigenkapital übrig, das in den Kaufpreis fließen kann – also muss die Finanzierung einen größeren Teil übernehmen.

Genau auf diesen Zusammenhang verweist der VDP in der Studie und leitet daraus eine politische Forderung ab: Eine reduzierte Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer, insbesondere für junge Familien, würde den Kreditbedarf unmittelbar senken und den Kauf erleichtern. Hintergrund ist die seit 2006 mögliche, sehr unterschiedliche Hebung der Grunderwerbsteuersätze durch die Länder; in mehreren Ländern liegen sie bei 5,0 bis 6,5% des Kaufpreises – und damit auf einem Niveau, das bei heutigen Immobilienpreisen fünfstellige Eigenkapitalsummen bindet.

Für den Markt bedeutet das, dass die rein finanzierungsbedingte Hürde kleiner geworden ist, die nebenkostenbedingte Hürde aber nicht, so der VDP. Gerade wer knapp kalkuliert, scheitert weniger an der Monatsrate, sondern an den sofort fälligen Erwerbsnebenkosten. Deshalb ist die politische Botschaft des Verbands fast so prominent wie der statistische Befund: Wenn Wohneigentum gesellschaftlich gewollt ist, müssen die Länder an dieser Stelle nachjustieren – und zwar gezielt für Selbstnutzer, nicht für Kapitalanleger. Der Verband spricht dabei von einer Datenbasis, die nur seine Mitgliedsinstitute umfasst. Würde man auch Institute außerhalb des Pfandbriefsegments einbeziehen, könnten Struktur und Durchschnittswerte etwas anders aussehen.

In den längeren Zeiträumen, die der VDP aufzeigt, steckt eine gewisse Relativierung der aktuellen Debatte: Wer nur die Jahre 2020/21 mit Mini-Zinsen vergleicht, empfindet 3,5% heute als teuer. Wer dagegen den Zeitraum seit den frühen 2000ern oder gar seit den 1990ern betrachtet, stellt fest, dass das aktuelle Niveau eher Normalität ist als Belastung, zumal die Einkommen deutlich höher liegen als damals. Dass die Zinsbindungsfristen weiterhin lang gewählt werden, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass Haushalte die Phase nicht als Übergangskredit durchzuhalten versuchen, sondern als langfristige Finanzierung auslegen.

Die Studie bestätigt einen Trend, der seit Mitte vergangenen Jahres auch in anderen Daten zu sehen war: Stabilisierung der Preise, leichte Belebung der Kreditnachfrage, Rückkehr mittlerer Einkommen, aber unverändert hohe Erwerbsnebenkosten. Für eine vollständige Marktsicht müsste man Institute außerhalb des Verbands, regionale Preisentwicklungen sowie mögliche Sonderprogramme von Förderbanken abfragen.

Von Wolf Brandes, Frankfurt