Altersvorsorge

Zahl der Riester-Verträge schrumpft immer schneller

Die Riester-Rente steht unter Druck. Allein im laufenden Jahr fiel die Zahl der Verträge bis Ende September um knapp 160000. Das angesparte Volumen legt gleichwohl vielerorts zu, da die bestehenden Sparpläne Geld hereinspülen.

Zahl der Riester-Verträge schrumpft immer schneller

jsc Frankfurt

Die Zahl der Riester-Verträge in Deutschland sinkt nach Jahren der Stagnation mittlerweile deutlich ab: In diesem Jahr gab der Vertragsbestand bis Ende September von 16,37 Millionen um knapp 1% auf gut 16,21 Millionen Verträge nach, so dass der Schwund annähernd 160000 beträgt, wie aus aktuellen Zahlen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) hervorgeht. Nachdem die Zahl der Verträge bereits im vergangenen Jahr deutlich gesunken war, könnte der Rückgang auf Gesamtjahressicht nun noch stärker ausfallen.

Die Riester-Rente kam zuletzt von mehreren Seiten unter Druck: Verbraucherverbände stören sich insbesondere an den Produktkosten und fordern einen Stopp des Systems. Die alte Regierungskoalition konnte sich nicht auf eine Reform einigen, während die Pläne der Ampel-Parteien zur Altersvorsorge bisher nur in groben Zügen erkennbar sind. Die Beitragsgarantie der Riester-Rente raubt derweil im Tiefzinsumfeld den Spielraum für eine renditeorientierte Kapitalanlage und steht damit insbesondere Fondssparplänen im Weg.

Mittlerweile sind alle großen Produktlinien betroffen: Zuerst sind die Versicherungen, die mit 10,6 Millionen Verträgen den Großteil der Riesterpläne ausmachen, sowie die kleinere Kategorie der Banksparpläne unter Druck geraten, ehe im vergangenen Jahr auch die Zahl der Fondssparpläne sowie der Wohn- und Bausparverträge nachgab (siehe Grafik). Auch sind geschätzt gut ein Fünftel der Verträge ruhend gestellt, die Versicherten zahlen aktuell also keine Beiträge. Nicht nur der Vertragsbestand sinkt, sondern auch die Zahl der geförderten Personen: Laut jüngster Schätzung des Bundesministeriums sind 2019 nur noch 10,5 Millionen Menschen gefördert worden, nachdem es drei Jahre zuvor noch 11,0 Millionen waren.

Während die Zahl der Verträge fällt, wächst aber in weiten Teilen der Finanzbranche auch heute noch der Bestand, da die Beiträge in vielen Verträgen weiter fließen: Allein die Versicherer haben im Jahr 2020 laut Branchenverband GDV Beitragseinnahmen von 5,8 Mrd. Euro über Riester-Verträge eingenommen und die versicherte Summe um 2,4% auf 164,8 Mrd. Euro ausgebaut. Bereits in den Jahren zuvor war das Volumen gestiegen. In der Fondsbranche hat die größte Riester-Anbieterin Union Investment die Volumina im Laufe der Jahre auf 25,4 Mrd. Euro per Ende September hochgezogen, auch wenn der Vertragsbestand von rund 1,8 Millionen zuletzt keine Sprünge mehr gemacht hat.

„Das ist verbrannt, das Ding“

Die neue Bundesregierung will laut Koalitionsvertrag für die Altersvorsorge nicht nur das Modell eines öffentlich verantworteten Fonds mit Abwahlmöglichkeit prüfen, sondern auch die gesetzliche Anerkennung von Anlageprodukten mit höheren Renditen als die Riester-Rente – eine Formulierung, die auf eine Reform der starren Beitragsgarantie deutet. Die Idee der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge, die sich aus Beiträgen des Bruttoeinkommens speist und eine nachgelagerte Besteuerung im Alter vorsieht, bleibe weiterhin sinnvoll, wie vor wenigen Wochen der Ökonom Bernd Raffelhüschen sagte. Doch die Riester-Rente brauche womöglich einen neuen Namen, nachdem der Ruf gelitten habe. „Das ist verbrannt, das Ding.“