Zeitenwende in der Finanzierung von Rüstungs-Startups
Zeitenwende in der Finanzierung von Rüstungs-Startups
Zeitenwende in der Finanzierung von Rüstungs-Startups
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Es gibt so etwas wie eine Zweiteilung in der Rüstungsindustrie. Während große Rüstungskonzerne wie Rheinmetall jederzeit Zugang haben zu den Fremd- und Eigenkapitalmärkten, müssen sich der ohne Ratings operierende Mittelstand und Neugründungen strecken, um kurzfristiges Betriebskapital aufzutreiben. Das brauchen sie, um vom Prototypen aus weiter zu entwickeln und dann eine skalierte Produktion aufzunehmen. Angesichts wachsender Rüstungsbudgets haben Venture-Investoren, Private-Credit-Fonds und Banken aber inzwischen einiges an Kapital mobilisiert, das auf allen Stufen von der lange verpönten Rüstungsindustrie angezapft werden kann. Vor allem der Drohnensektor zieht Kapital an mit Startups wie Helsing, Quantum Systems und Stark, die auf Aufträge von der Bundeswehr und anderen Armeen der NATO-Staaten hoffen dürfen.

Quelle: Helsing
Der Bund hilft mit dem neuen Beschaffungsbeschleunigungsgesetz, das die Teilnahme an Vergabeverfahren der Bundeswehr für Startups erleichtert. Das läuft so ab, dass von staatlicher Seite Vorleistungen erlaubt sind, um Gründer in die Lage zu versetzen, ihre Ideen bei Vergabeverfahren der Bundeswehr einzubringen. Staatliche Vorfinanzierung sei der Schlüssel, um privates Kapital in sicherheitsrelevanten Technologien zu mobilisieren, heißt es von Experten. Diese Vorfinanzierung hat den Charakter einer Brückenfinanzierung, vergehen doch selbst bei dem beschleunigten Verfahren von der Bedarfsmeldung bis zum Vertragsschluss im Schnitt mehr als vier Jahre.

picture alliance / Flashpic | Jens Krick
Welch ein Quantensprung das Beschaffungsbeschleunigungsgesetz für das politische Berlin darstellt, lässt sich daran ablesen, dass gegen den Widerstand der SPD eine Ausnahme vom Tariftreuegesetz durchgeboxt wurde. Startups könnten sonst schwerlich reinpassen in Beschaffungsverfahren. Verteidigungsminister Boris Pistorius will ihre Innovationsfähigkeiten aber unbedingt eingebunden sehen. Das ist aus Gründen der Resilienz sinnvoll, darf sich das Arsenal an Rüstungsgütern doch nicht auf wenige systemrelevante Großkonzerne konzentrieren. Klumpenrisiken gilt es zu vermeiden.
Eine App fokussiert auf die Finanzierung junger Defence-Firmen
Ein Beispiel für die privatwirtschaftliche Organisation der Rüstungsfinanzierung, das heraussticht und für Gründergeist an der Schnittstelle von Finance und Defence steht, ist das von Luftwaffen-Veteranen angeschobene Startup Ecrop. Dieses hat mit der App „Tacct“ eine auf junge Rüstungsfirmen spezialisierte Finanzierungsplattform aufgebaut. Die Zeitenwende als Investmentchance, so das Motto der Gründer und ex-Luftwaffenoffiziere Michael und Martin Stoussavljewitsch. Sie haben mit Tobias Rentsch einen Tech-Spezialisten an ihrer Seite, der als Blockchain-Pionier für die Struktur einer Emission von elektronischen Wertpapieren nach deutschem Recht sorgt.

Tacct
Konkret angeboten werden Inhaberschuldverschreibungen in der Form als Kryptowertpapier nach dem eWPG. Die erste Emission war dabei die Anleihe des bayerischen Drohnenspezialisten Donaustahl, die sehr gut angenommen wurde von einem Retail-Publikum, das mit einer Verzinsung von 7,4% für 2025 belohnt wird. Gründer Stefan Thumann ist ein bekanntes Gesicht der neuen deutschen Rüstungsindustrie, die sich autonom aufstellen will – also ohne Geld oder Bauteile aus den USA oder China. Mit Horst Rieder hatte Donaustahl kürzlich den langjährigen Finanzvorstand der KNDS-Gruppe als CFO verpflichten können. Das ist ein Coup und ein Vertrauensbeweis für ein kleines bayerisches Startup, das auf Fertigungsallianzen im deutschen Mittelstand setzt.

Donaustahl
Solche Verbundaktivitäten sind elementar für den weiteren Aufbau der Rüstungsindustrie in Deutschland. Und je besser der Kapitalzugang für Startups ist, desto schneller und bedarfsgerechter kann die Bundeswehr ausgerüstet werden. Inzwischen suchen schon weitere Startups über Tacct nach Investoren: Da ist zum Beispiel Skylance, die lasergesteuerte, störresistente Abfangsysteme entwickelt und fertigen will. DroneHammer heißt der Lenkflugkörper für die Nahbereichsverteidigung von 100 bis 1.200 Meter, der eine preiswerte Option ist, um Drohnen aller Art zu neutralisieren. Immun gegen elektronisches Jamming, ist der DroneHammer mit einem CO₂-Gefechtskopf ausgestattet, der sein Ziel mit geringen Kollateralschäden präzise vernichten soll.

Prospekt
Die Krux mit den asymmetrische Kosten
Da Russland Sabotageakte auch direkt in Deutschland verübt, zeigen neben der Bundeswehr auch die Landespolizeien Interesse am DroneHammer. 4 Mill. Euro will Skylance einsammeln und damit die Entwicklung zur Serienreife beschleunigen. Auf 8 Mill. Euro zielt die Hamburger Riseport, die frontnahen Einheiten mit KI-gestützten Sensorfunktionen bei der Aufklärung hilft. Das System detektiere „die physische Präsenz von Bedrohungen durch eine Kombination aus Akustik- und Optik-Sensoren“, heißt es im Prospekt. Damit wird z.B. teures Kriegsgerät vor der Zerstörung durch Billigwahren-Drohnen bewahrt. Man beseitigt damit „asymmetrische Kosten“, wie es in der Militärsprache heißt.

Prospekt
Drohnenhersteller peilen kurz- und mittelfristig Börsengänge an
Bis zu 8 Mill. Euro will Riseport über die Anleihe einnehmen, wobei der Gesamtkapitalbedarf von 21,3 Mill. Euro bis Ende 2027 in drei Phasen mobilisiert werden soll. Im Prospekt ist auch festgehalten, dass im Falle eines IPO die Anleihe auch in Aktien gewandelt werden könne. Ein Listing wäre natürlich eine feine Sache sowohl für Riseport als auch für den Finanzplatz. In Branchenkreisen ist zu hören, dass zwei deutsche Drohnenersteller schon für 2026 ihren Börsengang angehen wollen.
Der jüngste Coup von Donaustahl: Die Mannen um Stefan Thumann haben mit D-RAMP (Donaustahl - Rapid Ammunition Manufacturing Plant) ein Fabrikkonzept geschaffen, das den ganz besonderen Anforderungen gewachsen ist, wenn es tatsächlich zu Kriegshandlungen kommt, die auch auf deutschem Gebiet stattfinden. Unter Wahrung aller NATO/Bundeswehr-Standards wurde eine zweite Produktionslinie aufgezogen, die eine Fertigung manuell und ohne Strom erlaubt. Das mag auf den ersten Blick für uns, die wir selbst keinen Krieg erlebt haben, ein wenig archaisch klingen. Aber das, was Donaustahl da tut, sind genau die Vorkehrungen, die es braucht, damit Deutschland auch unter adversen Bedingungen handlungsfähig bleibt: Eine Fabrik, die allein mit Händen und händisch betriebener Mechanik funktionieren kann.
In 48 Stunden könne eine D-RAMP-Fertigungsstraße aufgebaut und einsatzbereit, verspricht Thumann. „Wie haben schon Sachen gebaut, da hat's noch gar keinen Strom gegeben,“ demonstriert der Donaustahl-Gründer in der ihm eigenen Art Resilienz und Kampfeswillen. Er wolle sich nicht nachsagen lassen, dass seine Fabriken stillstehen, nur weil gerade kein Strom da ist, sagt er mit einem Augenzwinkern.
