„Zentrale Aufsicht ist kein Allheilmittel“
„Zentrale Aufsicht ist kein Allheilmittel“
Im Interview: Markus Ferber
„Zentrale Aufsicht ist kein Allheilmittel“
Der CSU-Europaabgeordnete über die geplante Aufwertung der ESMA
Es sei sicherlich gut, wenn grenzüberschreitend tätige, systemische Marktakteure wie Zentralverwahrer oder Clearinghäuser alle der gleichen Aufsicht unterliegen. Aber eine zentrale Aufsicht sei kein Allheilmittel. Und sie sei auch kein Garant für eine stärkere Marktintegration, sagt Markus Ferber, Koordinator der Europäischen Volkspartei im Wirtschafts- und Währungsausschuss und CSU-Finanzexperte.
Die EU-Kommission hat ihr Marktinfrastruktur-Paket vorgestellt. Was halten Sie vom Entwurf?
Ich erkenne an, dass die EU-Kommission die richtige Diagnose durchgeführt hat. Europas Kapitalmarkt ist stark fragmentiert. Und ja, die Zahl der Clearinghäuser in Europa ist sicherlich größer als erforderlich. Oder anders gesagt: Das Forint-Risiko ließe sich auch in Frankfurt clearen.
Aber?
Es stellt sich die Frage, wie die EU zu einer engeren Marktintegration beitragen kann. Was die Antwort angeht, die die EU-Kommission auf diese Frage gibt, habe ich meine Zweifel.
Warum?
Die EU-Kommission setzt im Vorschlag für das Marktinfrastruktur-Paket insbesondere auf eine Zentralisierung der Aufsicht. Ich erkenne nicht, dass das zwangsläufig eine Marktintegration oder eine Konsolidierung auf Seiten von Handelsplätzen, Clearinghäusern oder Verwahrstellen nach sich ziehen würde.
Worauf genau gründen denn Ihre Zweifel?
Ich erinnere an die Erfahrungen mit dem Single Supervisory Mechanism, also mit der einheitlichen Aufsicht über die großen Banken in der EU. Das hat auch nicht zu einer grenzüberschreitenden Konsolidierung geführt. Und es hat übrigens auch keine Umsiedelungswelle von Banken an den Finanzplatz Frankfurt ausgelöst, nur weil dort der SSM zu Hause ist. Ich empfehle daher, Standortdebatten aus der Frage nach einer Zentralisierung der Aufsicht herauszuhalten.
Halten Sie es denn generell für falsch, der EU-Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA mehr Zuständigkeiten zu übertragen?
Man kann ja darüber reden. Es ist sicherlich gut, wenn grenzüberschreitend tätige, systemische Akteure wie Zentralverwahrer oder Zentrale Gegenparteien alle der gleichen Aufsicht unterliegen. Sei es, in dem die ESMA sicherstellt, dass Gleiches von den nationalen Aufsehern auch gleich bewertet wird. Oder sei es, indem die Aufsicht bei der ESMA gebündelt wird. Aber eine zentrale Aufsicht ist kein Allheilmittel. Und kein Garant für eine stärkere Marktintegration.
Was könnte Ihrer Meinung nach zu einer stärkeren Marktintegration in Europa beitragen?
Sicherlich wären Harmonisierungen im Steuer- und Insolvenzrecht hilfreich. Ich verstehe ja, dass die EU-Kommission sie im Marktinfrastruktur-Paket nicht adressieren möchte – allein schon, weil in Steuerfragen Einstimmigkeit erforderlich ist und schon viele Anläufe gescheitert sind. Aber dann darf man sich auch nicht wundern, wenn es nicht gelingt, die Fragmentierung zu überwinden.
Und wie könnte die Europäische Union die Konsolidierung der Marktbetreiber und Nachhandelsinfrastrukturen unterstützen.
Es kommt auf die Wettbewerbshüter an. Es ist entscheidend, wie sich die Generaldirektion Wettbewerb verhält. Denn die hat ja in den vergangenen Jahren den Versuch von Konsolidierungsschritten wie von Deutscher Börse und LSE oder Deutscher Börse und Euronext nicht befördert, sondern behindert. Ohne Begleitmusik der Generaldirektion Wettbewerb wird das aber nicht funktionieren.
Die Fragen stellte Detlef Fechtner.
