Commerzbank steckt Zinssenkungen weg
Zinsüberschuss beflügelt Commerzbank
lee Frankfurt
Nach einem Rekordgewinn im ersten Halbjahr hat die Commerzbank die Ziele für 2025 nach oben justiert. Wie das Institut am Mittwoch mitteilte, rechnet es nun mit einem Nettoergebnis von rund 2,9 Mrd. Euro. Nach Abzug der anteiligen Kosten für den angekündigten Stellenabbau sollen davon rund 2,5 Mrd. Euro verbleiben. Bislang hatte Konzernchefin Bettina Orlopp 2,4 Mrd. Euro in Aussicht gestellt.

Ausschlaggebend für die positive Entwicklung ist offenbar der Zinsüberschuss, der trotz vier Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank in diesem Jahr weiterhin sprudelt. Bislang hatte die Commerzbank hier für das gesamte Jahr mit 7,8 Mrd. Euro gerechnet, nun erwartet sie 8,0 Mrd. Euro. Die Prognose für den Provisionsüberschuss belässt das Institut unverändert ebenso wie das Risikoergebnis, das im Gesamtjahr mit rund 850 Mill. Euro zu Buche schlagen werde.
Provisionsüberschuss legt zweistellig zu
Die Ertragsentwicklung entsprach mit einem Anstieg von etwa 13% auf 3,0 Mrd. Euro exakt der Konsensschätzung der Analysten. Der Zinsüberschuss hielt sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in etwa stabil bei 2,1% und lag damit ebenfalls im Rahmen der Erwartungen. Etwas besser als erwartet entwickelte sich der Provisionsüberschuss, der den Angaben zufolge dank eines starken Kundengeschäfts um 10% auf 1 Mrd. Euro stieg. Analysten hatten dem Institut hier 985 Mill. Euro zugetraut. Diese Kennzahl ist bedeutsam, weil sie weniger von externen Faktoren abhängig ist und daher stabilisierend wirkt.
Um höhere Provisionseinnahmen zu erzielen, hat die Commerzbank angekündigt, Bankdienstleistungen teurer zu machen. Besonders sichtbar ist dies im Privatkundengeschäft, in dem das Institut über Jahrzehnte nicht nur mit kostenlosen Girokonten warb, sondern Neukunden auch noch mit einem Willkommensbonus beglückte. Hier hat das Institut in diesem Jahr durch die Einführung von Kontogebühren eine drastische Kursänderung vollzogen.
Kontogebühren generieren Erträge
Im Rahmen der Zwei-Marken-Strategie ist nur noch das digitale Comdirect-Konto kostenlos, Kunden der Premiummarke Commerzbank zahlen 4,90 Euro im Monat, wofür ihnen das Institut Beratungsdienstleistungen und eine flächendeckend kostenfreie Nutzung von Geldautomaten bietet. Den Angaben zufolge hat inzwischen die Mehrheit der Commerzbank-Kunden dem neuen Preismodell zugestimmt, seit Juni erziele das Institut damit zusätzliche Erträge.
Trotz Rezession fiel auch das Risikoergebnis, das sich abzeichnende Kreditausfälle abfedern soll, besser aus als erwartet. Die Analysten hatten hier mit einem geringfügigen Anstieg auf 202 Mill. Euro gerechnet, tatsächlich buchte die Commerzbank hier aber nur 176 Mill. Euro ein, was allerdings zum Teil einer methodischen Veränderung geschuldet war. Auch wenn diese die Sensitivität für makroökonomische Effekte erhöhen soll, indem sie zum Beispiel gut 90 Mill. Euro für die potenziellen Auswirkungen der US-Zölle beinhaltet, führte die neue Methodik unter dem Strich zu einer Entlastung von 40 Mill. Euro. Der Anteil an faulen Krediten (Non-Performing-Loans/NPL) am gesamten Kreditportfolio betrug den Angaben zufolge 1,1%.
Kostendisziplin gehalten
Das operative Ergebnis stieg den Angaben zufolge um 34% auf rund 1,17 Mill. Euro. Nach Steuern, Minderheiten und Restrukturierungsaufwendungen verbleibt davon ein Nettoergebnis von 462 Mill. Euro, nach 538 Mill. Euro im Vorjahr. Die Aufwands-Ertrags-Quote lag mit 56% wie von den Analysten erwartet unter dem internen Zielwert von 57%.
Lässt man die Restrukturierungskosten außen vor, belief sich die Nettoeigenkapitalrendite (RoTE) im zweiten Quartal auf 10,7%, nach 7,3% im Vorjahreszeitraum. Im ersten Halbjahr lag sie damit sogar bei 11,1%. Gut möglich also, dass die Commerzbank die für das Gesamtjahr in Aussicht gestellten 9,6% übertreffen wird.
Weiterer Aktienrückkauf beantragt
Wie die Commerzbank mitteilt, hat sie angesichts der starken Geschäftsentwicklung einen weiteren Aktienrückkauf im Volumen von 1 Mrd. Euro auf den Weg gebracht. Die harte Kernkapitalquote (CET1) sank infolge des laufenden Programmes von 15,1% (per 31. März) auf 14,6%. Den Abstand zur regulatorischen Mindestanforderung von derzeit 10,2% bezeichnet das Institut als sehr komfortabel.
Die Aktienrückkäufe führen allerdings auch dazu, dass sich der Aktienanteil der an einer Übernahme interessierten italienischen Großbank Unicredit erhöht. Zuletzt war ihr Anteil dadurch auf 20% gestiegen, das Institut hat sich nach eigenen Angaben Zugriff auf weitere 10% gesichert. Beim Erreichen der Schwelle von 30% ist neben einem neuen Inhaberkontrollverfahren bei der Europäischen Zentralbank (EZB) auch ein öffentliches Angebot fällig.