ZURICH INSURANCE

Zweckheirat

Die Zurich Insurance braucht mindestens einen weiteren Monat, um sich über ihre Absichten mit der britischen RSA Insurance klar zu werden. Liebesheiraten sehen anders aus. Aber die Idee einer Verbindung zwischen den beiden Assekuranzkonzernen ist ja...

Zweckheirat

Die Zurich Insurance braucht mindestens einen weiteren Monat, um sich über ihre Absichten mit der britischen RSA Insurance klar zu werden. Liebesheiraten sehen anders aus. Aber die Idee einer Verbindung zwischen den beiden Assekuranzkonzernen ist ja auch nur das Produkt nüchterner Pragmatiker. Beide Seiten stehen unter erheblichem Zugzwang. Die RSA-Aktien waren in den vergangenen Jahren eine Luftnummer, und erst das Interesse der Zurich hat daran etwas geändert. Große Investoren wie der erst im vergangenen Jahr zugestiegene Investmentfonds Cevian Capital (13,1 %) wären einem guten Angebot der Schweizer zweifellos mehr zugeneigt als einer potenziell langwierigen Fortsetzung des Restrukturierungsprozesses mit unsicherem Ausgang.Unter Druck steht aber auch die Zurich Insurance mit ihrem Chef Martin Senn, dem die Investoren schon seit geraumer Zeit zu wenig Wachstum und zu wenig Mut zum Risiko vorhalten. Seit Anfang 2010, als Senn die Leitung des Unternehmens übernommen hatte, legten die Aktien nur rund 15 % zu. Sie liegen damit weit hinter dem Stoxx Europe 600 Insurance Index zurück, der in der gleichen Zeit 75 % zugelegt hat. Die Zurich-Investoren sind unzufrieden, und Senn müsste deshalb ein großes Interesse an einem strategischen Befreiungsschlag haben. Es steht ihm dafür sogar ein Überschusskapital von 3 Mrd. Dollar zur Verfügung, um die größte Übernahme des Versicherungskonzerns seit 18 Jahren zu stemmen.Ein beherzter Zug könnte der etwas eingeschlafenen Karriere des 58-jährigen Baslers in der Tat frischen Schwung verleihen, doch klar ist: Ein Missgriff würde das sofortige Ende seiner Laufbahn bedeuten. Im Zweifelsfall hätte Senn natürlich weiterhin die Möglichkeit, den RSA-Deal abzublasen und die überschüssigen Mittel in Fortsetzung der bisherigen Praxis an die Aktionäre zurückzuführen.Ein solcher Entscheid wäre insofern auch nicht abwegig, als die Zurich-Aktionäre bislang noch wenig Begeisterung für einen Kauf von RSA erkennen ließen, schiebt die einstige Royal Insurance and Sun Alliance doch ein größeres Problem mit der Pensionskasse vor sich her. Die Kursentwicklung der Zurich-Aktien zeigt aber auch, dass die alte, defensive Strategie bei den Eigentümern nicht mehr allzu viele Freunde hat. Senn kann das Dilemma nur auflösen, wenn er den Kauf zu einem Preis abschließt, den seine Aktionäre klar als günstig einstufen. Er kann deshalb nur hoffen, dass der Leidensdruck der RSA-Aktionäre größer ist als sein eigener.