DZ Bank setzt auf Zukunftsthema ESG
Zwischen Petrischale und Vorstandsetage
wbr Frankfurt
Von Wolf Brandes, Frankfurt
Als Kind lernte Lennart Stackebrandt, Bakterien in einer Petrischale zu züchten – heute entwirft er als Leiter Nachhaltigkeit bei der DZ Bank Strategien, um die Bank klimafest zu machen. Seit Dezember 2024 ist Stackebrandt der neue Kopf für Nachhaltigkeit des genossenschaftlichen Spitzeninstituts und damit zentraler Ansprechpartner für ein strategisches Zukunftsthema der Bank.
Die Position des ESG-Verantwortlichen bei der DZ Bank war zuvor längere Zeit unbesetzt, nun füllt sie der 35-Jährige. „Die Relevanz von Nachhaltigkeit ist offenkundig. Wir sehen die Auswirkungen weltweit: seien es Überschwemmungen in Südostasien oder Dürren in Afrika. Solche Ereignisse haben oft große Dominoeffekte – von Ernteausfällen bis zu Migrationsbewegungen“, sagt er.
Start als McKinsey-Berater
Stackebrandt bringt dafür ein Jahrzehnt Beratungserfahrung mit: Von 2014 bis 2024 arbeitete er bei McKinsey, wo er anfangs zu klassischen Bankthemen beriet und später Unternehmen beim Aufbau von ESG-Strategien und nachhaltigen Geschäftsmodellen unterstützte – auch die DZ Bank selbst beriet er in dieser Rolle. Seine ersten Berührungspunkte mit der Thematik hatte er 2021, als er das übergreifende Nachhaltigkeitsprogramm mit aufbaute. Jetzt verantwortet er die Weiterentwicklung und Umsetzung der unternehmensweiten Nachhaltigkeitsstrategie aus der Innenperspektive.
Steuerung über Preise
Geboren in Braunschweig, studierte Stackebrandt Volkswirtschaftslehre an der Universität Mannheim. Die Verbindung zu Natur und Umwelt hat er schon früh entwickelt – nicht zuletzt durch seine Eltern, beide Biologen. „Schon als Elfjähriger musste ich eine Petrischale mit Bakterien befüllen“, erinnert er sich. Auch heute sind Natur und Bewegung für ihn wichtig: In seiner Freizeit steigt er gerne aufs Rennrad.
Als Leiter Nachhaltigkeit ist er nicht nur intern gefragt, sondern auch extern vernetzt: Er ist Mitglied in der VÖB-Kommission „Sustainable Finance“. Dort tauscht er sich mit anderen Branchenvertretern über regulatorische Entwicklungen und Markttrends aus. Ein wichtiges Steuerungsinstrument sieht er in einem steigenden CO2-Preis: „Nur wenn Kosten für Emissionen internalisiert werden, entsteht ein wirksamer Markt- und Steuerungsmechanismus.“
Die DZ Bank selbst hat ESG und Nachhaltigkeit klar in ihre Governance integriert. CEO Cornelius Riese verantwortet das Thema direkt, gesteuert wird es gruppenweit über das Group Sustainability Committee sowie eine operative Nachhaltigkeits-Koordinationsrunde. Die Bank berichtet im Nachhaltigkeitsbericht 2024 erstmals nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) im Rahmen des Konzernlageberichts. Themen wie Wesentlichkeitsanalyse, physische Risiken und Übergangsrisiken sowie die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in bestehende Risikoarten sind fester Bestandteil.
Vieles ist Aufgabe der Politik
Stackebrandt schätzt an seiner neuen Aufgabe bei der Großbank die inhaltliche Vielfalt: „Kaum ein anderes Thema berührt so viele Bereiche einer Bank – unter anderem Strategie, Marktbereiche, Risikomanagement, Compliance, Kommunikation.“ Gleichzeitig mahnt der ESG-Experte, die Verantwortung für das Thema nicht allein auf Finanzinstitute zu verlagern: „Banken haben beim Thema Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle, aber die Verantwortung wird teilweise zu stark auf sie übertragen. Vieles ist eigentlich Aufgabe der Politik.“