Weg für Industriestrompreis frei

EU-Kommission lockert Beihilferegeln für grüne Transformation

Die EU-Kommission hat ihre Beihilferegeln bis 2030 gelockert, dass die Mitgliedsstaaten leichter Strompreis-Subventionen verteilen können. Beifall kam prompt aus Berlin.

EU-Kommission lockert Beihilferegeln für grüne Transformation

Brüssel lockert Beihilferegeln für grünen Umbau der Wirtschaft

EU-Kommission ebnet Weg für Strompreis-Subventionierung energieintensiver Industrien und verspricht schnelle Genehmigungen – Lob aus Berlin

ahe/fed Berlin/Brüssel

Europas Staaten sollen heimische Unternehmen künftig einfacher und umfangreicher bei der nachhaltigen Transformation unterstützen dürfen. Zu diesem Zweck passt die EU-Kommission ihren beihilferechtlichen Rahmen an und erlaubt, was sonst aus wettbewerbsrechtlichen Gründen verboten ist: Das Clean Industrial Deal State Aid Framework, kurz CISAF, soll die bestehenden EU-Beihilfevorgaben nicht ersetzen, sondern ergänzen. Mitgliedstaaten müssen die Optionen, die es zur Entlastung und zur aktiven Unterstützung von Unternehmen seitens des Staats bietet, nicht nutzen. Sie können es aber – zumindest bis Ende 2030. Mit dieser zeitlichen Perspektive eines temporären Rahmens will die EU-Kommission Investoren Planungssicherheit geben.

Ein zentraler Punkt aus deutscher Sicht ist, dass die EU-Behörde die Möglichkeit für Strombeihilfen geschaffen hat. Zwar ist noch nicht klar, inwiefern sich die Berliner Pläne für einen Industriestrompreis in allen Aspekten in den neuen EU-Rahmen einfügen. Allerdings ist der Weg für Modelle zur Strompreis-Subventionierung energieintensiver Industrien damit generell geebnet. „Die relevanten Passagen in CISAF entsprechen im Groben den bisherigen Plänen der Bundesregierung“, lautet die Einschätzung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). 

Nicht ohne Gegenleistungen

Mitgliedstaaten können Unternehmen in global besonders wettbewerbsintensiven Branchen, die zudem viel Energie benötigen, eine Subventionierung der Strompreise anbieten. Umfang und Höhe dieser Unterstützung sind begrenzt. Als Gegenleistung für die Preisunterstützung werden die Unternehmen verpflichtet, in die Dekarbonisierung zu investieren. Nationale Regierungen können zugleich schneller Investitionsprojekte der grünen Transformation begünstigen.

Die Verwaltungsvorgänge wurden gestutzt, etwa durch Wegfall verpflichtender öffentlicher Konsultationen. Die EU-Wettbewerbshüter sagen zu, dass sie nationale Beihilferegelungen zur Förderung umweltfreundlicher Industrien – wie etwa der Einführung erneuerbarer Energien und kohlenstoffarmer Kraftstoffe oder der Dekarbonisierung bestehender Produktionsanlagen – rasch absegnen. Die neuen Beihilferegeln gelten bis 2030.

Mehr privates Kapital mobilisieren

Schließlich enthält der beihilferechtliche Rahmen auch Maßnahmen, die es Investoren einfacher machen sollen, sich mit privatem Kapital zu engagieren. So wird den EU-Staaten erlaubt, das Risiko von Investitionsvorhaben der grünen Transformation, der Energieinfrastruktur und der Kreislaufwirtschaft durch Darlehen, Garantien oder staatliche Eigenkapitalengagements – über Fonds oder Zweckgesellschaften – zu reduzieren. Und schließlich sind auch steuerliche Anreize erlaubt. Dass im Rahmen der Projekte, etwa in Zusammenhang mit Wasserstoff, Gas oder Atomkraft zum Einsatz kommt, ist nicht ausgeschlossen.

Gemischte Reaktionen

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche lobte die neuen Beihilferegeln als „pragmatisch, technologieoffen und zukunftsgerichtet“. Der CISAF schaffe ein neues Instrument, die globale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Unternehmen zu stärken, so die CDU-Politikerin. Die schwarz-rote Bundesregierung hatte den Industriestrompreis in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen. Dem Wirtschaftsministerium schwebt eine Entlastung energieintensiver Unternehmen von 5 Cent je Kilowattstunde vor, was bis Ende 2030 insgesamt etwa 10 Mrd. Euro kosten würde.

Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) begrüßt das Update des Beihilferahmens. Obwohl das Korsett an einigen Stellen noch zu eng sei, sei dies „ein echter Schritt nach vorn“. Brüssel gebe den Mitgliedstaaten endlich mehr Beinfreiheit für Beihilfen. Allerdings benötigten stromintensive Unternehmen eine noch größere Entlastung – einfach und schnell.

Der BDEW sieht es als Problem an, dass eine relativ große Absicherung des Preisrisikos möglich ist – was sich auf Preise für Unternehmen auswirke, die nicht zu den Begünstigten zählten. Für den Bundesverband Erneuerbarer Energien gehen die Regeln in die falsche Richtung, weil es eine weitergehende Beihilfefähigkeit von dekarbonisierten Energieträgern auf fossiler und atomarer Basis gibt. Dies drohe die Energiewende zu behindern.