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Exxon verklagt ESG-Investoren

Der Ölkonzern Exxon Mobil verklagt Nachhaltigkeitsgruppen, die sich für eine schnellere und großflächigere Reduktion von Treibhausgasen stark machen. Der Schritt ist die jüngste Ausprägung eines zunehmend eskalierenden politischen Konflikts in den USA, in dessen Zuge ESG-Anlageprodukten im großen Stil Mittel abfließen.

Exxon verklagt ESG-Investoren

ESG wird in USA zum Zankapfel

Ölkonzern ExxonMobil klagt gegen Einmischung durch Nachhaltigkeitsinvestoren – Grüne Anlageprodukte im Abschwung

xaw New York

Der Konflikt um grüne und soziale Anlagen in den USA eskaliert zunehmend. Nachdem republikanische Politiker in den vergangenen Monaten mit harten Maßnahmen gegen ESG-Investoren vorgegangen sind, wehrt sich mit ExxonMobil nun auch ein großer Wirtschaftsvertreter selbst gegen Nachhaltigkeitsbefürworter unter seinen Aktionären. So hat der Ölkonzern am Sonntag bei einem US-Bundesgericht in Texas Klage gegen den Investmentberater Arjuna Capital und die niederländische Aktivistengruppe Follow This eingereicht: Diese hätten ihre Beteiligungen an ExxonMobil nur aufgebaut, "um das bestehende Geschäft des Unternehmens zu schmälern", heißt es darin.

Forderung nach großflächigerer Kohlendioxid-Reduktion

Arjuna hatte im Dezember einen Antrag vorgelegt, gemäß dem der Ölriese sich zu Maßnahmen verpflichten solle, die "über die aktuellen Pläne hinausgehen, um das Tempo der Emissionsreduktionen mittelfristig zu beschleunigen". Follow This hatte die Forderungen kurz darauf unterzeichnet. Konkret fordern die Aktivisten, dass ExxonMobil nicht nur den eigenen Treibhausgasausstoß verringern sollte, sondern auch die Emissionen von Zulieferern und Kunden in Angriff nehmen solle. Gemäß der Klage wäre der Konzern damit gezwungen, seinen Produktmix radikal umzustellen oder Erzeugnisse aus dem Sortiment zu nehmen. Damit verfolgten Arjuna und Follow This das Ziel, dass ExxonMobil die "Natur ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit ändern oder den Betrieb einstellen" müsse.

Der Antrag verstößt nach Darstellung des Konzerns also gegen Regeln der US-Börsenaufsicht SEC, die verhindern sollen, dass sich Aktivisten mit kleinteiligen Vorgaben in den täglichen Betrieb von Unternehmen einmischen. Nach geltenden Regularien können Aktiengesellschaften zudem Anträge aus ihren Stimmrechtsdokumenten ausschließen, wenn diese substanziell schon in den vergangenen fünf Jahren gestellt und abgelehnt worden sind sowie die Kriterien für eine Neuabstimmung nicht erfüllen.

Anträge verlieren Unterstützung

ExxonMobil argumentiert, dass der Antrag in ähnlicher Form schon den Hauptversammlungen 2022 und 2023 vorgelegen habe. Im vergangenen Jahr hätten lediglich 10,5% der berechtigten Aktionäre für diesen votiert, womit der Anteil der Pro-Stimmen unterhalb der Mindestanforderung von 15% für eine Neuvorlage geblieben sei. Auch bei Rivale Chevron erteilte die Masse der Aktionäre Versuchen eine Absage, Verpflichtungen zur schnelleren Reduktion von Emissionen oder ein Reporting nach Klimaschutz-Benchmarks zu erwirken. So gut wie alle ESG-Vorschläge auf den Hauptversammlungen beider Konzerne erreichten eine Zustimmungsrate von unter 25%.

Die Entwicklung steht exemplarisch für einen Trend an der Wall Street. Investoren zogen laut dem Analysedienst Morningstar 2023 mehr als 13 Mrd. Dollar aus US-Nachhaltigkeitsfonds ab – damit stand das schwächste Jahr seit Beginn der Datenerfassung vor einer Dekade zu Buche. Die Analysten führen dies auf die schwächere Performance gegenüber Standard-Aktienvehikeln in den vergangenen beiden Jahren sowie politischen Druck zurück.

Koordinierte Kampagne von rechts

Zwar beinhaltet der im August 2022 verabschiedete Inflation Reduction Act von Präsident Joe Biden milliardenschwere Anreize für Investitionen in erneuerbare Energien. Doch republikanisch dominierte Bundesstaaten, konservative Thinktanks und rechtsgerichtete Interessengruppen verfolgen laut der Ratingagentur S&P Global eine eng koordinierte Kampagne, um Assetmanager abzustrafen, die sich Investitionen in die Öl-, Gas- und Bergbauindustrie verweigern.

Texas legte bereits 2022 eine Liste von zehn Vermögensverwaltern und nahezu 350 Fonds vor, die angeblich Energieunternehmen boykottieren. Der dortige Rechnungsprüfer forderte staatliche und kommunale Pensionsfonds auf, ihre Beteiligungen an den aufgeführten Dienstleistern und Anlagevehikeln abzubauen. Florida kündigte unterdessen an, 2 Mrd. Dollar aus Anlagevehikeln von Blackrock abzuziehen, und verwies dabei auf die Unterstützung des weltgrößten Assetmanagers für Nachhaltigkeit.

Konzern im Wandel

ExxonMobil will unterdessen bis 2050 mit Blick auf die eigenen Operationen Nettonullemissionen erreichen. Der Konzern leugnete den Effekt fossiler Brennstoffe auf das Klima noch bis ins Jahr 2006 und bewegte sich nach Ansicht von Investoren auch in den Folgejahren zu langsam in Richtung CO2-Reduktion. Im Jahr 2021 verlor das Unternehmen eine Auseinandersetzung mit der Investmentfirma Engine No. 1, die drei Plätze im Exxon-Verwaltungsrat besetzte und den Ölriesen dazu antrieb, sich für die Klima-Transition vorzubereiten. Nun kocht der nächste Konflikt hoch – in einem Umfeld, das vor den US-Präsidentschaftswahlen deutlich ESG-feindlicher geworden ist.

Der Ölkonzern ExxonMobil verklagt Nachhaltigkeitsgruppen, die sich für eine schnellere und großflächige Reduktion von Treibhausgasen starkmachen. Der Schritt ist die jüngste Ausprägung eines politischen Konflikts in den USA, in dessen Zuge ESG-Anlageprodukten im großen Stil Mittel abfließen.

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