Wertpapieraufsicht

ESMA knöpft sich Neobroker vor

Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA mahnt die Retail-Brokerage-Industrie an, sich an Verbraucherschutzvorschriften zu halten, die sich aus Mifid II ergeben. Kritik gibt es an den Rückvergütungen.

ESMA knöpft sich Neobroker vor

bg Frankfurt

Die europäische Wertpapieraufsicht ESMA mahnt die Retail-Brokerage-Industrie, sich an die Verbraucherschutzvorschriften, die sich aus der Mifid II ergeben, zu halten. In einem am Dienstag veröffentlichten Schreiben heißt es, dass bei den als „Payment for Order Flow“ (PFOF) bekannten Rückvergütungen von Marketmakern und Handelsplätzen eine Kompatibilität mit Mifid II „in den meisten Fällen unwahrscheinlich“ sei. ESMA-Interimschefin Anneli Tuominen ruft deshalb nationale Aufseher auf, die Überprüfung der PFOF-Praktiken bei den anstehenden Aktivitäten für Ende 2021 und 2022 zu priorisieren.

Rückvergütungen sind nur noch in wenigen europäischen Ländern üblich, darunter Deutschland. Dort prüft die BaFin seit Jahren unter dem Aspekt, ob das vom Broker gewählte Trading-Modell für den Privatanleger unterm Strich positiv ist und dass die Rückvergütungen immer in eine verbesserte Qualität der Dienstleistung investiert werden – wobei für die Handelsausführung selbst stets „Best Execution“ gilt.

Im jüngsten BaFin-Journal vom Juni hatte die BaFin den Neobrokern ein eigenes Kapitel gewidmet und darauf hingewiesen, dass Anleger sich von angeblichen Gratisangeboten nicht blenden lassen sollten, denn diese seien in Wirklichkeit nicht kostenlos. Anleger würden über die Marketmaker mit Transaktionskosten, die besonders außerhalb der regulären Börsenzeiten hoch sind, belastet. Einen Teil aus der Marge, die aus dem Spread von Geld- und Briefkurs entsteht, reichen die Marketmaker dann an den Broker weiter, so entsteht der in der Regel vertraglich festgelegte Payment for Order Flow.

Das greift die ESMA nun auf, indem sie den Anreiz der hohen Rückvergütung für den Broker als „klaren Interessenkonflikt“ gegenüber dem Anspruch des Kunden auf einen bestmöglichen Trading-Service bezeichnet. Die Broker seien dazu aufgerufen, selbst einzuschätzen, ob sie mit den Anreizen der Rückvergütungen noch in der Lage seien, relevante Mifid-Vorschriften zu erfüllen. ESMA und BaFin beäugen kritisch, dass mancher Neobroker bei der Auswahl der Handelsplätze gezielt auf jene lockt, die hohe Rückvergütungen gewähren, aber schlechtere Kurse stellen.

Nebenstehender Kommentar

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.