Quartalszahlen

US-Banken eröffnen Bilanzsaison

Der Zinsanstieg hinterlässt eine Bremsspur im Investmentbanking. Dank eines robusten Kreditgeschäfts bleiben die Gewinnrückgänge bei Morgan Stanley, J.P. Morgan und Citigroup aber wohl im Rahmen.

US-Banken eröffnen Bilanzsaison

lee Frankfurt

Auch der warme Dividendenregen, den viele US-Banken nach dem überstandenen Stresstest auf ihre Aktionäre niederprasseln ließen, täuscht nicht darüber hinweg, dass die fetten Zeiten für die Wall-Street-Banken, zumindest im Investmentbanking, vorerst vorüber sind.

Wenn am kommenden Donnerstag die Großbanken J.P. Morgan Chase und Morgan Stanley die Quartalssaison eröffnen, rechnen die Auguren mit rückläufigen Gewinnen. Bereits im ersten Quartal hatte sich abgezeichnet, dass der M&A-Boom, der im vergangenen Jahr die Gewinne noch sprudeln ließ, ausläuft. Die Entscheidung der US-Notenbank, der mit Wucht zurückgekehrten Inflation mit einer Leitzinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte zu begegnen, hat einen Prozess der allgemeinen Umschichtung und Neubewertung losgetreten. In diesem Umfeld, so beklagen Investmentbanker, liegen die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern so weit auseinander, dass manches Fusionsvorhaben zumindest auf Eis gelegt wird. Gleiches gilt für den IPO-Markt, in dem mit dem Ausverkauf der Technologiewerte ein Bewertungsniveau erreicht wurde, das die Börse als Kapitalquelle für Gründer und ihre Risikokapitalgeber reichlich unattraktiv macht.

Im Vergleich unterbewertet

In den weiteren Geschäftsfeldern der großen Wall-Street-Banken seien die Aussichten dagegen so schlecht nicht, schrieb kürzlich der Branchenanalyst Christ Kotowski von Oppenheimer in einer Sektorbetrachtung. Im Vergleich zu anderen Branchen, die etwa mit Lieferkettenproblemen zu kämpfen hätten, seien die Herausforderungen für den Bankensektor recht überschaubar. Zumindest solange die Kreditqualität stabil bleibt, wovon Kotowski zumindest noch auf absehbare Zeit ausgeht. Solange sich die Anzeichen für eine Rezession nicht verdichten, sind die US-Banken in seinen Augen daher im Vergleich zu anderen Branchen unterbewertet.

Für kaufenswert hält Kotowski wie die meisten seiner Kollegen unter anderem die Aktie von Morgan Stanley. Analysten erwarten von der Bank im Durchschnitt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Rückgang der Ertragserlöse um rund 1,1 Mrd. Dollar auf 13,7 Mrd. Dollar. Für den Gewinn pro Aktie (Earnings per Share, EPS) veranschlagen sie im Durchschnitt 1,62 Dollar nach 1,89 Dollar im Vorjahreszeitraum.

Ebenfalls am Donnerstag wird J.P. Morgan Chase ihr Zahlenwerk vorlegen. Hier gehen die Analysten laut der Konsensschätzung von Ertragserlösen aus, die sich mit 31,8 Mrd. Dollar geringfügig über dem Vorjahresniveau von 31,4 Mrd. Dollar bewegen. Der Gewinn pro Aktie wird Bloomberg zufolge bei 2,92 Dollar liegen, nach 3,83 Dollar im Vergleichszeitraum.

Von den ganz großen Finanzkonzernen der USA stellt in der kommenden Woche auch die Citigroup ihre Quartalszahlen vor. Analysten er­warten im Durchschnitt Umsatzerlöse in Höhe von 18,3 Mrd. Dollar, was im Vergleich zum Vorjahr einem deutlichen Rückgang von fast 8% entsprechen würde. Den zu erwartenden Gewinn pro Aktie beziffern sie auf 1,67 Dollar nach 2,69 Dollar im Vorjahr. In der zweiten Reihe werden zum Wochenausklang außerdem US Bankcorp und Wells Fargo über den Geschäftsverlauf im zweiten Quartal berichten.