Finanzmarktkalender17./18. Juni

US-Notenbank bleibt in einer Warteschleife

Die US-Notenbank sieht sich mit einer nachlassenden Inflation und einer befürchteten Abschwächung am Arbeitsmarkt konfrontiert. Die Zollpolitik des US-Präsidenten und die schwer bezifferbaren ökonomischen Folgen dessen verhindern jedoch, dass die Fed eine Zinssenkung beschließen wird.

US-Notenbank bleibt in einer Warteschleife

17./18. Juni

Fed in der Warteschleife

Die US-Notenbank sieht sich mit einer nachlassenden Inflation und einer befürchteten Abschwächung am Arbeitsmarkt konfrontiert. Die Zollpolitik des US-Präsidenten und die schwer bezifferbaren ökonomischen Folgen dessen verhindern jedoch, dass die Fed eine Zinssenkung beschließen wird.

Von Peter De Thier, Washington

Vor seiner vierten Sitzung im laufenden Jahr bleibt der Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed in einer Warteschleife. Die Währungshüter nehmen einerseits mit Genugtuung zur Kenntnis, dass der Inflationsdruck in den vergangenen Monaten weiter nachgelassen hat. Zudem registrieren Sie mit zunehmender Besorgnis eine Abschwächung am Arbeitsmarkt.

In einem normalen ökonomischen Umfeld wären somit die Voraussetzungen gegeben für die vierte Zinssenkung seit vergangenem Jahr. Abhalten tut sie davon allerdings die erratische Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. Die FOMC- Mitglieder tappen aber diesbezüglich völlig im Dunkeln. Weder wissen sie, welche der von Trump angedrohten Strafzölle Bestand haben werden. Noch können sie derzeit voraussagen, wie hoch die inflationären Effekte der Zölle sein dürften.

Keine Zinssenkung vor September

Klar ist vor dem zweitägigen Treffen in der kommenden Woche lediglich, dass die hohe Unsicherheit über die Auswirkungen der Handelspolitik bei der Notenbank überwiegen. An den Märkten ist nämlich eine Verlängerung der seit Dezember geltenden Zinspause bereits eingepreist. Das FedWatch Tool der CME Group geht mit nahezu 100-prozentiger Sicherheit davon aus, dass der Zielkorridor für den Leitzins sich weiter bei 4,25-4,5 % bewegen wird. Das dürfte bei jetzigem Stand auch im Juli so bleiben. Eine Lockerung um 25 Basispunkte ist demnach frühestens im September zu erwarten.

Der Rückgang der Teuerung ist alle mal ermutigend. Der PCE-Preisindex, das bevorzugte Inflationsmaß, der Fed, legte im April gegenüber dem Vormonat um nur 0,1% zu, und zwar sowohl an der Gesamtrate als auch der Kernrate gemessen. Auf Jahressicht stieg der PCE Deflator um 2,1%, und ohne die volatilen Energie-  und Lebensmittelpreise um 2,5%. Damit ist die Zielgröße von 2,0% theoretisch in greifbarer Nähe. Unklar bleibt eben nur, ob
der Trend andauern wird. Schließlich werden ohne eine erfolgreiche Verhandlungslösung die Zölle gegen die EU am 9. Juli greifen. 

Schwierige Konjunkturprognosen

Schwierig gestaltet sich auch die Lage am Arbeitsmarkt. So ermittelte im Mai das BLS (Bureau of Labor Statistics) außerhalb der Landwirtschaft 139.000 Neueinstellungen. Das liegt um 10.000 unter dem Schnitt der vergangenen zwölf Monate. Zwar blieb die Arbeitslosenquote unverändert bei 4,2%.

Allerdings rechnen einige der Notenbanker damit, dass die Ungewissheit über den Konjunkturverlauf den Arbeitsmarkt abwürgen könnte. Große Aufmerksamkeit werden die Märkte in diesem Zusammenhang auch den neuen Prognosen des FOMC schenken. Im März hatten die Währungshüter für das laufende Jahr eine Wachstumsrate von 1,7% vorhergesagt, sowie eine Arbeitslosenquote von 4,4% und eine PCE-Kerninflationsrate von 2,8%.

Für 2026 prognostizierten sie für die Arbeitslosigkeit und die Zunahme der Wirtschaftsleistung Werte von jeweils 1,8% und 4,3%. Als sicher gilt, dass aufgrund der heranschleichenden Rezessionsängste die Wachstumsprognosen nun niedriger ausfallen werden. Durchaus möglich ist auch, dass die Zentralbank mit höherer Arbeitslosigkeit rechnen wird.

Zinserwartungen im Fokus

Besonders interessant dürften ihre Erwartungen an die Inflation sein. Vor drei Monaten hatten die Fed bis zum Jahresende einen PCE Deflator von 2,7% unterstellt. Angesichts der Unsicherheit über die Folgen der Zölle bleibt offen, wie die Fed die Erwartungen nun beziffern wird. 

Die Ungewissheit gilt daher auch für den weiteren Kurs der Zinspolitik. Austan Goolsbee, der Präsident des Fed-Ablegers in Chicago, sagte in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNBC, dass zinspolitisch alle Möglichkeiten zur Debatte stehen. „Wir müssen aber noch abwarten und sehen, wie groß der Einfluss der Zölle auf die Preise sein wird.“ Aus der Sicht der Zentralbank wäre es laut Goolsbee „das schlimmste Szenario, wenn die Abgaben zu einem stark deflationären Szenario führen sollten.“

Die vorsichtige Einschätzung teilt auch der oberste Währungshüter Jerome Powell. Er hat gesagt, dass die Notenbank eine „wait and see” Haltung einnehmen muss, also „abwarten und sehen“. Das FOMC wird jedenfalls auch neue Zinsprognosen abgeben. Vor einem Vierteljahr rechneten die meisten Ausschussmitglieder noch mit zwei Zinssenkungen in diesem Jahr und zwei weiteren im Folgejahr. Mittlerweile haben aber schon einige der Notenbanker gesagt, dass in diesem Jahr nicht mehr als eine geldpolitische Lockerung zu erwarten sei.

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