Abwärtsrisiken bei Firmenbonds
Abwärtsrisiken bei Firmenbonds
Steigende Inflation, geringes Wachstum und Liquiditätsmangel als Belastungsfaktoren
kjo Frankfurt
Anleiheinvestoren haben dank der Zinserhöhungen kurzfristig aufatmen können, doch langfristig dürften steigende Inflation, geringes Wirtschaftswachstum, Liquiditätsmangel und Kreditverknappung für hohe Volatilität und größere Abwärtsrisiken sorgen. Credit-Alpha-Strategien überzeugen in einem solchen Umfeld durch unkorrelierte Renditen und Volatilitätsmanagement, meinen die Experten des Assetmanagers Candriam. “Nach mehr als einem Jahrzehnt gedrückter und oft negativer Renditen können sich Anleiheanleger wieder über Gewinne und steigende Zinsen freuen. In der Tat bieten die Anleihemärkte aktuell ein höheres Renditeniveau und einige attraktive Einstiegspunkte, um die künftige Performance zu sichern”, sagt Nicolas Jullien, Head of High Yield & Credit Arbitrage bei Candriam.
Zeitenwende
Dennoch dürfte das Umfeld keineswegs einfacher werden, denn man stehe vor einer Zeitenwende. Anhaltend hohe Inflationsraten hätten nicht nur zu einer starken Anhebung der Zinssätze durch die Zentralbanken geführt. “Sie läuteten auch das Ende der meisten Programme der quantitativen Lockerung und einen deutlichen Abbau der Zentralbankbilanzen ein. Zwar scheint die Inflation ihren Höhepunkt überschritten zu haben und tendiert nach unten, doch das 2-Prozent-Ziel der meisten Zentralbanken liegt noch in weiter Ferne – und die Zinssätze dürften entsprechend noch länger auf einem höheren Niveau verweilen”, führt Jullien aus.
Nach zwölf Jahren geldpolitischer Unterstützungsmaßnahmen seien Anleiheinvestoren nun zudem plötzlich mit einer verringerten Liquidität konfrontiert sowie mit Zinssätzen, wie sie es schon seit langem nicht mehr gegeben habe. “Die Währungshüter haben bekräftigt, dass sie die Inflation um jeden Preis bekämpfen werden – auch auf Kosten des Wirtschaftswachstums”, so der Experte. Die restriktive Geldpolitik werde die Nachfrage drosseln und das Wirtschaftswachstum weiter bremsen. Dieser Prozess habe bereits zu erheblichen Volatilitätsspitzen geführt, und diese würden sich auch in Zukunft nicht abschwächen.
Zusätzlich zu dieser Komplexität hätten sich in den vorigen Jahren strukturelle Trends herausgebildet, die sich erheblich auf die Zinssätze auswirken dürften. “Zum einen nehmen geopolitische Risiken zu und bleiben ein bedeutender Treiber der Volatilität. So lässt der Ukraine-Konflikt immer noch keine Anzeichen einer Lösung erkennen – und dürfte für die Inflation, insbesondere die Energiepreise, noch einige Zeit lang eine wichtige Rolle spielen. Da sowohl die Ukraine als auch Russland wichtige Lebensmittelexporteure sind und Letzterer auch ein bedeutender Hersteller von Düngemitteln ist, bedroht die aktuelle Situation die weltweite Energie- und Lebensmittelsicherheit.” Das wahrscheinliche Resultat seien eine steigende Inflation und ein Abwärtsdruck beim Wachstum.
Populismus nimmt zu
“Darüber hinaus nehmen in den Industrie- und Schwellenländern der Populismus und die Deglobalisierung deutlich zu. Das äußert sich in einer größeren Anzahl von Handelskonflikten oder sogar Kriegen, was wiederum zu mehr Protektionismus und letztlich auch zu höheren Zöllen führen wird. Auch dies erzeugt höchstwahrscheinlich Inflationsschübe, geringeres Wachstum und Turbulenzen an den Märkten”, sagt Jullien. Ein weiterer Trend, der sich während der Covid-19-Phase beschleunigt habe, sei die Dekarbonisierung. Vorschriften und Leitlinien für Treibhausgasemissionen würden weiterhin erheblich verschärft, was für viele Sektoren – allen voran die Automobilindustrie – eine Herausforderung darstelle. “Einige Unternehmen mussten ihre Geschäftsmodelle überdenken und ihre täglichen Aktivitäten strukturell verändern. Das betrifft nicht nur Emittenten, sondern hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Inflation und das Wachstum – eine weitere Quelle für Marktstörungen.”