Jahresbericht 2025

AFME stellt mehrere Schwächen des deutschen Kapitalmarkts heraus

Die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts hat sich zwar leicht auf Platz sechs in Europa verbessert. Doch bleibt Deutschland hinter UK und Frankreich zurück. In Europa belasten strukturelle Schwächen wie die anhaltende Fragmentierung der Märkte sowie eine verhaltene IPO-Aktivität.

AFME stellt mehrere Schwächen des deutschen Kapitalmarkts heraus

Nur verhaltene IPO-Aktivität

AFME-Bericht stellt anhaltende Marktfragmentierung in Europa heraus – Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands leicht verbessert

wrü Frankfurt

Die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts hat sich zwar leicht auf Platz sechs in Europa verbessert. Doch bleibt Deutschland hinter UK und Frankreich zurück. In Europa belasten strukturelle Schwächen wie die anhaltende Fragmentierung der Märkte sowie eine verhaltene IPO-Aktivität.

Die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts hat sich im europäischen Vergleich leicht verbessert und liegt nun auf Platz sechs. Der Zugang zu Kapital in Deutschland zeigt eine positive Dynamik, da die Emissionstätigkeit von Nichtfinanzunternehmen (NFC) im ersten Halbjahr 2025 zugenommen hat. Noch vor Deutschland liegen das Vereinigte Königreich (UK), Schweden, Dänemark, die Niederlande und Frankreich. Zu diesem Ergebnis kommt die achte Ausgabe des Jahresberichts „Capital Markets Union – Key Performance Indicators“ der AFME (Association for Financial Markets in Europe – Vereinigung für Finanzmärkte in Europa), den diese in Zusammenarbeit mit elf europäischen und internationalen Organisationen erstellt hat.

Insgesamt würden Europas Kapitalmärkte nur langsam wachsen. Ohne erneute strukturelle Reformen laufe Europa Gefahr, noch weiter hinter andere globale Finanzzentren zurückzufallen. Die EU verfüge über die Größe und Widerstandsfähigkeit, um weltweit wettbewerbsfähig zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten jedoch langjährige Verpflichtungen im Rahmen der Spar- und Investitionsunion in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.

„Auch in diesem Jahr zeigt unser Bericht, dass die EU nur begrenzte Fortschritte bei der Schließung der Wettbewerbslücke zu anderen großen Kapitalmärkten gemacht hat“, erklärt Adam Farkas, Geschäftsführer von AFME. „Europa verfügt über Ersparnisse und das Potenzial, global wettbewerbsfähig zu sein. Entscheidend sind entschlossene Reformen im Rahmen der Spar- und Investmentunion, um Kapital effizienter zu lenken und die integrierten Märkte zu schaffen, die Europas Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger benötigen.“

Die Förderung privater Anlegerbeteiligung sei der Schlüssel zu vertieften EU-Märkten: Die Studie mache einen klaren Zusammenhang zwischen privaten Anlagen und Marktliquidität deutlich. In der EU bleibe Kapital weitgehend innerhalb nationaler Grenzen gebunden, was grenzüberschreitende Liquiditätsströme einschränke. Länder mit größeren lokalen Sparpools – wie die USA, wo das durchschnittliche Kapitalmarktvermögen pro Person rund 290.000 Dollar betrage – verfügten über wesentlich effizientere Handelsbedingungen, mit nur minimalen Preisunterschieden zwischen Kauf- und Verkaufskursen.

Zahl der Börsengänge fällt

Die Emission von Unternehmensanleihen in der EU erreichte 2025 ein Rekordniveau, wobei der Anteil der marktbasierten Finanzierung leicht auf 13% der gesamten Unternehmensfinanzierung stieg. Gleichzeitig fiel aber die Anzahl der Börsengänge um 23%. Das stehe im Gegensatz zu den USA, China, Japan und Australien, wo die IPOs im Laufe des Jahres um 20 bis 60 % zugenommen hätten. Dies unterstreicht die anhaltende Schwäche der europäischen Aktienmärkte.

Auf Jahresbasis verzeichnet Deutschland einen Anstieg der marktbasierten Finanzierung um 13% gegenüber dem Vorjahr. Das sei auf das Emissionswachstum bei Investment-Grade-Anleihen zurückzuführen. 11% der Finanzierung deutscher NFCs stammten aus marktbasierter Finanzierung (Anleihen und Aktien) im Vergleich zu 8,5% im Jahr 2024. Damit liegt Deutschland unter dem EU-Durchschnitt, der im ersten Halbjahr 2025 bei 13% lag. Deutschland steuere im Jahr 2025 auf das höchste Emissionsvolumen von Investment-Grade-Anleihen durch NFC seit dem Jahr 2000 zu.

Der Anteil der Risikokapitalinvestitionen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland lag im ersten Halbjahr 2025 mit 4,9 % über den 3% des Vorjahres. Damit liege Deutschland über dem EU-Durchschnitt von 3,5 % im ersten Halbjahr 2025. Der FinTech-Indikator für Deutschland sei im ersten Halbjahr 2025 gestiegen und bewege sich damit über dem EU-Durchschnitt.

Deutsche Emittenten stellten bereits im fünften Jahr in Folge das größte nominale Volumen an Green Bonds unter den EU-Mitgliedstaaten, allerdings waren lediglich 8,3% der gesamten Anleiheemissionen in Deutschland im ersten Halbjahr 2025 mit einem ESG-Label versehen, verglichen mit 11,8% im Vorjahr und dem EU-Durchschnitt von 10,7%.

Verbriefungen steigen

Der Anteil der Kredite, die in Kapitalmarktinstrumente überführt wurden (Verbriefungen und Kreditportfoliotransaktionen), stieg im ersten Halbjahr 2025 auf 2,6% gegenüber 1% der gesamten ausstehenden Kredite im Jahr 2024. Damit liege Deutschland über dem EU-Durchschnitt von 1,6 % im ersten Halbjahr 2025. Die Emissionen der Verbriefungsemissionen in Deutschland stiegen im Jahresvergleich um 160% und erreichten 41,8 Mrd. Euro.

Im EU-Vergleich bot Deutschland mit insgesamt 84 inländisch vermarkteten Anlagevehikeln die dritthöchste Anzahl von Eltifs an.

Erheblicher Abstand

Obwohl innerhalb der Europäischen Union deutsche Haushalte insgesamt über eines der größten Sparvolumen verfügten, bleibe der Abstand zu führenden Ländern bei den Kapitalmarktinvestitionen erheblich. Während in Deutschland 103% des BIPs in börsennotierte Aktien, Anleihen, Investmentfonds sowie Versicherungs- und Rentenprodukte investiert sind, liegt dieser Anteil in Dänemark bei 194%, in den Niederlanden bei 164% und in Großbritannien bei 122%. Zugleich hielten deutsche Haushalte weiterhin erhebliche Mittel in niedrig verzinsten Bankeinlagen, die rund 37 % der Finanzvermögen ausmachten.