IM INTERVIEW: MARIO MANTRISI, LUXFLAG

"Aktionsplan sollte dynamisch bleiben"

Werte sind von Investor zu Investor verschieden - Neue Labels in Planung

"Aktionsplan sollte dynamisch bleiben"

Mario Mantrisi, seit Jahresbeginn neuer General Manager des Luxemburger Zertifizierers für Green und Sustainable Finance, spricht sich dafür aus, den EU-Aktionsplan nicht zum starren Korsett zu machen, sondern Raum für Anpassungen zu lassen. Derzeit sondiert Mantrisi den Markt zudem für neue Labels.- Herr Mantrisi, der EU-Aktionsplan im Bereich Sustainable Finance sieht die Konzeption einer einheitlichen Taxonomie vor. Wie stehen Sie dazu?Prinzipiell erachte ich eine Vereinheitlichung als einen willkommenen Schritt. Eine gemeinsame Definition von Nachhaltigkeit erlaubt es Investoren generell, einfacher Vergleiche ziehen zu können. Das gilt verständlicherweise aber nur dann, wenn diese gemeinsame Definition generell vom Markt auch genutzt wird. Werte von Investoren sind jedoch von Investor zu Investor unterschiedlich. Außerdem müssen wir berücksichtigen, dass sich der Markt rasend schnell weiterentwickelt nicht zuletzt auch durch technologischen Fortschritt. Der EU-Aktionsplan sollte deshalb dynamisch bleiben, und eine Taxonomie sollte periodische Anpassungen erlauben und zudem nicht ein Tick-the-box-Compliance-Exercise sein, bei dem man einfach nur ein Anforderungsprofil Punkt für Punkt abhakt, um konform zu sein.- Was empfehlen Sie vor diesem Hintergrund?Wie so oft gilt es, die richtige Balance zu finden, um Innovationen weiterhin genügend Freiraum zur Entwicklung zu lassen. Der Kosten-Nutzen-Zusammenhang muss Marktteilnehmern klar dargestellt werden, denn auf längere Sicht können ESG-Prozesse die Effizienz im Finanzmarkt erhöhen und langfristige Vorteile bieten. Die ganze Wertschöpfungskette von Vertrieb und Ratingagenturen über Depotbanken bis hin zu Assetmanagern sollte mit eingebunden werden. Jene Finanzmarktakteure, die jetzt schon vor den anstehenden Regulierungen Nachhaltigkeitsaspekte in ihrer Strategie verankern, werden die größten Wettbewerbsvorteile haben.- Wie sieht es derzeit mit der Implementierung von ESG im Priips-Dokument aus?Es gibt bisher noch keine Richtlinien, wie ESG im Priips-Dokument integriert werden soll. Eine Idee könnte jedoch sein, dass ein Label anstelle von nichtstandardisierten ESG-Informationen eingefügt wird und für den Investor die Informationen vereinfacht, da auf legaler Basis das Priips-Dokument insgesamt höchstens drei DIN-A4-Seiten umfassen darf und somit wenig Freiraum lässt.- Inwieweit könnte es zu Anpassungen bei Mifid II kommen?Das European Mifid Template könnte insbesondere angepasst werden, um Investorenprofile mit Endprodukten besser in Übereinstimmung zu bringen und dabei ESG-Informationen zu berücksichtigen. Das ist bis heute nicht der Fall. Dies könnte auch dem Retail-Markt einen erheblichen Schub geben, da dadurch die Anleger spezifisch über ihr Interesse an Nachhaltigkeitsprodukten befragt werden.- Planen Sie bei Luxflag neue Labels?Wir befinden uns derzeit in der Phase der Marktanalyse und Sondierung. Wir sprechen mit Marktteilnehmern, die bereits unsere Labels einsetzen, und auch mit neuen potenziellen Kunden und loten deren spezifisches Interesse aus. Das wird noch ein wenig Zeit in Anspruch nehmen. Momentan haben wir noch keine definitiven Beschlüsse über neue Labels gefasst.—-Das Interview führte Kai Johannsen.