Alle Blicke auf Jackson Hole
Devisenmarktakteure richten Blick auf Jackson Hole
Zeichen deuten auf Zinssenkung der US-Notenbank im September – Greenback könnte bis Jahresende noch weiter unter Druck geraten
Das Notenbankertreffen in Jackson Hole ist für die Devisenmarktakteure das zentrale Ereignis in dieser Woche. Die Äußerungen von Fed-Chef Powell sollen Hinweise auf die weitere US-Geldpolitik geben. Anleger rechnen mit einer Zinssenkung im September. Viele kalkulieren einen weiteren Lockerungsschritt der Fed noch in diesem Jahr ein.
Von Kai Johannsen, Frankfurt
Dem Greenback steht eine ereignisreiche Woche bevor. Und diese Ereignisse treffen in ein liquiditätsarmes Umfeld an den Finanzmärkten, denn weite Kreise von Finanzmarktteilnehmern befinden sich derzeit im jährlichen Sommerurlaub. Die geringe Umsatztätigkeit an den Märkten begünstigt Ausschläge in die eine oder andere Richtung.
Der Dollar stabilisierte sich am Montag vor einem wichtigen Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj. Im Blick haben die Anleger aber auch das Jackson-Hole-Symposium der US-Notenbank, um weitere Hinweise auf die Geldpolitik der Fed zu erhalten. Die Währungsbewegungen waren in der asiatischen Handelssitzung weitgehend verhalten, obwohl der Dollar seinen Rückgang aus der vergangenen Woche stoppte, da Devisenakteure ihre Wetten auf eine massive Zinssenkung der Fed im kommenden Monat etwas reduzierten.
Leichter Rückgang
Der Euro war am Nachmittag mit 1,1675 Dollar mit 0,2% leicht im Minus, während das britische Pfund um 0,1 % auf 1,3534 Dollar zulegte. Gegenüber einem Korb von sechs wichtigen Handelswährungen – dem sogenannten Dollarindex – stabilisierte sich der Dollar bei 98,05 (+0,2%), nachdem er in der vergangenen Woche 0,4% verloren hatte. In diesem Jahr hat der Euro gegenüber dem Dollar rund 13% zugelegt. Anfang des Jahres war der Euro mit dem Dollar quasi auf Parität. Entscheidend ist für die Märkte die geldpolitische Sitzung der Fed im kommenden Monat. Sie gibt dem Dollar die Richtung vor. Die Märkte preisen derzeit eine Wahrscheinlichkeit von 84% ein, dass die Fed die Zinsen im September um einen Viertelprozentpunkt senken wird, gegenüber 98% in der vergangenen Woche, nachdem eine Reihe von Daten, darunter ein Anstieg der US-Großhandelspreise im vorigen Monat und ein solider Anstieg der Einzelhandelsumsätze im Juli, die Aussicht auf eine stärkere Senkung um 50 Basispunkte getrübt haben. „Auch wenn die Daten nicht alle in die gleiche Richtung weisen, scheint die US-Wirtschaft im dritten Quartal in guter Verfassung zu sein“, so die Einschätzung von Bill Adams, Chefökonom bei der Comerica Bank. Comerica prognostiziert eine Senkung seitens der Fed.
Allerdings gibt es auch Marktteilnehmer, die derzeit eine Senkung des US-Leitzinses (Fed Funds) um 25 Basispunkte im September einpreisen, und bis zum Jahresende zwei weitere Senkungen erwarten. Und genau das könnte die US-Währung in den kommenden Wochen und Monaten weiter unter Druck setzen.
Fokus auf Washington
Das wichtigste Ereignis für Investoren am Montag war das Treffen zwischen Trump und Selenskyj, an dem auch einige europäische Staats- und Regierungschefs teilnahmen. Washington drängt die Ukraine dazu, ein schnelles Friedensabkommen zu akzeptieren, um den tödlichsten Krieg Europas seit 80 Jahren zu beenden. Trump drängt Selenskyj zu einer Einigung, nachdem er sich in Alaska mit Kremlchef Wladimir Putin getroffen hatte und sich nun eher auf Moskaus Linie sieht, zunächst ein Friedensabkommen anzustreben, anstatt einen Waffenstillstand.
Danach werden die Marktteilnehmer aber das Symposium der Federal Reserve von Kansas City vom 21. bis 23. August in Jackson Hole im Blick haben, bei dem Fed-Chef Jerome Powell über die wirtschaftlichen Aussichten und den politischen Rahmen der Zentralbank sprechen wird. Nach Ansicht von Marktteilnehmern besteht auch das Risiko, dass Powells Äußerungen zur wirtschaftlichen Lage der USA als hawkish wahrgenommen werden. Das könnte Zinssenkungserwartungen wieder etwas dämpfen. Unterdessen wies die japanische Regierung zuletzt die seltenen und deutlichen Äußerungen des US-Finanzministers Scott Bessent zurück, der sagte, die Bank of Japan sei in ihrer Politik „hinter der Kurve zurückgeblieben”, was offenbar darauf abzielte, die Zentralbank des Landes zu einer Zinserhöhung zu drängen. Die US-Administration versucht seit einiger Zeit, Einfluss auf die Zinspolitik zu nehmen. Dies betrifft in erster Linie die Geldpolitik der USA.
Großer Zinsschritt?
In Sachen übermäßiger Zinssenkung – manche Marktteilnehmer gehen sogar von bis zu 50 Basispunkten im September aus – gibt man sich bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gelassen. „Wir sehen derweil bis dato keine Grundlage für Spekulationen darüber, dass die Fed ihren Leitzins im Rahmen der anstehenden Sitzung am 17. September um mehr als 25 Basispunkte senken könnte. Um einen solchen großen Zinsschritt zu rechtfertigen, wie ihn US-Finanzminister Bessent kürzlich in den Raum gestellt hat, wären Anzeichen für eine beschleunigte Abwärtsspirale am US-Arbeitsmarkt erforderlich“, so die Einschätzung von Elmar Völker, Senior Fixed Income Analyst bei der LBBW.
Führende US-Notenbanker wägen seiner Ansicht nach derzeit genau ab, inwiefern das stark verlangsamte Jobwachstum durch politisch bewusst gesetzte Rahmenbedingungen wie Stellenstreichungen in der öffentlichen Verwaltung und eine stark verringerte Einwanderung bedingt ist. „Solange die Arbeitsmarktverfassung abseits dieser Phänomene solide bleibt, erscheinen substanzielle Leitzinssenkungen nicht als geeignetes Mittel der geldpolitischen Intervention. Deren Hauptfolge wäre vielmehr eine Zunahme mittelfristiger Inflationsgefahren“, so Völker. Vor diesem Hintergrund bewegen sich die Finanzmarktteilnehmer nach Ansicht von LBBW-Experte Völker auf einem schmalen Grat mit ihren wachsenden Spekulationen auf eine rasche Folge von US-Leitzinssenkungen.
Für den US-Treasurymarkt lege die makroökonomische Ausgangslage an sich eine erhöhte Gefahr größerer Kursausschläge – zu beiden Seiten – nahe. „Sollten sich die konjunkturellen Schwächetendenzen in den USA verschärfen, dann könnte das Bondmarkt-bullishe Momentum Fahrt aufnehmen. Zumal sich die zehnjährige US-Treasuryrendite zuletzt entlang der Unterkante ihrer Handelsspanne der vergangenen drei Monate bewegt hat“, sagt er. Signale aus der US-Notenbank, welche die festgefügte Markterwartung einer Zinssenkung im September erschüttern, würden demgegenüber Kursrückschlagpotenzial bergen.
„Angesichts dessen richten sich in der laufenden Handelswoche alle Blicke nach Jackson Hole. Die dortigen Äußerungen von Notenbankchef Powell am Freitag dürften maßgeblich sein zur Beantwortung der Frage, wie fest die Währungshüter tatsächlich auf eine Zinssenkung im September zusteuern“, sagt Völker.
Volatilität fällt
Diese potenzielle Sprengkraft für den Zinsmarkt stehe in einem auffälligen Kontrast zum anhaltenden Trend zu fallenden Marktvolatilitäten. Sowohl am Dollar-Zinsmarkt als auch am Euro-Zinsmarkt sei die implizite Volatilität auf ihr niedrigstes Niveau seit Anfang 2022 gefallen. Das niedrige Volatilitätsniveau deute zugleich an, dass die Marktakteure gegenüber den unablässigen Versuchen der US-Regierung, den Kurs der Fed zu beeinflussen, zunehmend abstumpfen würden. „Da die realen Gefahren der fortgesetzten Attacken Trumps im Zeitablauf eher zu- als abnehmen, birgt die scheinbare Sorglosigkeit der Marktakteure das Risiko, auf dem falschen Fuß erwischt zu werden.“, führt Völker hierzu weiter aus.