„Bärenstarke“ KI treibt Märkte
„Bärenstarke“ KI treibt Märkte
„Bärenstarke“ KI treibt Märkte
J.P. Morgan-Stratege warnt vor steigender Inflation – Japan bietet Chancen
J.P. Morgan sieht nach dem starken Lauf der Aktienmärkte Diversifizierung als Gebot der Stunde. Kapitalmarktstratege Tilmann Galler lobt die starken KI-Werte, größere Chancen sieht er aber in Japan und den Emerging Markets. Eine größere Gefahr als eine US-Rezession sei die Inflation.
tom Frankfurt
Die meisten Aktienmärkte haben in diesem Jahr eine starke Performance gezeigt. Angefeuert von guten Zahlen aus dem KI-Sektor hat die Rally zuletzt sogar nochmal an Fahrt zugelegt. Doch wie geht es nun weiter? Dieser Frage hat sich J.P Morgan AM bei seinem Kapitalmarktausblick für das vierte Quartal, seinem „Guide to the Markets“, angenommen.
Für den Kapitalmarktstrategen Tilmann Galler sind die Bewertungen an den Aktienmärkten aktuell zwar hoch, die Aussichten aber auch „gar nicht so schlecht“. Nicht nur „nicht so schlecht“ sondern „bärenstark“ bewertet Galler die abgelaufene Berichtssaison. Besonders KI-Titel haben hier geliefert. Hilfreich für die Aktienmärkte war auch eine starke fiskalische Unterstützung. Der J.P. Morgan-Mann verweist hier auf Trumps „Big Beautiful Bill“, auf das deutsche Infrastrukturpaket, aber auch auf den „Next Generation EU“-Aufbaufonds. Zudem deutet sich in Japan unter der designierten Regierungschefin Sanae Takaichi eine expansive Geldpolitik an. Ebenfalls unterstützend wirkte die Fed, die jetzt auch wieder in Leitzinssenkungen eingestiegen ist. Belastend dürfte dagegen früher oder später die US-Zollpolitik wirken, die auch die Inflation neu befeuern könnte. Zuletzt hatte die Trump-Regierung Zölle auf sämtliche Pharma-Importe in Höhe von 18-19% angekündigt.
Höhere Inflation droht
Die Zölle dürften zwar einerseits den USA Einnahmen von rund 300 Mrd. Dollar einbringen, wie Galler vorrechnet, andererseits sei partiell bereits zu sehen, dass die Importpreise steigen. Bisher bleibe unklar, wer am Ende die Last der Zölle trägt. Erst nach und nach werde sich der Nebel lichten und offenbar, wie viele Unternehmen die Belastungen weitergeben und wie stark sich diese Preiserhöhungen auf die Inflation niederschlagen. Die Gefahr einer erneut anschwellenden Inflation schätzt der J.P. Morgan-Experte dann auch deutlich höher ein, als die Gefahr einer Rezession in den USA. Eine solche sei „noch sehr weit weg“.
Das vierte Quartal erwartet Galler etwas schwächer als das dritte, da sich die positiven Effekte der US-Steuersenkungen erst im nächsten Jahr zeigen dürften. Zudem sei das hohe Lohnwachstum von 4% nicht gerade förderlich für die Inflation. Ähnliches gilt für Deutschland und Europa, wo sich die Zusatzinvestitionen auch erst im nächsten Jahr zeigen dürften.
KI-Titel liefern
Beim Blick auf die Aktienmärkte widmet sich Galler speziell auch dem KI-Sektor. Die großen Tech-Unternehmen haben den Kapitalmarktstrategen zuletzt mit deutlich übertroffenen Gewinnerwartungen überzeugt. Diese Gewinnentwicklung dürfte sich nach Gallers Einschätzung auch 2026 fortsetzen. Die Kernfrage sei aber, wie lange dies zu halten ist. Zuletzt hatten Hyperscaler wie Alphabet, Amazon, Meta oder Oracle ihre Investitionen massiv nach oben getrieben. Als drohende Gefahren sieht Galler einerseits Überkapazitäten und andererseits einen Margenverfall. Momentan halte der Sektor seine Stärke, die Erwartungshaltung des Marktes sei aber sehr hoch. Sehr genau beobachten müsse man daher, ob sich die ganzen Investitionen auch irgendwann rentieren. Abraten will Galler von den großen US-Playern dennoch nicht, er rät aber dazu, stärker vom teuren US-Markt weg zu diversifizieren.
In Japan etwa seien die Gewinne zuletzt neben den USA mit am stärksten gestiegen, was sich bisher so noch nicht in den Aktienbewertungen niederschlägt. Auch die Emerging Markets dürften zu den Profiteuren von sinkenden Leitzinsen und schwachem Dollar zählen. Ähnliches gilt für Small Caps. „Das Bild hellt sich auf“, kommentiert Galler. Auch diese würden von fallenden Zinsen und einem politisch geförderten Gewinnwachstum profitieren. Diversifizierung sei daher nun das Gebot der Stunde.
Renditen ziehen an
Holprige Aussichten sieht der J.P. Morgan-Mann dagegen für Anleihen. Hier spiegelten sich die Sorgen über die großzügige Fiskalpolitik in den langfristigen Renditen wider, die zuletzt deutlich angezogen haben. Mit Blick auf die Demografie würden die fiskalischen Herausforderungen zudem zunehmend größer. Aus dem US-Anleihemarkt haben sich zudem Japaner und Chinesen zuletzt zurückgezogen. In Europa würden die Reformen in Ländern wie Spanien oder Griechenland inzwischen Früchte tragen. Die Spreads gegenüber 10-jährigen deutschen Staatsanleihen sinken. Dagegen seien die Risikoprämien in Frankreich nach der verfehlten Politik der vergangen Jahre zuletzt deutlich gestiegen.
Wachsende Zweifel am Papiergeld haben zuletzt den Goldpreis von einem Rekordhoch zum nächsten getrieben. Für Galler ist das „ein Ventil, das sich öffnet“. Der Goldanteil an den Devisenreserven der Notenbanken ist in den letzten Jahren sukzessive von einstmals 10% auf inzwischen nahezu 25% gestiegen. Es gebe neben Gold aber auch noch andere Möglichkeiten, dieser Politik zu trotzen. Galler nennt hier „reale Vermögenswerte mit inhärentem Inflationsschutz“, etwa Investments in Infrastruktur und Transport, beispielsweise über ELTIFs. Zudem gelte auch für den Anleihebereich, dass Emerging Markets zu den Gewinnern von sinkenden US-Zinsen gehören dürften.
Dollar unter Druck
Die Talfahrt des Dollars könnte laut Galler durchaus noch weitergehen. Kapitalverschiebungen könnten die US-Währung weiter unter Druck setzen. Langfristig sieht Galler den fairen Wert für den Dollar bei 1,25 Euro.