„Es hat eine gewisse Bereinigung gegeben“
„Es hat eine gewisse Bereinigung gegeben“
Im Interview: Rachael Callaghan
„Es hat eine gewisse Bereinigung gegeben“
Die Investment-Spezialistin des Assetmanagers Baillie Gifford über die Bereinigung bei Growth Equity, Rüstungsfirmen und die Qualität von Informationen.
Bei KI und Rüstung treibt das in die Private Markets drängende Kapital die Preise nach oben, sagt Rachael Callaghan, die sich bei Baillie Gifford um nicht börsennotierte Wachstumsunternehmen kümmert. Im Growth-Equity-Bereich habe es allerdings „eine gewisse Bereinigung“ gegeben. Man sehe nur noch selten neue Marktteilnehmer.
Frau Callaghan, mittlerweile wollen alle in den Private Markets mitmischen. Sehen Sie bei Finanzierungsrunden neue Namen, oder sind das im Grunde immer die gleichen?
Seit etwa 2020/2021 hat es im Growth-Equity-Bereich, in dem wir investieren, eine gewisse Bereinigung gegeben. Zuvor waren viele Early-Stage-Investoren eingestiegen und auch opportunistischere Hedgefonds kamen hinzu, um das erwartete Wachstum am privaten Markt mitzunehmen. Inzwischen hat sich das bereinigt. Early-Stage-Investoren konzentrieren sich wieder auf ihr Kerngeschäft, und Hedgefonds machen im Growth-Equity-Bereich weniger. Deshalb sehen wir aktuell eher die bekannten Namen und nur selten neue Teilnehmer.
In Deutschland herrscht ja fast eine Goldgräberstimmung, und es tauchen viele obskure Firmen auf. Könnte das den Markt beeinflussen?
Bei den Unternehmen, nach denen wir bei Baillie Gifford suchen – das sind hochgradig wachsende Firmen, die meist unabhängig bleiben wollen – gibt es erfahrungsgemäß eine natürliche Bündelung gleichgesinnter Anteilseigner. Diese Unternehmen suchen langfristige und versierte Wachstumskapitalgeber. Daher dürfte das für uns nicht allzu problematisch sein. Andererseits liegen in Europa, den USA und Asien Rekordsummen an „Dry Powder“ bei Private Equity. Das Kapital muss ja irgendwo investiert werden.
Treibt das die Preise in die Höhe?
In manchen Sektoren schon – aktuell vor allem bei KI und im Verteidigungssektor. Es kommt auf die richtige Auswahl an. Wenn man nur breit und geduldig genug sucht, findet man immer großartige Firmen zu guten Konditionen.
Baillie Gifford investiert normalerweise nicht in Rüstungsfirmen, oder?
Das einzelne Unternehmen muss uns überzeugen, der Sektor spielt da weniger eine Rolle. Wir haben im Private-Equity-Bereich aktuell zwei Investments im Bereich Verteidigung. Eines ist Tekever aus Portugal, ein Unternehmen für Überwachungsdrohnen, das andere ist Anduril aus den USA, da sind wir vor einigen Jahren eingestiegen.
In Europa gibt es gerade einen Hype um Rüstungsfirmen mit hohen Bewertungen, die oft vom Staat abhängen. Ist es da nicht klüger, vorsichtig zu sein?
Genau. Tekever ist inzwischen ein Unicorn, bewertet mit über einer Milliarde Dollar, Umsatz laut öffentlicher Zahlen mehr als 70 Mill. Dollar – da ist also schon echtes Geschäft vorhanden. Gleichzeitig gibt es aber auch Firmen mit noch höheren Bewertungen, aber viel weniger Umsatz. Auswahl und Geschäftsmodell zählen hier wirklich: Tekever adressiert sowohl militärische als auch zivile Anwendungen.
Schränkt ein Ökosystem, das auf Empfehlungen von Gründern basiert, nicht ein?
Gründer sind wichtig, aber wir stellen uns viel breiter auf. Wir agieren global und branchenübergreifend, am Anfang der Suche stehen tausende potenzielle Unicorns. Das grenzen wir mit Kriterien wie mindestens 50 Mill. Dollar Umsatz, 35% jährliches Wachstum und einer Mindestbewertung von 500 Mill ein. Tatsächlich haben die Firmen, in die wir investieren, meist 150 Mill. bis 200 Mill. Umsatz und wachsen um 70% bis 80% pro Jahr. Manche werden uns empfohlen, andere finden wir durch Direktansprache oder auch über Investmentbanken.
Im vergangenen Jahr hat unser Team etwa 1.000 Firmen (ungefähr 600 Finanzierungsrunden) angeschaut, bei etwa 35 haben wir eine tiefere Due Diligence gemacht, und in zehn haben wir investiert. Wir sind also sehr wählerisch – aber die Auswahl am Anfang ist groß.
Sprechen Sie schon davor mit Unternehmen?
Auf jeden Fall. Es ist wertvoll, Unternehmen schon Jahre vor einer möglichen Investition kennenzulernen. Bei Vinted zum Beispiel haben wir 2016 erstmals gesprochen, investiert haben wir dann erst 2024.
In privaten Märkten gibt es weniger Transparenz. Erhält Baillie Gifford dieselben Informationen wie andere Investoren?
Wir haben das Glück, sehr gute Informationen zu bekommen – aber wir würden auch keinen Deal abschließen, wenn das nicht der Fall wäre. Im Sekundärmarkt gab es schon Fälle, wo wir aufgrund mangelnder Transparenz nicht investiert haben. Bei Direktbeteiligungen besteht enger Kontakt zum Management, was eine hohe Informationsqualität gewährleistet.
In welche Firmen haben Sie nicht investiert?
Dazu kann kann ich leider nichts sagen.
Einige sagen, an den Private Markets geht, was an der Börse undenkbar wäre. Sollten solche Investments überhaupt Privatanlegern zugänglich sein?
Das ist tatsächlich ein großes Thema. Produkte wie Scottish Mortgage sind börsengehandelt, sind also handelbar wie eine Aktie. Aber reine Private-Equity-Produkte sind deutlich anspruchsvoller, mit ganz anderen Risikoprofilen. Es gibt außerdem weniger öffentliche Informationen – es sei denn, es geht um sehr bekannte Firmen. Deshalb sollte der Zugang zu privaten Märkten für breitere Anlegerschichten wohlüberlegt und nur für geeignete Produkte erfolgen.
Fühlen Sie sich manchmal von anderen Ökosystemen wie etwa dem von Peter Thiel abgekoppelt?
Ganz und gar nicht. Wir sind mit vielen Frühphasen-VCs und Gründern vernetzt. Zwei aus unserem Team sind hauptsächlich im Silicon Valley. Unser Hauptsitz ist zwar Edinburgh, aber wir behalten eine globale Perspektive. Unser Private-Portfolio ist ungefähr zur Hälfte Nordamerika, zur Hälfte Rest der Welt verteilt – wir achten dabei auf ein gutes Maß an Diversifikation.
Wünschen Sie sich manchmal dauerhaftes Kapital wie etwa durch einen Versicherer?
Einige der Vehikel, mit denen wir in Private Companies investieren, sind permanenter Natur. Nehmen Sie zum Beispiel Scottish Mortgage oder den Schiehallion Fund, die börsennotiert sind. Die haben zwar eine respektable Größe, sind aber natürlich nicht mit dem Kapitalstock einer Versicherung zu vergleichen.
Das Interview führte Andreas Hippin
Das Interview führte Andreas Hippin.
