BNP Paribas kündigt Produktoffensive im ETF-Geschäft an
Im Gespräch: Claus Hecher
„Wir wachsen zum Vollsortimenter“
Der Deutschland-Chef für ETFs von BNP Paribas Asset Management über die Ausweitung des Angebots über ESG hinaus – Produktoffensive steht bevor
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Mit nachhaltigen ETFs hat sich BNP Paribas Asset Management schon einen Namen gemacht. Aber das Wachstumspotenzial in diesem Segment ist zurzeit begrenzt. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung kündigt Deutschland-Chef Claus Hecher deshalb einen Strategiewechsel an. Erste Angebote sind schon am Markt.
BNP Paribas Asset Management (BNP Paribas AM) ist eine der führenden Adressen in der europäischen ETF-Industrie und hat sich einen Namen mit nachhaltig ausgerichteten ETFs gemacht. Nach Angaben des Analysehauses ETFGI liegen die Franzosen per Ende Juni an zehnter Stelle der ETF-Anbieter in Europa mit einem verwalteten Vermögen von 38,3 Mrd. Dollar und einem Marktanteil von 1,5%. Hinzu kommt noch das Mandatsgeschäft des Fondsmanagers.
Nicht-nachhaltige ETFs gefragt
„Wir haben ambitionierte Wachstumspläne. Unser Produktangebot bei ETFs ist stark ESG-lastig ausgerichtet, und ESG bleibt auch Kernkompetenz", sagt Claus Hecher, Regional Head of ETF Sales Dach und Nordics bei BNP Paribas AM, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. "Wenn man stark wachsen will, stößt man da aber aktuell an gewisse Grenzen. Denn gerade der Topf der nicht-nachhaltigen ETFs wächst überproportional.“
BNP Paribas Asset Management habe vor diesem Hintergrund jetzt eine Produktoffensive gestartet. „Wir erweitern unsere ETF-Palette deutlich und wachsen zum Vollsortimenter, bleiben aber ESG-Spezialist", sagt Hecher. „Wir stellen uns grundsätzlich breiter auf.“ Nach Angaben von ETFGI hat BNP Paribas AM bisher 71 ETFs oder ETPs im Angebot, das sind zum Beispiel deutlich weniger als die Blackrock-Tochter iShares mit 463, Amundi mit 344, Xtrackers mit 268 oder die UBS mit 157. Das soll sich nun ändern. „Die Zahl der von uns begebenen ETFs wird deutlich steigen", kündigt der Deutschland-Chef für ETFs von BNP Paribas Asset Management an.
Die ETF-Industrie ist in den vergangenen Jahren auch von Übernahmen geprägt gewesen. So hat zum Beispiel Amundi Lyxor übernommen und dadurch die verwalteten Gelder deutlich gesteigert. Ein Zusammengehen mit anderen sei nicht der Fokus von BNP Paribas AM. „Wir wollen eigenständig wachsen“, stellt Hecher klar.
In den vergangenen Jahren habe sich der Stellenwert von nachhaltig ausgerichteten ETF geändert. „Der Anteil der ESG-ETFs an den neu angelegten Geldern im gesamten ETF-Markt ist deutlich gesunken. In den Rekordjahren 2021 und 2022 lagen wir bei circa 50%, inzwischen sind wir bei 10%“, erläutert Hecher. „ESG-ETFs hatten über viele Jahre eine deutliche Outperformance gegenüber dem Gesamtmarkt erzielt. Dies hat sich durch den Überfall Russlands auf die Ukraine geändert, das war der Bruch. Dann haben Sektoren wie Öl- oder Gasaktien performt, die in den ESG-Indizes unterrepräsentiert oder gar nicht vertreten waren. Eine sehr starke Underperformance der ESG-Indizes gegenüber den Standardindizes in den Jahren 2023 und 2024 hat dann zu Mittelabflüssen geführt.“
Geringe Resonanz für SRI
Nachhaltige ETFs seien aber gleichwohl weiterhin gefragt. „Die grundsätzliche Nachfrage nach nachhaltigen Strategien ist nicht verebbt, aber sie hat sich gewandelt. Auf geringere Resonanz sind zuletzt besonders die SRI-Indizes für das Socially Resonsible Investing gestoßen. Diese arbeiten mit relativ hohen Ausschlüssen und weichen auch größer von den Standardindizes ab", erklärt Hecher. "Wir haben daher eine neue nachhaltige Produktpalette gestartet, die weniger Ausschlüsse und eine deutlich geringere Abweichung (Tracking Error) gegenüber Standardindizes wie zum Beispiel dem MSCI World aufweist. Diese Produktlinie ist auf großes Interesse der Investoren gestoßen, hier haben wir kräftig Geld eingesammelt.“
Die Produktpalette müsse sich natürlich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren. „Die meisten Vermögensverwalter und auch die Selbstentscheider im Retailbereich wollen näher an der Standardvariante bleiben", erläutert der erfahrene ETF-Profi. "Und wenn hier angepasste, nachhaltige Alternativen fehlen, sind das dann eben Artikel-6-ETFs.“
In den kommenden Monaten werde BNP Paribas AM etliche neue ETFs auflegen. „Unsere Produktoffensive haben wir mit unserem Defense ETF gestartet. Dieser beruht auf einem Index von Bloomberg, der wesentlich breiter als andere Defense-Indizes in Aktien investiert, die vom Ausbau des Verteidigungssektors profitieren“, sagt Hecher. „Wir haben darüber hinaus einen innovativen Geldmarkt-ETF begeben, der aufgrund seiner Konstruktion über Aktien-Swaps für Investoren eine zusätzliche Rendite bietet und damit in einem gefragten Segment äußerst wettbewerbsfähig ist.“ Obwohl dies ein Zinsprodukt sei, werde bei diesem Geldmarkt-ETF dem Anleger die steuerlich vorteilhafte Vorabpauschale für Aktien in Rechnung gestellt. Dieser neue ETF sei daher sowohl für institutionelle als auch für private Anleger interessant.
Ausbau der Partnerschaften
ETFs überzeugten durch wesentlich niedrige Gebühren als herkömmliche Fonds. „Uns ist bewusst, dass wir uns wettbewerbsfähig aufstellen müssen und bieten natürlich niedrige, wettbewerbsfähige Gebühren an", sagt Hecher. "Wir haben auch bei mehreren neuen ETFs jetzt eine Early Bird Periode von einem Jahr nach Auflegung des ETFs eingeführt, in der wir nur die Hälfte der laufenden Gebühren erheben.“ Zu diesen Produkten gehörten zum Beispiel der Defense und der Geldmarkt ETF.
In der BNP Gruppe gebe es natürlich die Consorsbank, die einer der führenden ETF-Broker in Deutschland sei. „In Deutschland kooperieren wir bereits mit etwa einer Handvoll Discount- und Neobrokern. Diese Partnerschaften bauen wir aus", sagt der ETF-Profi. "Auch in Europa sind wir dabei, Kooperationen stetig auszubauen. Hier sehen wir noch viel Potenzial.“
Auch für andere Häuser sei BNP Paribas AM mit seiner ETF-Plattform tätig. „Wir bieten auch White Labeling für Banken und Vermögensverwalter an, die nicht über die entsprechende ETF-Plattform verfügen. So haben wir zum Beispiel einen Partner in Italien, dessen gesamte Fixed-Income-ETF-Palette von uns gemanagt wird. Wir sehen immer mehr solcher Anfragen“, erläutert Hecher. „Auch Kooperationen mit Vermögensverwaltern bei ETFs können wir uns vorstellen. Aber das kommt dann immer auf den Einzelfall an.“
Sparpläne laufen exzellent
Das überdurchschnittliche Wachstum des europäischen ETF-Markts werde sich in den kommenden Jahren fortsetzen. „Die Durchdringung verschiedener Schichten mit Apps und digitalen Kanälen ist nicht abgeschlossen. Immer mehr Anleger stellen fest, dass ETFs transparent und kostengünstig sind und dass eben zu hohe Kosten die Rendite einer Kapitalanlage kaputt machen“, sagt Hecher. „Auch bei den institutionellen Anlegern ist das Wachstumspotenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Eine Vermögensverwaltung muss ja darauf achten, die Kosten der Zielfonds möglichst niedrig zu halten, und das geht eben auch über eine Steigerung des ETF-Anteils.“
Besonders aktive ETFs legten deutlich zu. "Dabei stehen auch zahlreiche US-Assetmanager vor der Tür und wollen hier aktive ETFs begeben“, sagt der ETF-Profi. „Das Onlinegeschäft mit Privatkunden in Deutschland, insbesondere bei Sparplänen, läuft exzellent, da hinken die anderen europäischen Länder noch hinterher. Aber auch in diesen Ländern ist die Tendenz steigend, wobei auch gewisse technische Rahmenbedingungen verbessert werden.