Bondkaufprogramme der EZB sind nicht akut
Bondkaufprogramme der EZB sind nicht akut
Isabel Schnabel, Direktoriumsmitglied der EZB, hat vor kurzem neue Anleihekaufprogramme der EZB thematisiert. Schnabel sieht ein derartiges Eingreifen der Zentralbank in die Anleihemärkte zur Stützung und Liquiditätsversorgung in weiter Ferne. Auch am Anleihemarkt wird das Thema immer mal wieder diskutiert und der Frage nachgegangen, ob es zu solchen Bondkäufen wieder kommen könnte. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf das Anleiheangebot der Eurozonenstaaten, das 2026 auf die Märkte zukommt und womöglich Platzierungsprobleme mit sich bringen könnte. Auf kurze Sicht gehen Zinsexperten aber derzeit nicht davon aus, dass die EZB dem Beispiel aus früheren Krisen wie etwa der Staatsschuldenkrise folgend wieder mit umfangreichen Käufen von Schuldpapieren intervenieren wird.
„Die Hürden dafür sind sehr hoch“, sagt etwa Christoph Rieger, Leiter des Zins- und Credit-Research der Commerzbank, der Börsen-Zeitung. Eine quantitative Lockerung über Anleihekäufe wäre nur möglich, nachdem die Zinsen wieder ihre effektive Zinsuntergrenze erreicht hätten und weiterhin Deflationsrisiken bestünden. „Anderenfalls kann die EZB nur mit Anleihekäufen intervenieren, wenn die Finanzmarktstabilität gefährdet ist. Von beiden Szenarien sind wir momentan meilenweit entfernt“, sagt Rieger.
Auch René Albrecht, Senior Analyst Rentenmärkte bei der DZ Bank, stuft die Hürden für erneute Anleihekäufe seitens der EZB als sehr hoch ein. Er verweist darauf, dass die Situation heute eine andere ist als in früheren Krisenszenarien. „In den 2010er Jahren war es der Kampf gegen die Deflation, nachdem die Zinsen die natürliche Nullgrenze erreicht hatten. An diesem Punkt sind wir nicht und werden wir wohl auch nicht kommen, zumindest 2026 – hierfür bräuchte es wohl externe Einflussfaktoren“, so die Ansicht von Albrecht. Da die EZB keine monetäre Staatsfinanzierung betreiben dürfe, schwinde die Wahrscheinlichkeit für ein neues EZB-QE (Quantitative Easing) damit in Richtung Null. Albrecht macht aber eine leichte Einschränkung: „Das schließt Anleihekäufe im Rahmen eines TPI-Programms aber eben so wenig aus wie Anleihekäufe im Zuge eines strukturellen Anleiheportfolios der EZB zur Liquiditätssteuerung im Eurosystem, obgleich dies erst nach 2026 an den Start gehen sollte“, sagt er.
TPI im Blick
Das Transmission Protection Instrument (TPI) wurde von der EZB im Jahr 2022 beschlossen und soll eine effektive Transmission des geldpolitischen Kurses sicherstellen und eine einheitliche Geldpolitik in allen Ländern des Euroraums unterstützen, heißt es bei der Bundesbank. Das TPI ergänzt das Instrumentarium des Eurosystems und kann aktiviert werden, um ungerechtfertigten, ungeordneten Marktentwicklungen entgegenzuwirken, sofern diese eine ernsthafte Bedrohung für die einheitliche Transmission der Geldpolitik im Euroraum darstellen. In diesem Fall könnte das Eurosystem Wertpapiere aus einzelnen Ländern ankaufen, um eine Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen, die nicht durch länderspezifische Fundamentaldaten gerechtfertigt ist, zu bekämpfen, so die Definition. Immer wieder einmal wird an den Märkten thematisiert, dass TPI dann zum Einsatz kommen könnte, wenn eben Marktverwerfungen auftreten.
Anders wird die Situation eingeschätzt, falls es zu weitreichenden Krisen kommen sollte. „Natürlich ist nicht auszuschließen, dass aus Gründen der Finanzstabilität ein Eingreifen der Zentralbank als Liquiditätsversorger notwendig wird, zum Beispiel wegen einer Finanzkrise, im Falle eines bewaffneten Konflikts oder infolge von Naturkatastrophen“, sagt Christian Schulz, Chefvolkswirt beim Assetmanager Allianz Global Investors. In erster Linie würde dies laut Schulz aber wohl eher zu neuen Bankenliquiditätsoperationen (LTROs) führen. „Im aktuellen Umfeld mit stabilen oder fallenden Zentralbankzinsen ist das unseres Erachtens jedoch nicht zu erwarten“, meint Schulz.
Auch die Konjunktur- und Inflationsentwicklung hat Schulz im Blick. „Für sich genommen mag die Wirtschaftsschwäche und eine daraus resultierend leicht unter dem Ziel liegende Inflation für eine geldpolitische Lockerung sprechen. In einem solchen Falle wäre das Instrument der Wahl für die EZB aber wohl der Zins selbst – also Zinssenkungen, keine Anleihekäufe. Zu letzteren könnte es ultimativ höchstens dann kommen, wenn die Zinsen wieder bei Null wären und das Mittel der Forward Guidance erschöpft wäre.“
Staatsanleiheangebot wächst
Die Experten gehen auch davon aus, dass das Staatsanleiheangebot 2026 für die Märkte nicht zum Problem wird und damit auch die EZB nicht gefordert sein wird einzugreifen. „Die Kreditaufnahme der Regierungen der Mitgliedsländer wird im kommenden Jahr wohl ansteigen, allerdings insgesamt geringfügig und hauptsächlich in Deutschland. Insofern sollte dies den Markt nicht vor Herausforderungen stellen“, sagt Schulz.
„Das Staatsanleiheangebot wächst in vielen Ländern der Eurozone, nicht nur in Deutschland. Die Marktteilnehmer wissen das und sind darauf vorbereitet“, ergänzt Albrecht. Eine Nachfrageänderung, insbesondere nach ultra-langen Anleihen, ergebe sich durch die niederländische Pensionsreform, die mit dem Jahreswechsel stärker zu spüren sein wird. „Dann wird eine wichtige Käufergruppe für ultra-lange Anleihen sukzessive weniger nachfragen. Das Gute hierbei ist, dass sich die Nachfrage auf kürzere Laufzeiten verschieben wird, denn Anleihen werden auch weiterhin das Rückgrat des Pensionsfondssektors bleiben“, sagt er. Damit werden die Märkte laut Albrecht auch im Jahr 2026 keine Schwierigkeiten haben, das bereitgestellte Anleiheangebot aufzunehmen. „Eine höhere Rendite macht Anleihen attraktiver. Der Bund wird bspw. sein gesteigertes 2026-Anleiheangebot gleichmäßig auf alle Laufzeiten verteilen und setzt darauf, mit diesem Up-scaling Verwerfungen zu vermeiden“, so der Zinsexperte.
EZB-Bondkaufprogramme sind nicht akut
Experten erwarten, dass das Staatsanleiheangebot 2026 ohne Eingriff der Notenbank platziert werden kann
Neue Bondkaufprogramme der EZB erwarten Zinsexperten für 2026 auf kurze Sicht nicht. Für ein solches Eingreifen der Zentralbank müsste etwa die Finanzstabilität in Gefahr sein. Staatsanleihen in der Eurozone sollten gut platzierbar sein und ohne helfende Hand auskommen.
