MARKTCHANCEN 2017 - KÖPFE DES JAHRES

Brexiteer

hip - Crispin Odey (57) hat sich nie darum bemüht, es allen recht zu machen. Der Hedgefonds-Manager wettet gerne gegen die Mehrheitsmeinung. Lange vor der Finanzkrise warnte er bereits vor exzessiver Verschuldung und überhöhten Immobilienpreisen....

Brexiteer

hip – Crispin Odey (57) hat sich nie darum bemüht, es allen recht zu machen. Der Hedgefonds-Manager wettet gerne gegen die Mehrheitsmeinung. Lange vor der Finanzkrise warnte er bereits vor exzessiver Verschuldung und überhöhten Immobilienpreisen. Als die deutschen Landesbanken noch als grundsolide galten, hielt er sie für pleite. Er begann mit Leerverkäufen von Bradford & Bingley. Die Bank wurde schließlich abgewickelt. Und so kam es, dass sich der Oxford-Absolvent aus Yorkshire im Finanzkrisenjahr 2008 einen Bonus von 28 Mill. Pfund zahlen konnte. Das Glück ist ihm aber nicht immer hold. Anfang des Jahres verlor sein Fonds Odey European binnen zwei Wochen mehr als ein Fünftel an Wert, nachdem gleich mehrere Wetten schiefgegangen waren. Dann kam dem Gründer von Odey Asset Management sein Milliardärsrang abhanden. 200 Mill. Pfund waren verpufft. Der prominente Brexit-Befürworter rutschte mit den ihm verbliebenen 900 Mill. Pfund auf Platz 126 (i.V. 93) der Liste der 1 000 reichsten Briten, die alljährlich von der “Sunday Times” zusammengestellt wird (vgl. BZ vom 27. April).Odey machte sich als Unterstützer von Vote Leave für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU stark, während der Großteil der City die Werbetrommel für den Verbleib in der Staatengemeinschaft rührte. “Es ist einsam, in London ein Brexiteer zu sein”, sagte der Vater von drei Kindern vor dem Referendum. Allerdings war er auf Grundlage der von seinem Fonds in Auftrag gegebenen Umfragen der Meinung, dass das Ergebnis weit knapper ausfallen würde als am Markt erwartet. Er wettete darauf, dass das Pfund gegen den Dollar abwerten würde, und setzte zudem auf Gold. Odey hatte auch Aktien von Firmen wie dem Hausbauer Berkeley Group, dem Fernsehsender ITV und der Lloyds Banking Group leerverkauft. Alles in allem soll ihm das mehr als 220 Mill. Pfund eingebracht haben.Odey hält die jüngsten Höchststände des FTSE 100 nicht für nachhaltig. Er geht davon aus, dass Großbritannien sowohl auf eine Rezession als auch auf Inflation zusteuert. Der Leitindex sei binnen fünf Jahren um 30 % gestiegen, die Unternehmensgewinne seien dagegen um 80 % zurückgegangen. Bei einer Gewinnrendite von 1,6 % könne der Markt um 80 % fallen und würde, vorausgesetzt die Gewinne schrumpfen nicht, danach mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13 notieren. “Die Bank of England ist stolz darauf, so ein angenehmes Resultat hervorgebracht zu haben, aber es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass es nicht nachhaltig ist”, schrieb Odey seinen Kunden. Die Händler, die das schwache Pfund gekauft hätten, verstünden vielleicht nicht, dass der Unterschied zwischen dem Anstieg der Teuerungsrate 2017 und den derzeitigen Zinsen umso größer werde, je mehr die Währung abwerte. “Sterling wird teurer, je weiter die Währung fällt.” Die Bank of England sollte aus seiner Sicht die Zinsen erhöhen, aber damit sei nur über die sprichwörtliche Leiche von Notenbankchef Mark Carney zu rechnen. “Was Großbritannien verspricht, sind steigende Löhne, Rezession, Inflation und sinkende Unternehmensgewinne.” Das sei nicht gerade das, was sich die Anleger am Aktien- und Anleihenmarkt versprochen hätten. Odey hatte allerdings bereits Anfang 2015 gewarnt, nun würde ein “verheerender” Bärenmarkt einsetzen, an den man sich noch in 100 Jahren erinnern werde.Seine Frau Nichola Pease führte bis 2008 J.O. Hambro Capital Management. Sie entstammt einer der großen britischen Industriellenfamilien des 19. Jahrhunderts, zu deren Interessen unter anderem Bergwerke und Eisenbahnen gehörten. Er ehelichte sie 1991. Zuvor war er 15 Monate lang mit Rupert Murdochs ältester Tochter Prudence verheiratet. Die Kinder stammen aus der zweiten Ehe.