Bundrenditen in aktuellen Spannen festgezurrt
Bundrenditen in aktuellen Spannen festgezurrt
Bundrenditen wie festgezurrt
Experten sehen keine zehnjährigen Sätze von 3 Prozent oder noch darüber – Niedrigere EZB-Leitzinsen in den Karten
Mit deutlich steigenden zehnjährigen Bundrenditen rechnen Zinsexperten von Banken und Vermögensverwaltern derzeit nicht. Eher sollte die aktuelle Spanne erhalten bleiben. Eugen Keller vom Bankhaus Metzler sieht den EZB-Zinssenkungszyklus nah am Ende.
kjo Frankfurt
Seit Wochen ist die zehnjährige Bundrendite im Bereich von 2,70% bis 2,80% praktisch festgetackert. Selbst Nachrichten, die für stärkere Bewegungen in die eine oder andere Richtung sorgen müssten, schaffen es nicht, dass die Benchmarklaufzeit der Eurozone aus der gegenwärtigen Handelsspanne nachhaltig ausbricht. „Am kurzen Ende sind die Zinserwartungen durch die abwartende Haltung der EZB verankert, wodurch auch das lange Ende stabilisiert wird. Darüber hinaus halten sich die Einflüsse von den Wachstumsrisiken aufgrund der Zölle, die zähe Inflation und die steigende Staatsverschuldung vorerst weitgehend die Waage. Kurzfristig dürften Renditeniveaus oberhalb der 2,75% Marke eher als Investitionsgelegenheit gesehen werden, zumal die Inflation über den Winter voraussichtlich das EZB-Ziel unterschießt“, hält Rainer Guntermann, Zinsstratege bei der Commerzbank, hierzu fest. Und so ist in der jüngeren Vergangenheit am Markt zu beobachten gewesen, dass Investoren bei Erreichen des oberen Endes eher zugreifen, um sich diese Levels zu sichern. Hinzu kommt, dass die Bunds in unsicheren Zeiten gern als sicherer Hafen angesteuert werden, was die Renditeanstiege dann ebenfalls stark begrenzt.
Auch beim Vermögensverwalter Allianz Global Investors (AGI) sieht man die zehnjährige Bundrendite eher in der aktuellen Spanne gefangen. „Die EZB hat zuletzt klar signalisiert, dass die Hürde für weitere Zinssenkungen hoch ist, was die langfristigen Zinsen tendenziell nach oben treibt. Gleichzeitig gibt es aber auch Unterstützung von außen, weil schwache US-Arbeitsmarktdaten die Zinssenkungserwartungen der Fed beflügelt haben. Diese zwei Faktoren halten sich derzeit in etwa die Waage“, sagt Christian Schulz, Chefvolkswirt bei AGI, der Börsen-Zeitung.
Zinsexperten sehen die zehnjährige Bundrendite in naher Zukunft weiterhin auf dem aktuellen Niveau bzw. in der angestammten Handelsspanne. „Auch für den Rest des Jahres sehen wir die zehnjährige Bundrendite weiterhin in der relativ engen Bandbreite von 2,60% bis 2,80%. Mit unserer Jahresendprognose von 2,7% fühlen wir uns nach wie vor wohl. Einen Grund für signifikant fallende Renditen sehen wir nämlich auch weiterhin nicht“, führt Eugen Keller, Zins- und Währungsstratege im Bereich Capital Markets beim Bankhaus Metzler aus. „Der Zinssenkungszyklus der EZB ist nahe oder bereits am Ende angelangt und das stärkere Wachstum, das wir in Deutschland künftig erwarten sowie der Anstieg des Nettoangebots sollte die Bundrenditen weiterhin relativ weit oben halten“, sagt Keller.
Fantasie fehlt
Die Renditemarke von 3% bleibt damit an den Märkten in Sichtweite. Mit einem Überspringen dieser Marke wird aber durchweg nicht gerechnet. „Dazu fehlt uns die Fantasie. Fundamental und technisch ergeben sich kaum Anhaltspunkte für deutlich höhere Renditen, zumal wir Bunds in der Eurozone noch immer als sicherer Hafen ansehen, auch wenn sich die deutsche Staatsschuldenquote in den nächsten Jahren substanziell erhöhen wird“, so die Einschätzung von Keller.
Ähnlich schätzt dies AGI-Chefvolkswirt Schulz ein, der auch eher nicht mit einem Sprung über die Marke von 3% bei der zehnjährigen Bundrendite rechnet: "Der wahrscheinlichste Auslöser für einen derartigen Anstieg der Langfristzinsen käme aus den USA, etwa weil höheres Wachstum oder Inflation dort den Raum für Zinssenkungen der Fed einschränken. Dies ist aber nicht unser Basisszenario. In Europa scheinen uns die Risiken für die Renditen eher nach unten gerichtet, falls enttäuschendes Wachstum und niedrige Inflationsprognosen die EZB doch noch zu einem Umdenken ermuntern“, sagt er.
Auch bei der DZ Bank gibt man sich nicht sonderlich optimistisch, dass Anleger bald 3% Rendite im zehnjährigen Bundbereich festzurren können. Vorerst ist das für René Albrecht, Senior Analyst Rentenmärkte bei der DZ Bank, nicht angesagt, und er verweist zudem auf die Angebotsseite. „Auch das Emissionsupdate des Bundes für das vierte Quartal gab keine Veranlassung, zeitnah mit einer Anleiheschwemme zu rechnen. Vielmehr sinkt das ausstehende Volumen an Bundesanleihen im vierten Quartal durch ein negatives Nettoangebot, d.h. es gibt mehr Fälligkeiten inkl. Green Bunds als Neuemissionen“, so Albrechts Begründung.
Kein Aufwärtsdruck
Aufwärtsdruck auf die Renditen sehen die Experten auch nicht von Seiten der Europäischen Zentralbank auf die Märkte zukommen, denn hier stehen die Zeichen doch eher auf Lockerung. „Auch wenn sich an der Rhetorik der Zentralbanker kurzfristig nicht viel ändern dürfte, rechnen wir für dieses Jahr noch mit einer weiteren Zinssenkung. Bis zum Ende des ersten Quartals 2026 wird mehr Klarheit herrschen, wie es weitergeht. Entscheidend dürfte vor allem sein, ob und wie nachhaltig das Inflationsziel der Notenbank in den kommenden Monaten unterschritten wird“, sagt DZ-Bank-Zinsexperte Albrecht.
„Weitere Zinssenkungen dürften wahrscheinlicher sein als Zinserhöhungen. Die EZB selbst prognostiziert für das nächste und übernächste Jahr eine unter dem 2%-Ziel liegende Teuerungsrate. Stand heute dürfte sich eine derartige Erwartung im Dezember auch auf 2028 erstrecken“, sagt Schulz. Allerdings habe EZB-Präsidentin Christine Lagarde im September erst klargemacht, dass kleinere Abweichungen vom Inflationsziel nach unten im Moment toleriert werden – wohl auch vor dem Hintergrund des langen Überschießens der Inflation in den vergangenen Jahren. Insofern sei die Hürde für weitere Zinssenkungsschritte kurzfristig sicher hoch und man erwarte für dieses Jahr stabile Leitzinsen.
„Für 2026 wird viel darauf ankommen, ob die erhöhten Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben in Deutschland wirklich eine Wachstumsbeschleunigung hierzulande und in Europa auslösen. Dies würde es der EZB erlauben, eine etwas unter dem Ziel liegende Inflationsrate zu tolerieren. Falls die Fed wirklich aggressiv die Zinsen senkt, bleibt aber auch die Eurostärke zu beobachten. Alles in allem sind ein oder zwei weitere Zinssenkungsschritte der EZB für 2026 nicht auszuschließen“, sagt Schulz.
„Die EZB wird vorerst weiter abwarten. Daran dürfte sich nichts ändern, wenn die Inflation Anfang nächsten Jahres aufgrund von Basiseffekten vorübergehend unter 2% fällt. Wir gehen davon aus, dass sie den Einlagensatz mindestens bis Ende nächsten Jahres bei 2% halten wird“, meint Guntermann. Allerdings dürfte die EZB die Tür für weitere Zinssenkungen nicht vollends verschließen. „Noch weniger wahrscheinlich ist, dass die EZB proaktiv die Zinsen erhöhen wird, da wir davon ausgehen, dass die Fed die Zinsen bis weit ins nächste Jahr deutlich senken wird und der Euro unter Aufwärtsdruck bleibt, während die Zinslast bereits zum Problem vieler Staaten wird“, sagt er.