Asien

China-Anlagen auf dem Prüfstand

Investoren sollten ihre Anlagen in China auf den Prüfstand stellen, meinen die Experten von UBP. Kräftige Auswirkungen durch Evergrande auf Europa erwarten sie aber nicht.

China-Anlagen auf dem Prüfstand

kjo Frankfurt

Unabhängig davon, wie sich die Krise um Evergrande entwickelt, sind Investoren nach Ansicht von Union Bancaire Privée (UBP) gut damit beraten, ihre Kapitalanlagen in China vor dem Hintergrund der neuen wirtschaftspolitischen Ausrichtung auf den Prüfstand zu stellen. Norman Villamin, CIO Wealth Management bei UBP, ist der Auffassung, dass die direkten Auswirkungen auf das europäische Finanzsystem durch die Evergrande-Krise eher begrenzt sind, auch wenn eine unkontrollierte Insolvenz von Evergrande für China potenziell systemrelevant wäre und die Ausfallquote inländischer privater Unternehmensanleihen auf rund 11% ansteigen könnte. Vielmehr erwartet Villamin, dass die Auswirkungen für Europa eher über die Warennachfrage als über das Finanzsystem erfolgen könnten, sollte die Evergrande-Krise zu einem erheblichen Wachstumseinbruch in China führen.

„Da die Exporte nach China ein Schlüsselelement für das europäische Wachstum sind, könnte dieses unternehmensspezifische Problem zu einem breiteren Nachfrageschock in China führen, der den europäischen Exporteuren in den kommenden Monaten Gegenwind beschert“, sagt er. Chinesische Vermögenswerte dürften laut Villamin in den kommenden Monaten weiterhin mit Gegenwind zu kämpfen haben, solange die Krise noch nicht vollständig gelöst ist. „Wir gehen davon aus, dass die chinesische Regierung eine geordnete Abwicklung von Evergrande sicherstellen wird. Doch könnte dies in den kommenden Quartalen das allgemeine Wirtschaftswachstum beeinträchtigen. Trotz des starken Kursrückgangs chinesischer Aktien im Sommer ist eine weitere Konjunkturabschwächung noch nicht eingepreist“, führt er aus.

Nicht überraschend

Dieser globale Schock komme nicht gänzlich überraschend, denn während der Mini-Zyklus-Phase, in die die US-Wirtschaft UBP zufolge im Sommer übergegangen sei, seien derartige Marktverwerfungen nicht ungewöhnlich. Villamin rät Investoren, sich auf qualitativ hochwertige Ertragsströme in Bereichen wie Technologie und Gesundheitswesen zu konzentrieren, um der zunehmenden Volatilität zu begegnen. Der Anlagestratege rechnet damit, dass die Aktien- und Kreditanleger von Evergrande die Hauptlast der in den kommenden Wochen zu erwartenden Umstrukturierung tragen werden, wobei die chinesische Regierung nur einen geringen Teil der Verluste auffangen dürfte. „Eine direkte staatliche Rettungsaktion und die hohen sozialen Kosten, die mit einem unkontrollierten Zahlungsausfall verbunden sind, stehen im Widerspruch zu Chinas neuer Wirtschaftsdoktrin ‚Gemeinsamer Wohlstand‘“, so Villamin weiter.

„Nachdem sie von einem spektakulären Wachstum profitiert haben, scheinen die politischen Entscheidungsträger nun die damit verbundenen sozialen Kosten anzuerkennen, die für China als Ganzes offenbar einen Wendepunkt erreicht haben“, so der UBP-Manager. Diese externen Effekte von Umweltkosten über soziale Ungleichheit bis hin zur Unternehmensführung seien in der Vergangenheit in Kauf genommen worden, um die in den Fünfjahresplänen festgelegten Entwicklungsziele zu erreichen.