China-Aktien

China-Anlegern reißt der Geduldsfaden

Im Warten auf neue Impulse, die Chinas schwächelnder Konjunktur Schützenhilfe leisten könnte, reißt bei den Anlegern der Geduldsfaden. Der Hongkonger Leitindex Hang Seng verliert um 3%.

China-Anlegern reißt der Geduldsfaden

Hongkonger Börse im Stimmungsloch

Konjunkturpessimismus setzt dem Hang Seng zu – Misstrauen gegenüber Bankaktien

nh Schanghai

Wachsende Enttäuschung über maue Konjunkturperspektiven in China, weitere Signale für einen restriktiven Kurs der US-Zentralbank und negative Analystenmeinungen zu chinesischen Großbanken haben sich in einer unerwartet heftigen Korrektur am Hongkonger Aktienmarkt entladen. Der Leitindex Hang Seng fiel am Donnerstag in der Spitze um 3,3% zurück und lag zur Schlussglocke bei 18.533 Punkten mit 3% im Minus. Dies bedeutet den kräftigsten Tagesverlust seit Märzmitte, als der Hang Seng im Nachgang zum chinesischen Volkskongress ebenfalls um 3% einbüßte.

In den letzten Tagen hatten die Marktteilnehmer erneut eher enttäuschende Frühindikatoren für den Konjunkturverlauf im Juni zu verdauen bekommen. Die Einkaufsmanagerindizes zeigen weitere Schwungverluste im Industriesektor an, während die von Chinas Ausstieg aus Corona-Restriktionen angefachte Konsumbelebung nicht genügend Dynamik entfaltet, um eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft zu gewährleisten.

Bei China-Ökonomen machen sich Zweifel über die Bereitschaft, aber auch tatsächliche Fähigkeit der Pekinger Regierung breit, die Konjunktur mit gezielten Stimuli besser in Gang zu bringen. Die Zentralbank hat zwar eine sehr behutsame Zinsreduzierung eingeleitet, sieht sich aber mit einer prononcierten Yuan-Schwäche konfrontiert. In Verbindung mit der US-Zinspolitik schränkt dies den Spielraum für beherztere monetäre Impulse des Währungshüters ein.

Ein nervöser Seitenblick gilt den chinesischen Großbanken, deren Ertragsperspektiven vom lethargischen Kreditvergabetempo bei anhaltendem Margendruck gedämpft werden. Eine pessimistische Einschätzung seitens Goldman Sachs scheint bei verunsicherten Investoren auf einen Nerv getroffen zu sein. Es geht um die Frage, ob Kreditriesen wie ICBC, China Construction Bank oder Agricultural Bank of China in der Lage sind, ihr Dividendenniveau im laufenden Jahr aufrechtzuerhalten. Während die Kurse der drei größten chinesischen Kreditinstitute am Donnerstag zwischen 3 und 3,5% verloren, büßte der Hang Seng Unterindex für Bankenwerte sogar um 4,8% ein.

Politbüro im Fokus

Derzeit fehlt es an guten Nachrichten, an denen sich ein Stimmungswechsel festmachen könnte. Die Blicke richten sich nun auf eine im Juli anstehende Klausursitzung des chinesischen Politbüros, bei der die Bereitschaft zu konjunkturellen Stimuli im Zentrum stehen dürfte. Neben offensiveren fiskalischen Impulsen könnten auch ein Abflauen der Erzeugerpreisdeflation und eine Belebung der zuletzt flauen Exportkonjunktur zur Stärkung des Sentiments beitragen. Die Aussichten auf eine von frischem Konjunkturoptimismus angefachte Sommerrally an Chinas Börsen gelten dennoch als bescheiden.

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