Evergrande-Krise

Chinas Märkte lächeln Sorgen weg

Der befürchtete Evergrande-Knall an Chinas Märkten ist vorerst ausgeblieben. Stattdessen stützt eine zeitlich hervorragend abgepasste Ankündigung der Notenbank die Investorenstimmung.

Chinas Märkte lächeln Sorgen weg

nh Schanghai

Chinas Finanzmarktlenker können zufrieden in die Runde blicken. Trotz Verzichts auf einen staatlichen Bail-out zum Auffangen des überschuldeten Immobilienriesen China Evergrande endet die Misere nicht in dem lange befürchteten Knall an den Märkten. Vielmehr landet Evergrande nach dem ersten Zahlungsausfall auf seine international vermarkteten Dollarbonds in der Endlosschleife eines staatlich überwachten Restrukturierungsverfahrens. Bei diesem wird vonseiten Pekings dafür gesorgt, dass heimische Investoren, die mit Yuan-denominierten Bonds und anderen schuldtitelähnlichen Evergrande-Investmentprodukten unterwegs sind, vorerst keine Zahlungsausfälle zu befürchten haben.

Monetärer Impuls überwiegt

Eine marktpsychologisch hervorragend getimte Ankündigung der chinesischen Zentralbank, dass zur Mitte des laufenden Monats eine Senkung der Mindestreservesätze ansteht, sorgt seit Wochenbeginn für ausgesprochen gute Laune und macht das Evergrande-Debakel vorerst vergessen. Mit der anstehenden Erweiterung der Liquiditäts- und Kreditvergabespielräume für Banken verbindet sich die Hoffnung, dass die Regierung nach längerem Abwarten aktiver auf die manifeste Konjunkturerschlaffung in China einwirkt und vor allem auch dafür sorgt, dass die auch durch die Krise um Evergrande bedingte Eintrübung des heimischen Wohnimmobilienmarktes nicht zum beherrschenden Thema wird.

Während die Hongkonger Börse, wo das Gros der chinesischen Immobilien-Problemkinder sowie unter Druck stehende Techkonzerne notieren, gegenwärtig auf der Stelle tritt, geht es auf dem Festland munterer zu. Der Blue-Chip-Index CSI 300 kletterte am Mittwoch um 1,5% und liegt nun wieder knapp unter der Marke von 5000 Punkten; dies bedeutet gleichzeitig auf dem höchsten Stand seit September. Die Aussicht auf monetäre Konjunkturunterstützung sorgt in Verbindung mit den unerwartet gut ausgefallenen jüngsten Außenhandelsdaten auch für Zuversicht am Devisenmarkt. Folglich hat der Yuan sein Aufwertungspotenzial offenbar noch nicht ausgereizt. Am Mittwoch befestigte sich die Devise um 0,2% auf 6,35 Yuan zum Dollar, womit sie das bisherige Jahreshoch vom Mai ablöste. Der Yuan hat in diesem Jahr bereits 2,7% gegenüber dem Dollar zugelegt und notiert auf dem höchsten Niveau seit Mai 2018.

Kaisa im Visier

Auch wenn im Fall Evergrande vorerst Ruhe eingekehrt ist, kommen Marktteilnehmer nicht umhin, auf andere wackelnde Immobilienentwickler zu schielen. Mit dem im Vergleich zu Evergrande wesentlich kleineren, aber am Dollarbondmarkt dennoch äußerst präsenten Bauträger Kaisa Group steht nämlich ebenfalls ein potenzieller Schuldenschnittkandidat auf der Matte. Tatsache ist, dass die Gläubiger von Kaisa für eine am Dienstag fällig gewordene Anleihe über 400 Mill. Dollar bislang keine Tilgungszahlung erhalten haben, so dass man ähnlich wie bei Evergrande von einem noch nicht offiziell ausgesprochenen, aber faktisch unvermeidbaren Default ausgehen muss.