Chinas Tech-Rally braucht neue Impulse
Chinas Tech-Rally braucht neue Impulse
KI-Hype rund um Deepseek verliert an Zugkraft – Fragezeichen zur Konsumkonjunktur – Nur Tencent überzeugt
Chinas Tech-Größen stehen zähere Zeiten an der Hongkonger Börse bevor. Der Erfolg des KI-Modells DeepSeek hat als Aufputschmittel erst einmal ausgedient. Konjunkturelle Bremsfaktoren rücken wieder stärker in den Vordergrund. Die jüngste Runde von Quartalsergebnissen lässt einige Schwachstellen erkennen.
Von Norbert Hellmann, Schanghai
Chinesische Technologiewerte haben in den letzten Monaten eine spektakuläre Hausse hingelegt. Eine heftige Volatilitätsphase wegen handelspolitischer Querelen scheint überwunden. Die führenden Betreiber von E-Commerce-Plattformen und Onlinediensten finden dennoch ein diffiziles Umfeld vor. Es wird schwierig, nach der Begeisterungswelle rund um den Chatbot DeepSeek und Vorstößen bei Künstlicher Intelligenz (KI) weiterführendes Rally-Potenzial zu entwickeln.
Wettlauf um KI-Integration
Der Wettbewerb um die kostspielige Integration von KI-Funktionen auf den Online-Plattformen und die Eigenentwicklung von Chatbot-Systemen ist in vollem Gange. Die großen Player wie Alibaba, Baidu und Tencent treten hier laufend mit neuen Errungenschaften nach außen, vermögen es aber nicht, weitergehende Kursfantasie auszulösen. Die Transmission der KI-Avancen in greifbare Profitabilitätsfortschritte steht unter einigen Vorbehalten.
Konsumschwäche im Fokus
Analysten bezweifeln, dass der Coup von DeepSeek und Vertrauen in chinesische Technologieführerschaft weiter dazu beitragen können, die heimischen Tech-Werte anzuschieben. In fundamentaler Hinsicht jedenfalls bräuchte es Indizien für eine angegliederte Belebung an der Konsumfront, um ein entsprechendes Upgrade der Kursziele zu rechtfertigen.
Chinas Konsumkonjunktur ist von regierungsseitigen Stimuli und Verbrauchersubventionskampagnen zunächst aus der Delle befreit worden, eine nachhaltigere Stabilisierung der Einzelhandels- und Dienstleistungsaktivität ist aber noch in Sicht. Chinas dominierende Tech-Player Alibaba und Tencent verzeichnen im ersten Quartal zwar wieder kräftigere Wachstumsraten, doch keimen im Markt Befürchtungen zu Dynamikverlusten in der zweiten Jahreshälfte auf.
Peking dringt auf Gebührensenkung
Als Gefahrenmoment für die Margen führender Onlineanbieter gilt ein neuer Aufruf der Regierung zu moderateren Gebühren, die einschlägige Plattformen den angeschlossenen Händlern und Dienstleistern abverlangen. Peking droht hier Regulierungseifer zum Schutz von konjunkturell bedrängten Kleinstunternehmen zu entwickeln, der die Tech-Größen unter Druck setzen könnte.
Handelskonflikt schwingt mit
Die Entspannung im Strafzollgefecht zwischen China und den USA ist China-Aktien denkbar gut bekommen und hat auch die Tech-Werte aus einer Delle befreit. Diesbezüglich drohen vorerst keine weiteren Volatilitätsschübe. Chinas Außenhandel zeigt sich dennoch in Mitleidenschaft gezogen und trägt nicht gerade dazu bei das Wirtschaftsvertrauen und Verbrauchersentiment zu stärken.
Pinduoduo bricht ein
Unter Chinas Onlinehandelsriesen wird vor allem Pinduoduo (PDD), mit ihrem stark auf den US-Markt fokussierten Billigwaren-Ableger Temu negativ erfasst. Die im Gegensatz zu Alibaba und JD.com nur in New York und nicht zusätzlich in Hongkong gelistete PDD verpasst den Anlegern mit der jüngsten Zahlenvorlage und den Auswirkungen des Handelskonflikts auf das Temu-Geschäftsmodell einen neuerlichen Schock. An der Nasdaq brach die PDD-Aktie um fast 20% ein. Dies hat auch Alibaba und JD.com einen allerdings wesentlich leichteren Dämpfer verpasst. Deren Auslandsgeschäft wirkt sich im Vergleich zu PDD zwar weniger auf den Konzernerfolg aus, ist aber ebenfalls von der Handelsthematik berührt.
Zwiespalt zu Alibaba
Zu Alibabas weiterem Kurspotenzial scheiden sich die Geister. Chinas Marktführer im Onlinehandel ist mit forcierter Neuentwicklung von KI-Produkten auf der Deepseek-Welle zunächst ganz oben mit geritten. Die KI-Kompetenz stärkt Alibabas Position im Geschäftsbereich mit Datencentern und Cloud-Technik. Positive Auswirkungen auf das E-Commerce-Geschäft werden indes nüchterner eingeschätzt. Bei der Zahlenvorlage zum ersten Quartal enttäuschte Alibaba mit einem Erlöswachstum von 7%. Der Tech-Rivale Tencent mit seinem Schwerpunkt bei Social Media und Gaming bietet mit 13% Umsatzwachstum hingegen eine positive Überraschung und scheint bei der Monetarisierung von KI-Funktionen raschere Fortschritte zu machen.