Aktienmarkt in Spanien boomt

Der Ibex 35 macht verlorenen Boden wett

Die spanische Börse ist 2025 Spitze in Europa dank der Kursgewinne der Banken und Energieversorger. Experten sehen noch weiteres Potential.

Der Ibex 35 macht verlorenen Boden wett

Ibex 35 macht verlorenen Boden wett

Spanische Börse ist 2025 Spitze in Europa dank der Kursgewinne von Banken und Energieversorgern. Der Trend soll anhalten.

Die Madrider Bolsa hat nach der Coronapandemie deutlich länger als andere Aktienmärkte in Europa gebraucht, um sich zu erholen. Doch in diesem Jahr startet der Ibex 35 richtig durch, mit einem Kursanstieg von 43%. Anleger freuen sich über massive Aktienrückkäufe. Die Experten sehen trotz der Rally noch weiteres Potenzial.

Von Thilo Schäfer, Madrid

Bis März dieses Jahres gab es im Leitindex der spanischen Börse lediglich einen Wert mit einer Marktkapitalisierung von über 100 Mrd. Euro. Der Moderiese Inditex hielt diese Marke mit einer kurzen Unterbrechung seit 2021. Durch den Boom des Ibex 35 sind 2025 drei weitere Aktien in den Klub der 100 Mrd. Euro aufgestiegen, die beiden Großbanken Santander und BBVA sowie der Energieversorger Iberdrola. Dank der Nachfrage der Anleger für Banken und Versorger hat der Ibex 35 einen Rekordstand von 16.700 Punkten erreicht und erstmals seit 2007 die 16.000 Punkte-Grenze überschritten. Mit einem Plus von 43% seit Jahresbeginn ist die Bolsa Spitzenreiter unter den großen Marktplätzen in Europa.

Am Mittwoch riss Inditex mit überraschend guten Quartalszahlen mit einem Kursanstieg von 10% den gesamten Index nach oben. Mehrere Analysten verbesserten den Ausblick für den weltweit größten Modehändler, Mutter von Zara und anderen Ketten. Die Experten haben ebenfalls ihre Prognosen für fünf der sechs Banken im Ibex 35, mit Ausnahme von Unicaja, angehoben.

Wie die Börse sticht auch die spanische Wirtschaft in einem trüben konjunkturellen Umfeld in Europa heraus. Das Bruttoinlandprodukt wird in diesem Jahr um knapp 3% zulegen und für 2026 erwarten Experten ein Wachstum von gut 2%. Treibende Kraft ist der starke Binnenkonsum. „Im Gegensatz zu den Vorjahren ist der spanische Wertpapiermarkt 2025 kräftig gestiegen und hat den Rückstand der letzten Jahre aufgeholt. Der Ibex 35 hat historische Höchststände erreicht, angeführt von den Banken und der Energiebranche. Die sektorale Zusammensetzung und das Wirtschaftswachstum müssten die spanische Börse auch weiterhin antreiben, allerdings ist eine Verbesserung der Produktivität entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit“, schreiben die Analysten der Deutschen Bank in Spanien in einem Bericht von dieser Woche.

Spaniens Banken konnten die niedrigeren Leitzinsen in der Eurozone durch die starke Nachfrage nach Krediten mehr als ausgleichen. Spaniens Bevölkerung ist durch die Migration, vor allem aus Lateinamerika, gewachsen und der robuste Arbeitsmarkt stärkt die Nachfrage der Verbraucher nach Darlehen. Die Geldinstitute haben Rekordgewinne geschrieben. Ein Großteil geben sie als Dividenden und Aktienrückkäufe an die Anleger zurück. Seit 2021 haben die Banken eigene Titel im Gesamtvolumen von 21 Mrd. Euro aufgekauft, was 12% ihres Kapitals entspricht. Und es soll noch mehr kommen, sind sich die Analysten einig. Allein BBVA sitzt nach der gescheiterten feindlichen Übernahme des Mitbewerbers Sabadell auf 5 Mrd. Euro Überschusskapital, das man an die Aktionäre verteilen möchte.

Potenzial bei Banken

Die ungewöhnliche Übernahmeschlacht von BBVA und Sabadell sorgte für zusätzliche Kursfantasien. Doch zuletzt sind die Spekulationen über Zusammenschlüsse unter den mittleren Banken abgeklungen. Die Experten von Morgan Stanley attestieren dem Branchenführer Santander trotz des starken Aufschwungs der letzten Monate ein Kurspotential von 25%. Für BBVA erwartet die US-Bank eine Aufwertung von 15%, ähnlich wie für Caixabank und Sabadell. Die kleinere Bankinter kann 5% zulegen, während Morgan Stanley, wie auch andere Analysten, Unicaja für leicht überbewertet hält.

Neben der Finanzbranche sticht der Energiebereich heraus. Spanien hat durch die klimatischen Bedingungen und die weiten, leeren Flächen ein großes Potenzial für erneuerbare Energien, was zuletzt die Ansiedlung von Datenzentren beschleunigt hat. Neben dem Branchenführer Iberdrola hat der Ibex-Konzern Solaria stark davon profitiert und im Laufe des Jahres um 118% zugelegt. Den stärksten Kursanstieg im Ibex 35 registrierte der Rüstungskonzern Indra (+175%), der wie die gesamte Branche von der Aufrüstung in Europa profitiert.

Unter den wenigen Verlierern in diesem Jahr sticht Telefónica hervor. Das einstige Schwergewicht enttäuschte die Anleger Anfang November mit seinem neuen Strategieplan, was einen Kurssturz von 13% am selben Tag auslöste. Die Analysten halten die Ankündigungen von Einsparungen und einer Kürzung der Dividende für phantasielos. Der Telekomkonzern behält sich freilich eine Kapitalerhöhung für mögliche Übernahmen offen. Im Blick ist ein möglicher Zusammenschluss von Telefónica Deutschland mit 1&1. Der Vorstand um Marc Murtra, der Anfang des Jahres CEO wurde, will sich von den negativen Meinungen und Kurskorrekturen der Analysten, wie UBS oder Barclays, nicht beirren lassen, da man auf die volle Unterstützung der drei Hauptaktionäre, der spanische Staat, die saudische STC und die Industrieholding La Caixa, zählt.

Für 2026 sind die Experten optimistisch. Trotz der starken Aufwertung in diesem Jahr ist der Ibex 35 im Vergleich zu anderen Aktienmärkten weiterhin günstig. „Die Bewertung ist ein Vorteil für den Ibex, mit einem KGV über 12 Monaten von 12,7 und dem Schwerpunkt der spanischen Firmen auf die Vergütung der Aktionäre mit einer Rendite pro Aktie von 4%, die nur noch vom italienischen MIB übertroffen wird“, kommentieren die Analysten der Deutschen Bank.

Flaute bei IPOs

Die robuste Konjunktur in Spanien, sowie die geographische Diversifizierung der großen Konzerne und Banken, treiben das Geschäft. Die notierten Firmen werden 2026 die Gewinne um 5% steigern, laut dem Konsens der Analysten von FactSet. Einige Experten sehen bei den mittleren Werten noch mehr Potenzial als bei den Konzernen des Ibex 35.

Die Dynamik an der Börse hat jedoch die anhaltende Flaute im Geschäft mit Börsengängen nicht beendet. In diesem Jahr wagten sich mit dem Wettspielunternehmen Cirsa und dem IT-Dienstleister für die Reisbranche HBX lediglich zwei Unternehmen aufs Parkett, mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Der rumänische Telekomanbieter Digi plant, seine spanische Tochter nächstes Jahr an die Börse zu bringen.