Deutsche Bank setzt auf Chemie

Institut stuft Evonik und DSM auf Buy hoch - Nur noch Hold für Lanxess und Umicore

Deutsche Bank setzt auf Chemie

Der Aufschwung in der Chemiebranche ist einer Studie der Deutschen Bank zufolge noch nicht vorüber. Viele europäische Chemieaktien werden daher zum Kauf empfohlen, darunter auch viele deutsche. Auch die Gewinnschätzungen und die Kursziele werden angehoben.amb Frankfurt – Die europäischen Chemieunternehmen stehen nach Ansicht der Deutschen Bank derzeit sehr gut da. In einer Studie bezeichnet die Bank die Aussichten für die Branche im kommenden Jahr als “super”. Die Gewinnprognosen liegen für die meisten der untersuchten Unternehmen sehr deutlich über den Konsensschätzungen, viele Kursziele werden angehoben. Auf “Buy” hochgestuft werden Evonik und DSM, auf “Hold” herabgestuft Lanxess und Umicore. Favoriten der Bank sind Arkema, BASF, DSM, Evonik, Linde und Symrise.Den Analysten zufolge wird der Aufschwung in der Chemiebranche, der vor zwei Jahren begonnen hat, noch drei oder sogar vier Jahre weitergehen. Die Nachfrage sei weltweit leicht gestiegen, entscheidend sei aber das knappe Angebot, unter anderem wegen aus Umweltgründen geschlossenen Produktionsstätten in China und der Stilllegung alter Anlagen im Westen. Aufgrund der Sorgen der Unternehmen um den Brexit, die US-amerikanische Autoindustrie und die weitere Entwicklung in China halten die Analysten den Aufbau neuer Produktionsstätten zudem für eher unwahrscheinlich. Weitere FusionenAußerdem gehen sie davon aus, dass es in den kommenden ein bis zwei Jahren zu weiteren Fusionen in der Branche kommen wird. In den vergangenen zwei Jahren habe es bereits 18 große Transaktionen gegeben – weit mehr als die übliche eine große Transaktion pro Jahr in den vergangenen zehn Jahren. Die europäischen Chemiekonzerne säßen auf einer “Kriegskasse” von 120 Mrd. Euro, heißt es in der Studie.Für wahrscheinlich halten die Analysten Zusammenschlüsse im Bereich Spezialchemie sowie transatlantische Fusionen. Auslöser für eine neue Konsolidierungswelle könne der Verkauf des Spezialchemiebereichs des neuen Chemieriesen DowDuPont werden, als mögliche Kandidaten für Transaktionen sehen die Analysten BASF, Givaudan, Yara, Akzo, DSM und Lanxess, auch Arkema, Covestro und Evonik könnten nach Käufen Ausschau halten. Aufgrund von aktivistischen Anteilseignern – wie etwa bei Clariant und Akzo – wachse zudem der Druck auf die Unternehmen, Strategien transparenter zu machen, auch mit höheren Ausschüttungen wird infolgedessen gerechnet.Nicht zuletzt seien die Erwartungen der Chemieunternehmen an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung eher konservativ. Die Analysten gehen hingegen davon aus, dass sich das moderate globale Wirtschaftswachstums der vergangenen Jahre fortsetzen wird, sie prognostizieren BIP-Zuwächse von 3,5 % für 2018 und 2019. Die Vorsicht der Unternehmen sei aber gar nicht schlecht: So bleibe der Fokus auf die Gewinnmarge anstelle des Umsatzes erhalten, die Unternehmen achteten weiter auf Kosten und hielten die Investitionsausgaben niedrig. Die Branche zeichne sich somit derzeit durch “High Cycle Margins und Low Cycle Capex” aus, also Margen wie im Boom und Investitionsausgaben wie in der Baisse. Agrochemie zu hoch bewertetUnter den breit aufgestellten Chemiekonzernen sehen die Analysten immer noch sehr viele Chancen. Besonders geraten wird hier zu Arkema und BASF, ebenso zu Covestro, abgeraten wird hingegen von Solvay (“Sell”). Im Bereich der Industriegase gebe es eher Potenzial durch Fusionen, eine deutliche Erholung der Umsätze wird nicht erwartet. Neben Linde wird hier auch Air Liquide empfohlen.Bei den Spezialchemieunternehmen werden die Bereiche Industrie und Consumer unterschieden. Favorisiert im Industriebereich wird Evonik, außerdem wird auch zu Akzo Nobel und DSM geraten. Clariant sei schon hoch bewertet (“Hold”), auf “Hold” zurückgesetzt wird Umicore. Im Bereich Consumer sind die Bewertungen den Analysten zufolge schon hoch. Zum Kauf empfohlen wird nur Symrise. Croda, Givaudan und Novozymes werden hingegen mit “Hold” eingestuft. In der Agrochemie wird von K+S wegen der Gefahr eines Kali-Überangebots abgeraten (“Sell”), bei Yara wird mit “Hold” votiert.Für BASF (“Buy”) wird das Kursziel von 104 auf 109 (aktuell 94,08 Euro) angehoben. Das Unternehmen sei weiterhin interessant und erwirtschafte hohe Cash-flows. Begrüßt werden auch die Fortschritte im Bereich Spezialchemie und die Tatsache, dass der Bereich Öl und Gas in Zukunft weniger wichtig sein soll. Am Donnerstagabend hatte BASF mitgeteilt, dass das Unternehmen und der Dea-Eigentümer Letter One des russischen Milliardärs Mikhail Fridman eine Absichtserklärung über den Zusammenschluss ihrer beiden Öl- und Gasfirmen unterzeichnet haben. Die Gewinnschätzungen je Aktie werden um 5,1 % für 2018 und 5,3 % für 2019 angehoben auf jetzt 7,40 und 8,30 Euro.Der französische Hersteller petrochemischer Produkte Arkema bleibt ebenfalls auf “Buy”, hier wird das Kursziel von 125 (aktuell 101,45 Euro) bestätigt. Für Arkema sprächen unter anderem die niedrige Bewertung und die hohen Cash-flows. Die Gewinnschätzungen werden leicht gesenkt auf jetzt 8,40 und 9,50 Euro je Aktie.DSM wird von “Hold” auf “Buy” hochgestuft, das Kursziel für den niederländischen Chemiekonzern wird sehr deutlich von 71 auf 100 Euro angehoben. Derzeit notiert die Aktie bei 80 Euro. Das zweite Standbein Nahrungsergänzungsmittel verspreche großes Potenzial, heißt es. Die Gewinnschätzungen werden um 5,5 % und 10,4 % auf 4,40 und 4,90 Euro hochgesetzt. Wechsel an der Spitze positivAuch der Essener Spezialchemiekonzern Evonik wird von “Hold” auf “Buy” hochgestuft, der Aktie wird jetzt ein Kurs von 40 nach bislang 34 zugetraut (aktuell 32 Euro). Der Wechsel an der Spitze sei positiv, erwartet werden ein Kulturwandel im Unternehmen und Veränderungen im Produktportfolio. Auch hier werden die Ergebnisschätzungen deutlich angehoben, und zwar um 8,2 % und 12,3 % auf jetzt 2,50 und 2,80 Euro je Aktie.Der Münchener Gaseanbieter Linde bleibt auf “Buy”, das Kursziel liegt nun bei 227 statt 210 (aktuell 186,20 Euro). Die Analysten rechnen mit hohen Synergieeffekten durch die Fusion mit Praxair. Für die aus Wettbewerbsgründen zu verkaufenden Unternehmensteile werde ein guter Preis erzielt werden. Die Gewinnschätzungen bleiben bei 8,60 und 9,50 Euro je Aktie. Weiter mit “Buy” votiert wird auch beim Holzmindener Anbieter von Duft- und Geschmacksstoffen Symrise bei einem unveränderten Kursziel von 78 (aktuell 71,25 Euro) und leicht um 2,3 % und 0,8 % reduzierten Gewinnschätzungen (2,80 und 3,10 Euro je Aktie). Hier sehen die Analysten die Chance auf zweistellige Wachstumsraten.Für BASF hat es in letzter Zeit zahlreiche Kaufempfehlungen gegeben, unter anderem von Société Générale, Kepler Cheuvreux, Baader Bank, DZ Bank und Citigroup. Die UBS hat BASF nach der zuletzt starken Kursentwicklung hingegen von “Buy” auf “Neutral” zurückgestuft, bei einem unveränderten Kursziel von 99 Euro. Die Schweizer Bank zeigt sich für die europäische Chemiebranche für 2018 jetzt skeptischer, bei BASF sei vor allem im ersten Halbjahr 2018 mit Gegenwind zu rechnen.Gemischter ist das Meinungsbild bei Evonik: Für diese Aktie votiert auch Warburg Research mit “Buy”, die UBS und J.P. Morgan hingegen mit “Sell” bzw. “Underweight” und Kepler Cheuvreux mit “Hold”. Der UBS zufolge (Kursziel jetzt 27 Euro) wird die Kombination aus Kosteninflation und sich abschwächenden Margen für Tierfuttereiweiß und Polymethylmethacrylat während der nächsten drei Jahre das Wachstum des operativen Ergebnisses dämpfen. Warburg Research (Kursziel 38,70 Euro) geht davon aus, dass sich Evonik in Zukunft noch stärker auf den Bereich Spezialchemie konzentrieren wird, was die Abhängigkeit von den Rohstoffpreisen verringere. Die Analysten rechnen wegen des Fokus auf wachstumsstarke Märkte mit einer Steigerung der bereinigten operativen Ergebnismargen und loben zudem die im Branchenvergleich günstige Bewertung der Aktie.