Geld oder Brief

Die Renault-Aktie ist günstig bewertet

Renault stellt strategische Überlegungen für die Zukunft an. Die Aktie des Autobauers besitzt aus Sicht von Analysten noch gutes Kurspotential.

Die Renault-Aktie ist günstig bewertet

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Die Renault-Aktie ist günstig bewertet

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Von Gesche Wüpper, Paris

Erst der Scénic, dann der R5, der R4 und im nächsten Jahr der Twingo: Seit ein paar Monaten bringt Renault eine Elektroversion nach der nächsten auf den Markt, um sein Angebot auszubauen. Denn mit insgesamt 2,26 Millionen verkauften Fahrzeugen im letzten Jahr, davon 9% reinen E-Autos, ist der französische Automobilkonzern vom Absatz her noch nicht mal halb so groß wie Stellantis und auch deutlich kleiner als BYD. Vor allem bei E-Autos setzt ihm die Konkurrenz chinesischer Hersteller zu. Bei der Marktkapitalisierung sieht das Kräfteverhältnis zwischen Renault und dem aus der Fusion von PSA und Fiat Chrysler entstandenem Stellantis-Konzern ähnlich aus. So ist Renault an der Börse 12,9 Mrd. Euro wert, Stellantis dagegen 25,5 Mrd. Euro.

Strategische Überlegungen

Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, stellt Renault jetzt strategische Überlegungen für die Zukunft an. Dabei ziehe der Autobauer nach der Lockerung der Allianz mit Nissan auch neue Bündnisse bis hin zu Fusionen in Erwägung, heißt es in Paris. Im Januar habe der Verwaltungsrat sogar über die Möglichkeit gesprochen, den stark angeschlagenen japanischen Partner zusammen mit anderen Investoren zu rekapitalisieren, berichtet der Wirtschaftssender „BFM Business“. Doch die Idee sei beim französischen Staat, der 15% des Renault-Kapitals hält, und Konzernchef Luca De Meo nicht gerade auf Begeisterung gestoßen.

Der wieder auf die Erfolgsspur zurückgekehrte Autobauer denkt jetzt auch darüber nach, seine Aktivitäten zu erweitern. So hat er gerade eine Minderheitsbeteiligung an dem französischen Exoskelett-Spezialisten Wandercraft übernommen. Und das französische Verteidigungsministerium hat ihm vorgeschlagen, zusammen mit einem großen Rüstungsunternehmen Produktionsstätten für den Bau von Drohnen in der Ukraine aufzubauen. Eine Entscheidung sei jedoch nicht gefallen, erklärte Renault am Wochenende. Man warte noch auf „weitere Präzisionen von Seiten des Ministeriums“.

Analysten sind positiv gestimmt

Nach Bekanntwerden der möglichen Drohnenkooperation legte die Renault-Aktie an der Börse von Paris zu Beginn der Woche zu, drehte aber dann wieder ins Minus. Seit Beginn des Jahres hat das Papier mehr als 7% nachgegeben, so dass es Donnerstag im Laufe des Tages mit 43,28 Euro notierte. Der Kursverlust der letzten zwölf Monate beläuft sich auf mehr als 14%. Mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 5,38 in diesem und 4,26 im nächsten Jahr ist die Renault-Aktie günstig bewertet.

Das durchschnittliche Kursziel der 21 Analysten, die den Wert laut Factset regelmäßig beobachten, beträgt für die nächsten drei Monate 56,56 Euro. Das entspricht einem Kurspotential von 30,4%. Die 21 Experten haben überwiegend eine positive Meinung von der Aktie, denn elf von ihnen, empfehlen sie derzeit zum Kauf. Zwei raten, sie überzugewichten, und acht, sie zu halten. Dagegen hat keiner der Analysten das Papier mit „untergewichten“ oder „verkaufen“ eingestuft.

Vorteil gegenüber der Konkurrenz

Im Gegensatz zu Konkurrenten wie Stellantis und Mercedes-Benz hat Renault seine Prognose für das Gesamtjahr trotz der durch die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump ausgelösten Unsicherheiten und drohenden Strafzöllen beibehalten. Allerdings ist die Automobilgruppe auch nicht direkt in den USA vertreten. Sie sei deshalb kaum direkt von den Zollrisiken betroffen, urteilt Analyst David Lesne von UBS, der die Renault-Aktie mit „neutral“ einstuft. Das Absatzwachstum sei jedoch bisher mäßig. Die letzten Zulassungszahlen für Mai seien durchwachsen ausgefallen.

Und selbst wenn die Gruppe nicht direkt von dem Zoll-Risiko betroffen ist, würde ein allgemeiner Einbruch der Märkte nicht spurlos an ihr vorbeigehen, meint Daniel Roeska von Bernstein. Er hat die Einstufung Renaults auf „Outperform“ belassen. Die Bestätigung der Prognose sei entscheidend, findet er. Renault böte eine bessere Sichtbarkeit als die meisten Konkurrenten, erklären die Analysten von Oddo BHF. Der Beginn des Jahres sei für den Autobauer ermutigend verlaufen.

Prognose beibehalten

Für das Gesamtjahr strebt Renault eine operative Marge von mindestens 7% und einen freien Bargeldmittelzufluss von mindestens 2 Mrd. Euro an. Im ersten Quartal hat der Konzern mit 11,7 Mrd. Euro einen stabilen Umsatz verbucht, obwohl der Umsatz der Automobilsparte um 3% auf 10,1 Mrd. Euro zurückging. Die Ergebnisse des ersten Halbjahres legt er am 31. Juli vor.

Bis Ende Juni will Renault zudem die 51%-Beteiligung von Nissan an ihrem indischen Gemeinschaftsunternehmen übernehmen. Die beiden Partner hatten Ende März beschlossen, die Mindestgrenze für ihre Überkreuzbeteiligungen von 15% auf 10% zu senken. Nissan hält derzeit 15% an Renault, während Renault mit 17% direkt an Nissan beteiligt ist. Über eine Stiftung hält der Autobauer weitere 18,7%, die er gerade nach und nach verkauft. Die Gruppe, die jetzt verstärkt Kosten einsparen will, könnte künftig auch mit anderen Autobauern Plattformen gemeinsam nutzen, so wie es das bereits mit den Allianzpartnern Nissan und Mitsubishi macht. Der neue Strategieplan, den De Meo Ende des Jahres präsentieren will, dürfte mehr Aufschluss geben.