Die schwierigste Zeit für den Dax steht noch bevor
Die schwierigste Zeit für den Dax steht noch bevor
Knall Anfang September – LBBW weist auf häufige Einbrüche hin – DWS geht von deutlich steigenden Gewinnen im kommenden Jahr aus
Von Werner Rüppel, Frankfurt
Der Dax steht jetzt vor seiner schwierigsten Phase im Jahresverlauf. Schließlich kommt es laut LBBW im September häufig zu größeren Rückschlägen, und der deutsche Leitindex ist ambitioniert bewertet. Ab Oktober beginnt wieder die gute Zeit für den Dax. Und die DWS erwartet ein zweistelliges Gewinnplus.
Am 2. September hat es im Dax richtig geknallt. Der deutsche Leitindex hat an diesem Tag 550 Punkte oder 2,3% verloren. Das passt ins Bild. Denn gerade der Monat September weist für den Dax eine miserable Bilanz auf. Vor dem Hintergrund einer inzwischen bereits ambitionierten Bewertung wachsen die Risiken, so zumindest die Einschätzung mehreren Analysten wie zum Beispiel den Experten der LBBW. Typisch für den deutschen Leitindex ist nämlich ein ausgeprägtes saisonales Muster.
Der Dax hat in diesem Jahr die Anleger mit einem deutlichen Wertzuwachs positiv überrascht und bis zu seinem Anfang Juli erreichten Allzeithoch bei 24.639 Punkten satte 23,8% zugelegt. Aktuell liegt der Leitindex bei 23.750 Zählern in diesem Jahr noch 19,3% im Plus. „Der Dax bleibt sich treu und kann seinen übergeordneten Seitwärtstrend weiterhin halten“, stellt der technische Analyst Martin Utschneider für RoboMarkets in einem aktuellen Marktkommentar fest.
Wachsende Risiken
Doch jetzt haben wir September, und damit befindet sich der Dax mitten in seiner im Jahresverlauf schwierigsten Phase. So weist der Dax im langjährigen Durchschnitt im Winterhalbjahr von November bis Mai eine weitaus höhere Performance als im Sommerhalbjahr von Mai bis Oktober auf. Liquiditätsseitig unterstützt durch die Dividendenzahlungen der Unternehmen läuft der Dax dann häufig bis in den Juli. Insofern lautet die Faustformel für Dax-Investments nicht „Sell in May and go away“, sondern vielmehr „Sell in July and say bye-bye.“

Denn gefährlich wird es für den deutschen Leitindex vor allem in den Monaten August und September. Wobei der September mit einer durchschnittlichen Performance von -2,43% seit Berechnung des Dax Ende 1987 mit Abstand der schlechteste Monate im Jahresverlauf ist (vergleiche auch die Grafik). Den höchsten Monatsverlust in seiner Geschichte erlitt der Dax übrigens im September 2002 mit 25,4%. Aber auch in den Jahren 1990 und 2001 ging es im September mit Einbußen von 18,1% sowie 17,1% für den Dax kräftig nach unten.
Bewertung ausgereizt
Aktienstratege Uwe Streich von der LBBW stellt zwar fest, dass für den Dax inzwischen etwas mehr als die Hälfte der saisonal schwierigsten Phase des Jahres, die bis zum 2. Oktober reiche, vorüber ist. Und den Monat August habe der Leitindex auch ohne Blessuren überstanden. „Der schwierigste Part steht aber noch bevor“, erklärt Streich. „Während der deutsche Blue-Chip-Index in den 37 abgeschlossenen Jahren seit seinem Start 1988 im August immerhin 18-mal zulegte und somit nur 19-mal sank, fiel dieses Verhältnis im September mit 15-mal nach oben und 22-mal nach unten weitaus schlechter aus.“ Historisch sei der September bisher nicht nur der schwächste Dax-Monat des ganzen Jahres gewesen. Erschwerend komme unter Chance-Risiko-Aspekten noch hinzu, dass die Schwankungsbreite, gemessen als Differenz zwischen dem besten und schwächsten Jahr des jeweiligen Monats, im September am höchsten gelegen habe.

Derzeit scheinen jedenfalls doch erhebliche Risiken zu bestehen, dass der Dax im schwierigen Monat September weiter zurückfallen könnte. Denn „die Dax-Bewertung erscheint ausgereizt“, sagt Streich. So zumindest das Ergebnis des Drei-Faktor-Modells der LBBW. Dieses berücksichtige neben dem 12-Monats-Forward-KGV noch die relative Attraktivität des Dax im Vergleich zur Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sowie die Ausstattung der heimischen Wirtschaft mit Liquidität.
So stehe der schwache Gewinntrend im Dax in deutlichem Kontrast zur deutlichen Gewinnentwicklung. Auch die Marktbreite im Dax erodiere, der Trend gehe zu immer weniger Titel, die den Dax nach oben zögen. So hätten sich in den vergangenen zwölf Monaten nur noch zehn der insgesamt 40 Dax-Mitglieder besser als der Index selbst entwickelt. Eine vergleichbare Entwicklung, mit aber noch stärkerer Intensität, habe in der Dax-Historie bislang lediglich im Vorfeld der im Jahr 2000 platzenden Internet- und Mobilfunk-Blase stattgefunden.
Insgesamt stellt Streich fest, dass die politischen Sorgen, auch aufgrund der Politik von US-Präsident Trump und die Sorgen um die Weltkonjunktur aufgrund der enorm gestiegenen Zölle, den Risikoappetit der Anleger mindere. Dies zeige sich nicht zuletzt am Anstieg des Goldpreises. „Gold gilt schließlich als eine Art Angstbarometer.“
Kommt es zu einer Korrektur der hoch bewerteten US-Aktien, dürfte dies auch den Dax belasten. Auch die Analysten der Helaba stufen den Dax als ambitioniert bewertet ein. Sie raten allerdings nicht zum Verkauf, sondern zum Halten.
Auf der anderen Seite gibt es auch zuversichtlicher Einschätzungen für deutsche Aktien. So könnte nach Meinung der DWS der erwartete Konjunkturaufschwung für weiteren Rückenwind im Dax sorgen. „Ein beschleunigtes Wirtschaftswachstum im Jahr 2006 und ein erwartetes zweistelliges Gewinnwachstum könnten die Kurse weiter beflügeln“, so die Fondsgesellschaft. „Zudem könnte sich der stark gebeutelte Automobilsektor etwas erholen.“ Per September 2026 sieht die DWS den Dax bei 25.900 Punkten.
Wiedereinstieg nicht vergessen
Doch zurück zum saisonalen Muster. Nach der schwierigen Phase im September beginnt langsam wieder eine gute Zeit für den Dax. Der Oktober ist mitunter noch schwierig, doch sind November und Dezember im langjährigen Durchschnitt die besten Monate für den Dax. Dann stehen auch kaum mehr Kapitalerhöhungen oder Börsengänge an, die den Markt belasten.
Viele Investoren würden derzeit eine Korrektur im Dax begrüßen. Denn dann könnten sie auf ermäßigtem Niveau wieder einsteigen. Diesen Wiedereinstieg sollten sie aber auch keinen Fall vergessen. Denn bald beginnt die traditionelle Rally zum Jahresschluss.