Märkte unter Druck

Die wirtschaftliche Schwäche führt zu deutlichen Einbrüchen an den Kapitalmärkten

Die Schwäche der deutschen Wirtschaft und die Abschwächung der Weltwirtschaft haben zu heftigen Turbulenzen an den Kapitalmärkten geführt. Der Ölpreis ist binnen weniger Tagen massiv eingebrochen, der Dax hat deutliche Einbußen hinnehmen müssen und der Euro schwächst sich immer mehr ab.

Die wirtschaftliche Schwäche führt zu deutlichen Einbrüchen an den Kapitalmärkten

Wirtschaftliche Schwäche trifft die Kapitalmärkte

Ölpreis zuletzt im freien Fall – Dax und Euro Stoxx geben nach – Euro fällt gegenüber dem Dollar zurück – Zinsen bleiben zunächst oben

Die Schwäche der deutschen Wirtschaft und die Abschwächung der Weltwirtschaft haben zu heftigen Turbulenzen an den Kapitalmärkten geführt. Der Ölpreis ist binnen weniger Tagen massiv eingebrochen, der Dax hat deutliche Einbußen hinnehmen müssen und der Euro schwächst sich immer mehr ab.

kjo/ku/wrü Frankfurt

Risiko-Assets vor allem aus Europa haben sich seitdem Sommer ausgesprochen schlecht entwickelt, und zwar dermaßen schlecht, dass man bereits fast von einer Korrektur sprechen kann, der sich allerdings quasi in Zeitlupe ereignet hat. Unter Druck geraten sind Aktien, der Kurs des Euro, aber auch global die Rohstoffpreise. Stark gestiegen ist indes die Rendite von US-Staatsanleihen, die sich in der zehnjährigen Laufzeit in unmittelbarer Nähe ihres 17-Jahres-Hochs befindet. Und auch die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen hat im Rahmen des weltweiten Ausverkaufs bei Staatsanleihen erstmals seit zwölf Jahren wieder die Marke von 3% erreicht.

Für diese enttäuschende Entwicklung vor allem an den europäischen Märkten sind nach Einschätzung von Marktteilnehmern neben den deutlich gestiegenen Leitzinsen vor allem die besonders in Europa äußerst schwache Konjunkturentwicklung und die ebenso negativen Perspektiven für die kommenden Monate verantwortlich. So befindet sich Deutschland als größte Volkswirtschaft der Eurozone in der Rezession. Auch im zweiten Quartal diesen Jahres ist deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) preis- und kalenderbereinigt im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 0,2% gefallen, nachdem es bereits zwei Quartale mit einem Rückgang des BIP gegeben hat. Zudem sind die deutschen Exporte im August stärker als erwartet um 1,2% gefallen, damit bereits den zweiten Monat in Folge. Dies deutet auf eine weiterhin schwache Weltwirtschaft, aber auch auf eine nachlassende deutsche Wettbewerbsposition hin. Deutschland und die EU leiden unter den hohen Energiekosten und generell unter den eigenen Sanktionen im Rahmen des Ukraine-Kriegs in einem besonderen Maß. Was die Frühindikatoren betrifft, so ist Deutschland beim PMI-Einkaufsmanagerindex sogar das Schlusslicht der großen Volkswirtschaften (vgl. Grafik).

Dies spiegelt die Entwicklung am Aktienmarkt wieder. Der Dax hatte Ende Juli ein Allzeithoch von 16.529 Punkten markiert. Seither hat er deutlich an Boden verloren bis auf ein Tagestief am Donnerstag von 15.048 Zählern. Dies entspricht ein Rückgang von fast 9% – bei einem Rückgang um 10% spricht man offiziell von einer Korrektur. Ähnlich schlecht hat der Euro Stoxx 50 als Blue-Chip-Index der Eurozone abgeschnitten. Er kletterte Ende Juli mit 4.493 Punkten auf den höchsten Stand seit dem Jahr 2000. Inzwischen ist er auf ein Tagestief vom Donnerstag von 4.091 Zählern zurückgegangen. Dies entspricht ebenfalls einer Abschwächung um rund 9%, womit sich dieser Index ebenfalls fast im Bereich einer offiziellen Korrektur befindet. Dem gegenüber hat der S&P 500 als wichtigster Benchmark-Index für den amerikanischen Aktienmarkt gegenüber seinem Jahreshoch vom 1. August mit 7% etwas weniger eingebüßt. Doch machen sich auch am US-Aktienmarkt die Erwartung, dass die Leitzinsen lange hoch bleiben werden, nebst einer leichten wirtschaftlichen Abschwächung bemerkbar.

Klarer Hinweis

An den Rohstoffmärkten ist eine besonders dramatische Entwicklung des Ölpreises festzustellen. Der Preis der wichtigsten Rohölsorte Brent Crude hatte Ende September zeitweilig noch ein Niveau von fast 98 Dollar je Barrel markiert, dies war der höchste Stand seit rund elf Monaten. Seither ging es jedoch besonders steil abwärts und am Donnerstag markierte der Monatskontakt ein Tief von 84,06 Dollar. Dies entspricht einem Absturz innerhalb weniger Tage von 14%, was insofern überraschend ist, da die beiden Schwergewichte des Kartells Opec plus, Saudi-Arabien und Russland, angekündigt haben, ihre über die offiziellen Quoten im Rahmen der Opec-plus-Absprachen hinausgehenden freiwilligen Reduzierungen noch bis mindestens Ende des Jahres fortführen wollen. Nach den bisherigen Prognosen der Analysten führt dies bis zum Jahresende zu einer Unterversorgung des Marktes um nicht weniger als 2 bis 3 Mill. Barrel pro Tag (bpd), die dann aus den globalen Lagerbeständen entnommen werden müssen, die aber bereits deutlich entleert wurden. Dass allerdings der Ölpreis zuletzt so deutlich nachgegeben hat, ist ein klarer Hinweis darauf, dass nun mit einer deutlich schwächeren weltweiten Konjunktur und damit Ölnachfrage gerechnet wird.

Der Konjunkturpessimismus zeigt sich auch in den Preisen von Industriemetallen. So notiert Kupfer derzeit unter der Marke von 8.000 Dollar je Tonne bei 7.910 Dollar. Gegenüber dem Jahreshoch von 9.435 Dollar vom Januar hat er damit 16% eingebüßt. Händlern zufolge ist es vor allem die enttäuschende Konjunkturentwicklung in China als den wichtigsten Verbraucherland, die hier durchschlägt.

Einen Tag nach dem Ausverkauf an den internationalen Anleihemärkten hat sich die Lage wieder beruhigt. Die Renditen der Bundesanleihen pendelten weitgehend in engen Bandbreiten. Die zehnjährige Bundrendite war nach einem Schlussstand von 2,94% am Vortag bis auf ein Tageshoch von 2,97% geklettert. Das Tagestief wurde mit 2,88% gesehen. Auf diesem Niveau lag die Rendite der Benchmark der Eurozone auch noch im späten europäischen Handel. Am Vortag war die Zehnjahresrendite noch auf knapp über 3% gestiegen, das höchste Niveau seit 2011.

Anleger warten nun auf die am Freitag anstehenden US-Arbeitsmarktdaten, die dann weiteren Aufschluss über die künftige Geldpolitik der internationalen Notenbanken geben könnten. Investoren hatten sich zuletzt darauf eingestellt, dass die Leitzinsen wohl länger als bisher gedacht auf einem erhöhten Niveau bleiben könnten und hatten deshalb Staatsanleihen in größerem Umfang aus den Portfolios geworfen. Es wird an den Märkten aber davon ausgegangen, dass die Anleiherally nur aufgeschoben ist, weil die Leitzinsen mittlerweile ein restriktives Niveau für die Volkswirtschaften erreicht haben. Dies signalisierte auch EZB-Chefvolkswirt Philip Lane.

Darüber hinaus ist der Euro gegenüber dem Dollar in den vergangenen Monaten regelrecht eingebrochen. Während die Gemeinschaftswährung im Juli noch bei über 1,10 Dollar lag, notierte der Euro zuletzt nur mehr bei 1,05 Dollar und zeitweise darunter. Die Meinung der Analysten hat sich komplett gedreht. Hatte man zunächst noch mit einem zumindest stabilen Euro gegenüber dem Dollar gerechnet, wird jetzt eine ausgeprägte Schwäche des Euros erwartet.