Seit mehr als 20 Jahren fordert die EU einen barrierefreien Zugang zu ausländischen Kapitalmärkten, inklusive eines einheitlichen Wegs zur Rückerstattung von Quellensteuern auf Auslandsdividenden. Neue technische Möglichkeiten wie Open Banking, PSD2 und die Digitalisierung von Steuerbehörden im Rahmen von eGovernment-Initiativen bieten die Voraussetzung für neue digitale Lösungsansätze.

Basierend auf einer Studie des globalen Vermögensverwalters Janus Henderson umfasst der globale Dividendenmarkt derzeit ein Volumen von rund 1,5 Bill. Dollar jährlich, mit Wachstumsraten von 5 bis 10% p.a. Auf wiederum grenzüberschreitende Ausschüttungen werden jährlich ganze 100 Mrd. Dollar an Quellensteuer einbehalten, von denen etwa 20 Mrd. Dollar nicht zurückgefordert werden. Gründe dafür sind, dass der Rückerstattungsprozess sowohl für private als auch institutionelle Anleger zu komplex, zeitaufwendig und aufgrund vieler länderspezifischer Besonderheiten nicht standardisiert ist.

Während die Quellensteuer ein internationales und gerade bei diversifizierten Investoren sehr präsentes Problem darstellt, mangelt es dennoch nach wie vor an einer länderübergreifenden, einheitlichen Lösung zur Rückforderung. Bestehende bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen definieren lediglich die rechtliche Grundlage für die Rückerstattung von Quellensteuer, allerdings gibt es keinen einheitlichen, internationalen Standard für Prozesse und Formulare.

Bislang hat es an einer Lösung gemangelt, die ganzheitlich alle Beteiligten berücksichtigt, von Privatanleger bis hin zu Vermögensverwalter, Steuerberater, Privatbank oder Family Office. Bestehende Anbieter von Quellensteuerrückerstattungen sehen diesen Prozess immer noch nur als teilautomatisierten Vorgang im Backoffice, der mit einer hohen Cost-Income-Ratio verbunden ist, was hohe Kosten für den Kunden zur Folge hat.

Anhand einer neuartigen Softwarelösung bieten wir einen Weg, die zahlreichen Herausforderungen und Barrieren zu minimieren und so den Prozess zur Rückerstattung ausländischer Quellensteuer für alle Betroffenen zu optimieren. Durch die Webanwendung “Divizend Maximizer” wurde dabei jeder Schritt so weit wie möglich automatisiert, digitalisiert und, erstmals ausgehend von der Endkunden-Perspektive, der gesamte Prozess ganzheitlich neu definiert.

Mit Hilfe dieses Ansatzes verfolgen wir das Ziel, sich von traditioneller Steuersoftware abzusetzen. Als Folge werden Rückerstattungen nun in vier grundlegende Schritte gegliedert. Begonnen wird mit dem automatischem Depotimport mittels einer speziellen Open-Banking Schnittstelle, worauf dann wiederum eine individuelle Dashboard-Ansicht mit allen verfügbaren Rückerstattungen, gruppiert nach Ländern und Einzelaktien, folgt. Ein durch den Prozess führender Steuerassistent generiert daraufhin durch den Einsatz von Robotic Process Automation (RPA) befüllte Antragsformulare oder übermittelt die Anträge direkt, je nach Land, digital an das ausländische Steueramt. Der Prozess wird abgerundet durch die digitale Verwaltung und das Tracking von Rückmeldungen zum Antragsstatus.

Die Abstraktion und Vereinfachung des ansonsten komplizierten Prozesses hat dabei Auswirkungen auf die gesamte Finanzbranche. Erstmals kann der Rückerstattungsprozess somit breitflächig allen Kundensegmenten angeboten werden, vom Privatinvestor bis hin zu institutionellen Anlegern.

Um die Prozesse zur Rückerstattung in Zukunft weiter optimieren zu können, sehen wir nichtsdestotrotz anhaltenden Handlungsbedarf im Bereich Digitalisierung und eGovernment. Auch die EU hat im Zuge der Kapitalmarktunion Interesse daran, einen breitflächigen, barrierefreien Zugang zur Quellensteuerrückerstattung zu gewährleisten.

Ein entsprechendes Eckpunktepapier mit konkreten Vorschlägen wird bis Mitte dieses Jahres erwartet, was wiederum weiteren Rückenwind für die von uns neu durchdachten Rückerstattungsprozesse bedeutet.