Dividendenstarke Aktien

Dividendentitel vom Paulus zum Saulus

Das charttechnische Bild des DivDax ist angeschlagen. Aber auch die langsam, aber merklich steigenden Zinsen, die dividendenstarke Aktien weniger attraktiv machen, mahnen zur Vorsicht.

Dividendentitel vom Paulus zum Saulus

Von Frederik Altmann*)

Im Umfeld steigender Zinsen verlieren Dividendenwerte die Gunst der Anleger. Das zeigt sich aktuell im DivDax. Der Index spiegelt die Kursentwicklung der 15 deutschen Standardwerte mit der höchsten Dividendenrendite wider. Er enthält u. a. die großen Versorger, Autowerte, Versicherer und Chemietitel. Aus technischer Sicht ist der Index für die traditionell besonders dividendenstarken Dax-Titel nun aber deutlich angeschlagen.

Zum Beginn des zweiten Quartals war der DivDax zwar auf einen neuen Rekord über 195 Punkte gestiegen. Letztendlich ging aber die Aufwärtsdynamik bereits zu diesem Zeitpunkt verloren. Die Kurse mussten ihren langfristigen Aufwärtstrend dann im Juli aufgeben und fielen zur Seite aus ihrer positiven Bewegung heraus. Zuvor hatte sich die Trendlinie vom „Coronatief“ im März 2020 über das Oktobertief im Vorjahr bis zu den Kursen von Anfang Juli gezogen.

Insgesamt bewegte sich der Index seitdem in einer engen Spanne mit der Untergrenze von 184 nur noch seitwärts. Der Widerstand an den historischen Hochs um 189 Punkte erwies sich letztlich als zu stark. In dieser Woche rutschte der DivDax dann mit einem neuen Zwischentief seit Juli aus dem Kanal nach unten heraus. Mit dieser jüngsten Schwäche wurde aus technischer Sicht ein neues Verkaufssignal im DivDax gegeben. Dabei rutschten die Kurse erstmals seit Oktober auch wieder unter die 200-Tage-Linie. Dieser von vielen Anlegern beachtete gleitende Durchschnitt der Kurse der vergangenen 200 Tage dient als ein Indikator für den langfristigen Trend. Der ist beim DivDax zwar noch aufwärtsgerichtet, flacht sich aber ab und droht zu drehen. Regelmäßig schwanken die Kurse um diese Linie. Dementsprechend könnten sie sich nun erst mal von der Linie weiter nach unten absetzen.

Eine erste Unterstützung für die Kurse ist allerdings auch schon um 176 Punkte zu erwarten, an den Hochs von Ende 2019. Eine nächste Horizontale bei 164 Zählern bietet weiteren Halt im negativen Szenario. Extrempunkte im Kursverlauf markieren regelmäßig Widerstände und Unterstützungen für künftige Preisniveaus, denn an diesen Punkten kam es in der Vergangenheit zu einer signifikanten Umkehr von Angebot und Nachfrage.

Sehr kräftige Unterstützung wäre dann – als aus heutiger Sicht maximales Korrekturrisiko – bei rund 147 zu erwarten. Einer ausgeprägten Schwäche des DivDax würde sich hier ein Bündel aus Argumenten gegen weiter fallende Kurse entgegenstellen. Neben einigen Kurstiefs in der Vergangenheit kommt eine Fibonacci-Unterstützung hinzu. Diese Theorie geht davon aus, dass starke Kursbewegungen später zu bestimmten Prozentsätzen korrigiert werden. Bei einem Rückfall auf 146 wären 50% des Anstiegs vom „Coronatief“ bis zum Rekordhoch korrigiert.

Ein zusätzliches Warnsignal gibt eine Divergenz der charttechnischen Entwicklung gegenüber der markttechnischen Signallage. Der MACD-Index (Moving Average Convergence/Divergence) zeichnet das Verhältnis zweier gleitender Durchschnitte mit kurzer und mittelfristiger Laufzeit zueinander nach. Bei nachlassender Kursdynamik holt der längerfristige und schwerfälligere langlaufende ge­gen­über dem reagibleren, kurzen Durchschnitt auf. Die Linien konvergieren, und die MACD-Linie beginnt zu fallen, bis es an der Nulllinie zum Schnitt der Linien kommt. Ein markttechnisches Verkaufssignal hatte der DivDax auf Wochenbasis bereits im Mai mit dem Schnitt der Signallinie durch die MACD-Linie von oben nach unten gegeben. In der Regel muss die Markttechnik die Bewegung des Charts ohnehin bestätigen. Ein neues Hoch im Kurs muss demnach auch von einem neuen Hoch im Markttechnik-Indikator untermauert werden. Ansonsten sollten Anleger vorsichtig werden. Beim Sprung des DivDax auf einen neuen Rekord ist dies ausgeblieben. Der MACD konnte das Top nicht mehr mit einem eigenen neuen Hoch bestätigen. Er bewegte sich entsprechend im Juni beim Rekord-Anstieg des Index auf einem niedrigeren Niveau als noch zum gemeinsamen Hoch im April. Eine solche Divergenz zwischen Chart und Technik mahnt zur Vorsicht. Divergenzen sind oft ein zuverlässiges Signal für einen bevorstehenden Trendwechsel.

Attraktivität schwindet

Das technisch angeschlagene Bild des DivDax passt auch zum fundamentalen Rahmen. Weltweit steigen die Zinsen langsam, aber merklich an. Viele Anleger hatten ihren Renditehunger in Zeiten negativer Anleihezinsen noch über den Kauf von Dividendentiteln gestillt. Mit steigenden Zinsen sinkt aber deren Attraktivität im Vergleich zu Anleihen. Die renditestarken Aktien geraten aus dem Fokus. Zumal bei Aktien wegen des höheren Kursrisikos ein Risikoabschlag angenommen werden muss. Zinspapiere bieten entsprechend wieder mehr und mehr eine Alternative. Sollten die Zinsen jedoch wieder sinken, steigt im Gegenzug wieder die Attraktivität von Aktien im Allgemeinen und von Dividendenpapieren im Speziellen. Im DivDax-Chart würde sich dieses Gegenszenario mit einem neuen Rekordhoch über 196 Punkten manifestieren. Das negative Chartbild würde dann negiert. Aus technischer Sicht wird mit einem neuen Rekord auch ein neues Kaufsignal generiert. Das würde weiteres Kaufinteresse der Anleger nach sich ziehen. Entsprechend sollten die Bären ihre Position mit Stop-Buy-Orders auf diesem Niveau absichern.

*) Frederik Altmann ist Investmentanalyst bei Alpha Wertpapierhandel.