Im GesprächBernhard Langer, Invesco

"Eine Korrektur an den Aktienmärkten ist sehr wahrscheinlich"

Bernhard Langer, CIO bei Invesco Quantitative Strategies, rät Investoren, zunächst einmal vorsichtig zu agieren. Die Märkte hätten sich in den letzten Monaten deutlich erholt, nur müssten die Notenbanken angesichts einer hohen Kerninflation weiter straffen. Daher sei eine Korrektur an den Aktienmärkten sehr wahrscheinlich.

"Eine Korrektur an den Aktienmärkten ist sehr wahrscheinlich"

Im Gespräch: Bernhard Langer

"Eine Korrektur ist sehr wahrscheinlich"

Der CIO von Invesco Quantitative Strategies erläutert, warum der Aufschwung bei Aktien sich nicht fortsetzen dürfte – Zinsen müssen weiter steigen

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Bernhard Langer, CIO bei Invesco Quantitative Strategies, rät Investoren, zunächst einmal vorsichtig zu agieren. Die Märkte hätten sich in den letzten Monaten deutlich erholt, nur müssten die Notenbanken angesichts einer hohen Kerninflation weiter straffen. Daher sei eine Korrektur an den Aktienmärkten sehr wahrscheinlich.

Seit Oktober haben die Aktienmärkte eine gewaltige Erholung hingelegt. Der Dax ist seitdem um gut 30% geklettert und hat mit 16.427 Punkten ein neues Allzeithoch erreicht. Auch die US-Börsen haben kräftig zugelegt, wenn auch nicht so stark wie der Dax. Die große Frage, die sich Investoren nun stellen, ist, ob sich die Hausse an den Aktienmärkten ungebremst fortsetzt oder ob eher eine Korrektur droht.

„Langfristig bin ich von der Aktienanlage überzeugt, liefert sie doch für Investoren mit die höchsten Erträge“, erklärt Bernhard Langer, Chief Investment Officer für Quantitative Strategies bei Invesco, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Kurzfristig sollten Investoren aber vorsichtiger agieren. Denn in den kommenden Wochen droht eine Korrektur an den Aktienmärkten, die durchaus auch einmal kräftiger ausfallen kann.“ Doch was sind die Gründe für die Vorsicht des erfahrenen Strategen? Dazu führt Langer mehrere Argumente an. Beginnen wir beim Dax, der ja zuletzt die US-Aktienindizes deutlich geschlagen hat. „Angesichts massiv steigender Energiepreise und der Erwartung weiter steigender Energiepreise sowie einer massiven Mangelsituation bei Erdgas haben US-Investoren im vergangenen Jahr eine tiefe Rezession für Deutschland erwartet. Deutschland war mit die angesagteste Short-Spekulation“, erläutert Langer. „Doch Deutschland ist erstaunlich gut durch den Winter gekommen, es war genug Erdgas da und die Abschlüsse der Unternehmen waren alle sehr solide. Etliche Firmen konnten ihre Margen sogar ausweiten.“ Der Chief Investment Officer wörtlich: „Das war eine sehr positive Überraschung nach einem rabenschwarzen Szenario.“ Allerdings sei diese positive Entwicklung inzwischen bereits im Dax und in den Aktienkursen enthalten. „Stand heute ist eine weitere positive Überraschung wenig wahrscheinlich“, erklärt Langer.

Marktbreite fehlt

Auch am amerikanischen Aktienmarkt haben sich die Aktienkurse nach einem scharfen Einbruch im vergangenen Jahr deutlich erholt. „Doch wird der Kursaufschwung in erster Linie von fünf Aktien getragen“, sagt Langer. „Es gibt keinen Kursaufschwung in der Breite.“ Für die Aufwärtsbewegung seien eben die wenigen „Teflon-Aktien“ verantwortlich, die auch einen Gutteil der Marktkapitalisierung stellten. Komme es bei diesen Titeln oder bei einem oder mehreren dieser hochkapitalisierten Titeln zu einer Korrektur, was nach den deutlichen Anstiegen gut möglich sei, treffe dies dann natürlich auch die US-Aktienindizes.

„Was sich zur Situation vor zwei oder drei Jahren geändert hat, ist die Zinsseite“, erläutert Langer. „Es gibt für Investoren wieder Renditen. Festverzinsliche sind wieder eine Alternative geworden.“ Insofern seien zum Beispiel auch Technologieaktien keine Selbstläufer mehr.

Was Langer sorgt, sind die Notenbanken. „Eine Schwäche der US-Konjunktur ist bis heute nicht da“, sagt der Invesco-CIO. „Ich glaube schon, dass die Zinsen weiter steigen müssen. Denn die Kerninflation ist nachhaltig hoch.“ Die Notenbanken hätten die hohe Inflationsdynamik unterschätzt, sie hätten in Sachen Teuerung einen schwerwiegenden Timing-Fehler gemacht. „Nun müssen die Notenbanken für ihren Fehler bezahlen und die ins Laufen gekommene Inflation umso stärker bekämpfen. Das wird länger dauern.“ Für Aktien sei dies ein Problem, weil der Aktienmarkt dies bisher nicht entsprechend eingepreist habe. „Der Aktienmarkt ist da zu sorglos.“

Aber Langer hat auch eine gute Botschaft für Investoren. Der Aktienmarkt müsse natürlich die stärkste und schnellste Zinserhöhung der vergangenen Jahre erst einmal verarbeiten. Doch seien Dividendentitel langfristig lukrativ, dies gelte besonders nach einer Korrektur sowie auch in einem inflationären Umfeld. Und in der Vergangenheit hätten sich gerade nach größeren Korrekturen Einstiegschancen ergeben. Zudem gebe es durchaus Chancen an den internationalen Aktienmärkten. Zwar seien US-Aktien allgemein und US-Technologiewerte hoch bewertet. „Aber Japan ist nicht teuer. Vor dem Hintergrund der Wiedereröffnung Chinas wird auch gerade der japanische Aktienmarkt zunehmend interessant“, sagt Langer.

Als CIO für Quantitative Strategies ist Langer Experte für Faktor-Investments. Seiner Ansicht nach treffen die steigenden Zinsen Growth-Aktien. Auch Value tue sich in einem Umfeld eines nur schwachen Wachstums und teilweise rezessiver Tendenzen schwer. „Dafür ist Low Volatility/Minimum Varianz jetzt im Kommen“, sagt Langer. „Darüber hinaus dürften Quality-Aktien gefragt bleiben.“

Insgesamt bleibt aber die Botschaft des erfahrenen Vermögensverwalters, jetzt erst einmal vorsichtig zu agieren. Langer wörtlich: „Eine Korrektur an den Aktienmärkten ist sehr wahrscheinlich.“

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