Einstieg in Unternehmensbonds lohnt sich 2026 noch
Einstieg in Unternehmensbonds lohnt sich 2026 noch
Im Interview: Bastian Gries
„Einstieg in Unternehmensanleihen 2026 lohnt sich“
Bondexperte von Oddo BHF erwartet gute Renditeaufschläge gegenüber Bundesanleihen – Banken- und Telekombonds im Auge behalten
Auch nach den Renditerückgängen von diesem Jahr sind nach Ansicht von Bastian Gries, Bondexperte beim Assetmanager von Oddo BHF, Unternehmensanleihen 2026 noch ein attraktives Investment, da sie gute Renditeaufschläge bieten. Interessant sind seiner Ansicht nach Banken- und Telekombonds.
Herr Gries, lohnt es sich für Investoren, 2026 überhaupt noch in den Unternehmensanleihemarkt in Europa einzusteigen?
Auf jeden Fall. Die Gesamtverzinsung von Unternehmensanleihen liegt weiter oberhalb von 3%, die Zinsstrukturkurve hat sich normalisiert, und insbesondere in dem Laufzeitbereich von fünf bis zehn Jahren bieten Unternehmensanleihen weiterhin sehr gute Renditeaufschläge gegenüber Bunds und Geldmarktzinssätzen. Da sprechen wir in etwa von 1,7% höheren Renditen, und in Summe bieten diese Renditen weiterhin einen relativ guten Puffer auch gegen potenzielle Schwankungsbreiten. Und wenn man die Renditen von Unternehmensanleihen vergleicht mit den Dividendenrenditen liegen diese auf einem ähnlichen Niveau und das bei deutlich geringerer Volatilität. Wir gewichten das Segment in der Allokation weiter über.
Rechnen Sie für 2026 mit weiter rückläufigen Renditen und geringeren Risikoprämien so wie in diesem Jahr?
Ja, unser Kernszenario ist, dass das globale Wirtschaftswachstum im nächsten Jahr weiter zufriedenstellend ausfällt für die globalen Kreditmärkte. Das heißt in Summe ein vielleicht leicht rückläufiges globales Wachstum, aber auch Verbesserungen in der Eurozone oder in Asien. Die Rezessionswahrscheinlichkeit schätzen wir derzeit rückläufig ein. Was Risikoprämien bzw. Spreads angeht, erwarten wir, dass diese in relativ engen Handelsbandbreiten verharren. Zudem stufen wir als sehr gesund ein, dass am Euro-Zinsmarkt keine weiteren Zinssenkungen eingepreist werden. Hier sehen wir durchaus das Potenzial, dass wir bei weiterhin rückläufiger Inflation in der Eurozone und auch eines potenziell verzögerten Einflusses des deutschen Fiskalpakets weiter Unterstützung von der Zinsseite für den Markt der Unternehmensanleihen sehen.
Welche Branchen sind denn aussichtsreich?
Wir fokussieren uns sehr stark auf die fundamental starken Sektoren oder Sektoren, in denen wir ein überdurchschnittlich gutes Risiko-/Ertrags-Profil sehen. Und das sind derzeit insbesondere die europäischen Banken, Telekomanbieter und der Versorgerbereich. Und was die risikobehafteteren Segmente angeht, gewichten wir momentan zudem auch Nachrangbonds aus dem Finanzbereich über.
Welche Renditen lassen sich in diesen Branchen derzeit erzielen?
Zum Beispiel sind im Versorgerbereich sehr viele Anleihen emittiert worden in den vergangenen Jahren. Da sehen wir insbesondere bei längeren Anleihen, also zehn Jahre Laufzeit und mehr, immer noch sehr schöne Zusatzaufschläge auf die Renditen von bis zu 30 Basispunkten. Das ist attraktiv und die Nachrangbonds von Finanzunternehmen bieten auch immer noch sehr schöne Renditen mit etwa 5% bis 5,2 % im T1-Bereich oder auch 3,7% bei den T2-Anleihen.
Mit welchen Renditen in diesen Branchen rechnen Sie denn 2026?
Konkrete Renditeziele kann ich da nicht geben. Aber im makroökonomischen und geldpolitischen Kontext erwarten wir, dass diese Segmente höhere Erträge als der Gesamtmarkt erzielen.
Von welchen Branchen sollten Anleger denn lieber die Finger lassen, und was sind die Gründe dafür?
Wir sehen weiterhin eine ausgeprägte Schwäche in einigen zyklischen Sektoren. Dort sind auch die Risikoprämien weiterhin nicht adäquat. Da ist zum Beispiel der Autosektor zu nennen, wo man schon sehr stark hinschauen und auch differenzieren muss, um Risiko-/ Ertragsprofile zu finden, die aus unserer Sicht adäquat sind. Die Prämien fallen meist zu gering aus. Der Chemiesektor etwa bleibt unter Druck und die Prämien hier sind nicht ausreichend. Ähnliches gilt auch für den Luxussektor.
Wie ist Ihre Einschätzung zur fundamentalen Entwicklung in den Credit-Märkten mit Blick auf die jüngste Berichtssaison? Welche Sektoren zeigen gute Ergebnisse, wo gibt es Probleme?
Die jüngste Berichtssaison fiel insgesamt positiv aus. Wichtig ist aus Anleihegläubigersicht, dass die Kreditkennzahlen sich stabil entwickeln, zumindest in vielen Fällen. Auch hier positiv herauszuheben ist der europäische Bankensektor, der sich sehr, sehr gut entwickelt. Er hat eine sehr starke Profitabilität, weiterhin sehr solide Bilanzen und auch eine sehr gute Kapitalausstattung. Hier erwarten wir weiterhin eine sehr starke Performance. Grundsätzlich zeigen viele große Sektoren wie Banken oder Telekomanbieter eine stabile bis positive Entwicklung.
Wie entwickeln sich die Unternehmen im High-Yield-Markt?
Im High-Yield-Segment ist die Differenzierung, die sogenannte Dispersion, weiterhin sehr stark ausgeprägt. Hier ist es sehr wichtig, durch fundierte Analyse die schlechten Kredite in jedem Fall zu vermeiden. Hier haben wir auch zyklisch schwächere Sektoren wie etwa Chemie. Da sind die Geschäftsprofile dann noch mal schwächer als im Durchschnitt des Marktes, und sie sind zuletzt auch unter Druck geraten. Ein weiterer Sektor, der unter Druck ist, ist der Bausektor. Dort haben sich auch einige Unternehmen schwach entwickelt. Grundsätzlich ist das Gros der Emittenten im Doppel-B-Bereich angesiedelt, und hier sehen wir auch in vielen Sektoren zufriedenstellende Ergebnisse, wie zum Beispiel im Gesundheitswesen und im Telekommunikationsbereich.
Welche Renditen können hier im Schnitt noch erwirtschaftet werden?
Die Gesamtmarktverzinsung liegt im Schnitt bei 5,1%. Das ist aus historischer Sicht auch immer noch relativ attraktiv, weil es auch einhergeht mit einer relativ geringen Zinssensitivität. Für potenzielle Marktschwankungsbreiten sind die Puffer weiterhin gut. Aber wenn man sich die einzelnen Ratingklassen anschaut, dann sieht man, wie groß die Dispersion derzeit ausfällt. Mit Doppel-B benotete Unternehmen rentieren bei etwa 4,2%, Single-B mit um die 6,1 %. Und das schlechteste Segment, also die Dreifach-C-Emittenten, bieten im Durchschnitt über 15% Rendite. Das ist schon eine sehr, sehr starke Differenzierung momentan zwischen guten Kreditqualitäten und schlechten Qualitäten in diesem Segment.
Wie sehen Sie denn die Entwicklung der globalen Ausfallraten 2026?
Grundsätzlich sieht dieses Jahr im Vergleich zu 2024 etwas besser aus. Dieses Jahr sind global betrachtet rund 100 Emittenten ausgefallen. Moody's erwartet, dass die globale Ausfallrate bis zum Jahresende 2025 auf unter 4% fällt. Ähnlich wie wir geht auch Moody's für das nächstes Jahr von einem moderaten Wachstumsumfeld aus und nicht von einem Rezessionsszenario. Von daher wird erwartet, dass sich die Ausfallrate über das nächste Jahr weiter reduziert auf unter 3%. 2,6 % sind es im Kernszenario. Das ist aus fundamentaler Sicht ein ganz wichtiger Aspekt, weil das bedeutet, dass es von der fundamentalen Entwicklung her wenig Aufwärtsdruck auf die Risikoaufschläge geben sollte.
Wie beurteilen Sie die Finanzierungstätigkeit der Unternehmen, und wie stufen Sie diese Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr ein?
Der Unternehmensanleihemarkt sieht dieses Jahr ein weiteres Rekordjahr. 2024 war schon stark. Dieses Jahr geht das Emissionsvolumen noch einmal stärker herauf. Im Bereich Non-Financial liegen wir bei 410 Mrd. Euro, wir werden also deutlich über die 400-Mrd.-Euro-Marke kommen. Jetzt sind wir schon bei einem Plus von 13% gegenüber dem Vorjahr. Was wir dieses Jahr wieder verstärkt gesehen haben, waren die sogenannten Reverse-Yankee-Deals, also US-Emittenten mit hoher Bonität haben Unternehmensanleihen in Euro im Markt platziert.
Wie sieht die Nachfrage seitens der Investoren aus?
Die war durchgehend hoch. Wenn man sich die Entwicklung des Primärmarktes anschaut im Vergleich zum Vorjahr, sieht man, dass im Durchschnitt die Neuemissionen dieses Jahr noch stärker überzeichnet waren als 2024. Die Überzeichnungen erreichten im Schnitt den Faktor 3 bis 3,5 im Vergleich zum Emissionsvolumen. Die zu zahlenden Neuemissionsprämien fielen dieses Jahr noch geringer aus als 2024, was auch für eine starke Nachfrage spricht. Die Mittelflüsse waren in Summe stark positiv. Das ist nicht immer ganz genau messbar, weil auf der institutionellen Seite viele Mandate aufgelegt werden, deren Aktivitäten öffentlich nicht so transparent sind und damit auch nicht immer nachvollziehbar. Aber wenn man sich die Entwicklung bei den Publikumsfonds anschaut, rechnet zum Beispiel J.P. Morgan vor, dass dieses Jahr zusätzlich noch mal 30 Mrd. Euro in den Unternehmensanleihemarkt geflossen sind. Angebot und Nachfrage haben sich also weiterhin sehr gut entwickelt und bleiben robust im Jahresverlauf. Das ist auch ein ganz wichtiger Faktor für das Marktsentiment. Wenn der Primärmarkt gut funktioniert, wirkt sich das auch positiv auf die Sekundärmarktentwicklung aus.
Was kommt auf den Markt an Refinanzierungen zu?
Das ist relativ schwer zu prognostizieren. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass das Emissionsvolumen auf einem ähnlichen Niveau sein sollte im nächsten Jahr, vielleicht sogar noch leicht höher als in diesem Jahr. Wenn man die Finanzwerte mit hinzurechnet, können das auch um die 750 Mrd. Euro werden an Gesamtvolumen, Financial plus Non-Financial. Dies teilt sich auf in etwa Euro 350 Mrd Financials – also Banken und Versicherungen – und 400 Mrd. Euro Non-Financials.
Gehen Sie davon aus, dass das an den Märkten absorbiert werden kann?
Ja. Wir gehen davon aus, dass die Trends, die wir dieses Jahr gesehen haben, sich zunächst einmal weiter fortsetzen. Die Renditeaufschläge im Unternehmensanleihemarkt bleiben attraktiv im Vergleich zum Geldmarkt und im Vergleich zum Aktienmarkt. Solange sich das makroökonomische Umfeld relativ solide darstellt, sollte auch die Nachfrage hoch bleiben.
Das Interview führte Kai Johannsen.
